Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Bildung und Teilhabe. Lernförderung. automatische Versetzung in die 6. Klassenstufe während der Orientierungsstufe. Erforderlichkeit zur Erreichung eines ausreichenden Leistungsniveaus. Teilleistungsschwäche im Bereich der Legasthenie oder Dyskalkulie. Förderungsdauer. Schulisches Lernziel. Erfolgsprognose. Einstweilige Anordnung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ist die Versetzung eines hilfebedürftigen Schülers nur deshalb nicht gefährdet, weil in der Orientierungsstufe der automatische Aufstieg von der 5. in die 6. Klassenstufe vorgesehen ist, so steht dies einer Lernförderung durch den Grundsicherungsträger gemäß § 28 Abs 5 SGB 2 nicht entgegen.

2. Zur Behandlung von Teilleistungsstörungen wie Legasthenie oder Dyskalkulie kann Lernförderung auch dann gewährt werden, wenn voraussichtlich deren längerfristige Inanspruchnahme erforderlich ist.

 

Normenkette

SGB II § 28 Abs. 5; SGB VIII § 35a; SGG § 86b Abs. 2

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Sozialgerichts Itzehoe vom 12. Februar 2014 wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner trägt die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers auch für das Beschwerdeverfahren.

Der Antrag des Antragstellers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten um die Verpflichtung des Antragsgegners zur Erbringung von Leistungen der Lernförderung zugunsten des Antragstellers.

Der im ... 2002 geborene Antragsteller bezieht laufend gemeinsam mit seinem Vater von dem Antragsgegner Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Er besucht derzeit die 5. Klasse der R...schule U..., einer Regionalschule. In dem am 31. Januar 2014 erteilten Halbjahreszeugnis ist das Fach Mathematik mit mangelhaft bewertet worden. Die Fächer Deutsch, Geographie, Englisch, Biologie und Musik sind mit ausreichend und die Fächer Kunst, Philosophie und Sport mit gut bewertet worden.

Am 4. Oktober 2013 beantragte der Antragsteller beim Antragsgegner die Gewährung von ergänzenden Leistungen der Lernförderung. Beigefügt war eine Bestätigung der R...schule U..., die von der Zeugin K... ausgefüllt worden war. Danach benötigte der Antragsteller in den Fächern Mathematik und Deutsch vorübergehend einen Lernförderbedarf im Umfang von zwei Zeitstunden wöchentlich für voraussichtlich sechs Monate. Die Zeugin K... verneinte dabei ausreichende geeignete schulische Angebote zur Erreichung und bejahte eine positive Prognose zur Erreichung der Lernziele bei Erteilung der Nachhilfe. Die Versetzung sei wegen des automatischen Aufstiegs der Schüler (in der Orientierungsstufe) nicht gefährdet. Am 17. Oktober 2010 erstellte die diplomierte Legasthenietrainerin und Lerntherapeutin L... ein pädagogisches Gutachten über den Antragsteller, in dem sie bei diesem eine mittelschwere Legasthenie sowie eine schwere Dyskalkulie feststellte. Diese Defizite entsprächen nicht seinen intellektuellen Möglichkeiten, sein Intelligenzquotient sei nämlich mit 101,5 durchschnittlich. Positiv zu bewerten sei, dass der Antragsteller trotz aller Schwierigkeiten versuche, alle ihm gestellten Aufgaben zu lösen und nicht aufgebe. Damit ihm die Lust am Lernen nicht vergehe, werde zu einer Lerntherapie für Legasthenie und Dyskalkulie geraten.

Mit Bescheid vom 22. November 2013 lehnte der Antragsgegner die Gewährung von Lernförderung ab. Zur Begründung führte er aus, die Versetzung in die nächste Klassenstufe sei nicht geeignet, zudem sei die Herstellung der Sprachfähigkeit in Deutsch Aufgabe der Schule und Fördermaßnahmen zu Lese- und Rechtschreibschwäche sowie zu Dyskalkulie könnten nicht über das Bildungs- und Teilhabepaket durchgeführt werden.

Dagegen richtet sich der Widerspruch des Antragstellers vom 10. Dezember 2013, zu dessen Begründung er eine weitere Bestätigung über den Lernförderbedarf der Zeugin K... vorlegte, wobei diese nunmehr in Mathematik und Deutsch einen wöchentlichen Bedarf von jeweils zwei Unterrichtsstunden à 45 Minuten für sechs bis acht Monate bescheinigte.

Ein Antrag des Antragstellers vom 21. November 2013 auf Gewährung der Lernförderung im Rahmen der Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII war nicht erfolgreich, dieser wurde vom Kreis Pinneberg mit Bescheid vom 21. November 2013 im Hinblick auf das Nichtvorliegen einer seelischen Behinderung abgelehnt.

Am 23. Januar 2014 hat der Antragsteller vor dem Sozialgericht Itzehoe einen Eilantrag auf Verpflichtung des Antragsgegners zur Gewährung von Leistungen der Lernförderung im Wege einer einstweiligen Anordnung gestellt.

Er hat beantragt,

den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm eine Lernförderung nach Maßgabe der Bescheinigung der R...schule U... zu bewilligen und zu finanzieren.

Der Antragsgegner hat beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Das Sozialgericht Itzehoe hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts im Rahmen eines Erörterungstermins vom 10. Februar 2014 die Math...

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