Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Darlehen wegen Stromschulden. keine drohende Wohnungslosigkeit. Ermessensentscheidung. Nichtausschöpfung der Selbsthilfemöglichkeit. zivilgerichtliche einstweilige Verfügung gegen die Stromsperre. gesamtschuldnerische Haftung der Ehegatten. Rechte aus dem Stromversorgungsvertrag nach Trennung der Ehegatten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Solange die Hilfebedürftigen nicht ein nicht aussichtsloses Verfahren gegen den Stromversorger vor den Zivilgerichten betrieben haben, besteht keine Einstandspflicht des Grundsicherungsträgers.

2. Aus dem von dem Ehegatten mit dem Stromversorger abgeschlossenen Vertrag wird auch der andere Ehegatte berechtigt und verpflichtet (§ 1357 BGB). Dies gilt nach der Trennung der Eheleute zumindest dann nicht, wenn die dauerhafte Trennung dem Stromversorger angezeigt wird.

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Schleswig vom 22. Dezember 2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

 

Gründe

I.

Streitig ist die (vorläufige) Übernahme von Stromschulden.

Die 1975 geborene Antragstellerin (Ast.) zu 1., die für sich und ihre drei minderjährigen Kindern, die Ast. zu 2. bis 4. (geboren 1996, 1999 und 2000), von dem Antragsgegner (Ag.) laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bezieht, ist verheiratet mit dem 1973 geborenen Herrn G... O... (O.). Bis zur Trennung der Eheleute im Februar 2011 haben beide mit den Kindern der Ast. zu 1. unter der im Rubrum genannten Anschrift gewohnt; seit dem Auszug des Herrn O. leben die Ast. zu 1. bis 4. dort allein. Zwischen Herrn O. und der Beigeladenen besteht für die dortige Wohnung weiterhin ein ungekündigter Stromversorgungsvertrag. Die Beigeladene hat die Stromversorgung am 17. Mai 2011 nach Androhung und Ankündigung unterbrochen, nachdem Herr O. mit der Bezahlung der Stromlieferungen in Rückstand geraten war. Die Schlussrechnung bis zum 17. Mai 2011 beläuft sich auf 1.296,27 EUR. Seit dem 17. Mai 2011 berechnet die Beigeladene nur noch monatliche Grundgebühren. Die Ast. zu 1., die derzeit im 6. oder 7. Monat schwanger ist, erfuhr von den Rückständen nach eigenen Angaben erstmals durch eine Rechnung der Beigeladenen vom 2. März 2011 (Zahlungsbetrag unter Einbeziehung einer früheren Forderung in Höhe von 286,27 EUR 1.042,22 EUR, monatliche Abschläge ab April 2011 nach dieser Rechnung 73,00 EUR). Ihren Antrag vom 29. August 2011 auf Übernahme der Stromschulden lehnte der Ag. mit Bescheid vom 25. Oktober 2011 mit der Begründung ab, dass die Stromkosten mit dem Regelbedarf abgegolten und daraus zu bestreiten seien. Über den dagegen am 21. November 2011 eingelegten Widerspruch ist - soweit ersichtlich - bisher nicht entschieden worden.

Den am 30. November 2011 bei dem Sozialgericht Schleswig eingegangenen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit dem Begehren,

dem Ag. im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, den Ast. - ggf. direkt an die Beigeladene - für die beantragte Übernahme der Stromschulden in Höhe von 1.042,22 EUR, 286,27 EUR sowie 8 x 73,00 EUR (584,00 EUR) insgesamt 1.912,49 EUR zu zahlen sowie die noch anfallenden Kosten der Beigeladenen für die Unterbrechung und Wiederherstellung der Stromversorgung zu übernehmen sowie die gesonderten Kosten eines Installationsunternehmens für die Inbetriebnahme der Kundenanlage,

hilfsweise festzustellen, dass der Ag. verpflichtet ist, alle für die unverzügliche Aufhebung der Stromsperre entstehenden Kosten zu übernehmen,

hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 22. Dezember 2011 bei gleichzeitiger Versagung der für das Anordnungsverfahren nachgesuchten Prozesskostenhilfe (PKH) abgelehnt; auf die Gründe der Entscheidungen wird Bezug genommen.

Hiergegen richtet sich die am 22. Dezember 2011 eingegangene und gleichzeitig näher begründete Beschwerde der Ast., zu deren Durchführung sie wiederum die Gewährung von PKH unter Beiordnung von Rechtsanwalt S... beantragen. Die Antragsteller machen unter Wiederholung ihres bisherigen Vorbringens geltend, dass eine - ggf. darlehensweise - Schuldenübernahme durch den Ag. schon im Hinblick auf die fortschreitende Schwangerschaft der Ast. zu 1. geboten sei. Die bisherige Situation ohne Kühlschrank und elektrisches Licht sei unzumutbar. Die Ast. zu 1. habe die Notlage keineswegs gezielt herbeigeführt; sie habe stets alles ihr Mögliche getan und hätte sich bei früherer Kenntnis von den aufgelaufenen Rückständen um eine Regulierung bemüht.

Der Ag. tritt der Beschwerde entgegen. Er stützt die angefochtene Entscheidung.

Die Beigeladene ist der Auffassung, dass die Stromsperre rechtmäßig sei. Der Vertrag mit Herrn O., aus dem die Ast. zu 1. berechtigt und verpflichtet werde, bestehe fort; der Abschluss eines weiteren Versorgungsvertrages mit der Ast. zu 1. würde zivil...

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