Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung der Landwirte. Versicherungspflicht. Prüfung. landwirtschaftliche Unternehmerin und zugleich abhängige versicherungspflichtige Teilzeitbeschäftigung. Bestimmung der wirtschaftlichen Bedeutung der Selbständigkeit. Ermittlung des Arbeitseinkommens. keine Berücksichtigung des Zeitaufwands von mithelfenden Familienangehörigen. sozialgerichtliches Verfahren. Vorliegen eines Feststellungsinteresses

 

Orientierungssatz

1. Eine selbständige Erwerbstätigkeit ist dann als hauptberuflich anzusehen, wenn sie von der wirtschaftlichen Bedeutung und dem zeitlichen Umfang her die übrigen Erwerbstätigkeiten - hier: eine abhängige Beschäftigung in Teilzeit - deutlich übersteigt.

2. Die Kriterien, auf die bei der Abwägung nach § 5 Abs 5 SGB 5 abzustellen ist, beziehen sich von vornherein allein auf die Person des Versicherten, dh, er muss sowohl das Arbeitsentgelt als auch das Arbeitseinkommen selbst erwirtschaften als auch die zu vergleichende Arbeitszeit selbst aufwenden. Der Zeitaufwand von mithelfenden Familienangehörigen oder Fremdpersonal ist dabei nicht zu berücksichtigen (vgl BSG vom 29.09.1997 - 10 RK 2/97 = SozR 3-5420 § 3 Nr 3 und vom 29.04.1997 - 10/4 RK 3/96 = SozR 3-5420 § 3 Nr 2).

3. Ein Feststellungsinteresse iSv § 55 Abs 1 SGG für eine Feststellungsklage wird darin gesehen, dass der Grundsatz der Rechtssicherheit, der Schutz der Versicherten und die Verpflichtung der Träger zur engen Zusammenarbeit ein solches Feststellungsinteresse begründen (vgl BSG vom 20.12.1962 - 3 RK 31/58 = BSGE 18, 190 = SozR Nr 1 zu § 245 RVO).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 23.07.2014; Aktenzeichen B 12 KR 16/12 R)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 8. Oktober 2010 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beigeladene zu 1) als selbstständige Landwirtin und zugleich in Teilzeit abhängig Beschäftigte in der Landwirtschaftlichen Krankenkasse versichert ist.

Die 1976 geborene Beigeladene zu 1) war ab 1. Juni 2005 bei der Beklagten als Arbeitnehmerin gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Fünften Sozialgesetzbuches (SGB V) pflichtversichert. Am 1. Januar 2007 übernahm sie den landwirtschaftlichen Betrieb ihres Vaters. Zu diesem Zeitpunkt übte sie eine abhängige Beschäftigung als Landwirtin aus mit einer Wochenarbeitszeit von 25 Stunden und einem monatlichen Bruttoentgelt von 1.083,30 EUR. Die Beschäftigung übte sie zunächst bei dem Beigeladenen zu 3) und ab 30. Juli 2007 bei dem Beigeladenen zu 2) aus. Gegenüber der Klägerin gab sie die Größe des landwirtschaftlichen Betriebes, den sie als landwirtschaftliche Unternehmerin bewirtschaftet, mit 90 ha an und einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von acht bis zehn Stunden.

Mit Schreiben vom 25. April 2007 teilte die Klägerin der Beklagten ihre Absicht mit, die Krankenversicherung der Klägerin als landwirtschaftliche Unternehmerin ab 1. Januar 2007 nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 des 2. Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte - KVLG 1989 - durchzuführen. Es werde ein landwirtschaftlicher Betrieb mit einer Gesamtgröße von 96,59 ha bewirtschaftet und einem Tierbestand von 100 Kälbern/Färsen, 50 Milchkühen und 35 Mutterkühen. Lege man die Berechnung anhand des korrigierten Wirtschaftswertes nach § 32 Abs. 6 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) zugrunde, könne der landwirtschaftliche Betrieb einen Gewinn von 32.594,41 EUR pro Jahr erwirtschaften. Dieser überwiege das Jahresentgelt aus der nichtselbstständigen Tätigkeit. Mit Schreiben vom 31. Mai 2007 widersprach die Beklagte dieser Auffassung mit der Begründung, dass nach den Angaben der Beigeladenen zu 1) die wöchentlichen Arbeitszeiten in der Landwirtschaft unter denen der nichtselbstständigen Tätigkeit lägen und die Betriebsbeurteilung durch die Landwirtschaftskammer dahin gehe, dass der Betrieb, ausgehend von der Beurteilung für den Vorgänger M. M., nur als Nebenerwerb anzusehen sei.

In einer ergänzenden Mitteilung teilte die Beigeladene zu 1) mit, dass ihre neue Beschäftigung ab Juli 2007 ebenfalls einen Umfang von 25 Stunden Wochenarbeitszeit habe und dass das durchschnittliche Bruttoarbeitsentgelt monatlich 1.050,00 EUR betrage. Im Oktober 2007 meldete die Beigeladene zu 1) einen durchschnittlichen Viehbestand von 61 Milchkühen, Deckbullen, 66 Mutterkühen inklusive Kälber bis zum Absetzen und 105 Rinder (außer Milch- und Mutterkühen sowie Deckbullen). Außerdem teilte sie die aktuelle Flächengröße, aufgeteilt nach der Art der Nutzung, mit 99,6 ha mit.

Die Klägerin vertrat gegenüber der Beklagten in ihrer Stellungnahme vom 1. November 2007 die Auffassung, dass die Verhältnisse, die seinerzeit für die Beurteilung des landwirtschaftlichen Unternehmers M. M. zugrunde gelegt worden seien, unberücksichtigt gelassen hätten, dass dieser 30 % erwerbsgemindert gewesen sei und i...

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