Rz. 1

Das Neunte und Zehnte Kapitel enthalten nur wenige Vorschriften, in der die Straf- und Bußgeldvorschriften aufgelistet und die Zuständigkeit für die Bekämpfung von Leistungsmissbrauch geregelt werden. Für die Durchführung von Ordnungswidrigkeitsverfahren gilt das Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG). Die Zuständigkeit für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten wurde zum 1.1.2007 geändert. Eine weitere Anpassung ist zum 1.1.2011 vorgenommen worden, um im Rahmen der Neuorganisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende aufgrund der Verfassungswidrigkeit der Arbeitsgemeinschaften für die Umsetzung des SGB II – abgesehen von den zugelassenen kommunalen Trägern nach § 6a – durch die Agenturen für Arbeit und die kommunalen Träger in gemeinsamen Einrichtungen nach § 44b auch eine passende gesetzliche Grundlage für die Bearbeitung von Ordnungswidrigkeiten zu schaffen. Die §§ 63a, 63b sind zum 1.1.2015 in das SGB II eingefügt worden.

 

Rz. 2

Eine Ordnungswidrigkeit ist eine rechtswidrige und vorwerfbare Handlung, durch die ein Tatbestand im SGB II verwirklicht ist und eine Bußgeldvorschrift die Ahndung als Ordnungswidrigkeit zulässt bzw. vorschreibt. Eine mit Geldbuße bedrohte Handlung ist eine rechtswidrige Handlung, die einen Tatbestand des SGB II verwirklicht, auch wenn sie nicht vorwerfbar begangen ist (vgl. § 1 Abs. 2 OWiG). Eine Ahndung kommt nur in Betracht, wenn sie vor der Handlung gesetzlich bestimmt war. Nach Eintritt der Rechtskraft eines Bußgeldbescheides und nach einem rechtskräftigen Gerichtsurteil über die Tat als Ordnungswidrigkeit kann diese nicht mehr als Straftat verfolgt werden. Wer es unterlässt, einen Erfolg abzuwenden, der zum Tatbestand einer Bußgeldvorschrift gehört, handelt nur dann ordnungswidrig, wenn er rechtlich dafür einzustehen hat, dass der Erfolg nicht eintritt und wenn das Unterlassen der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes durch ein Tun entspricht. Ordnungswidrigkeiten nach dem SGB II werden auch bei fahrlässigem Verhalten geahndet. Da Geldbußen angedroht werden, ohne im Höchstmaß zu unterscheiden, kann fahrlässiges Handeln im Höchstmaß nur mit der Hälfte des angedrohten Höchstbetrages der Geldbuße geahndet werden.

 

Rz. 3

Ordnungswidrigkeiten werden durch die gemeinsamen Einrichtungen und zugelassenen kommunalen Träger (2011 übergangsweise auch noch durch Agenturen für Arbeit und kommunale Träger mit getrennter Aufgabenwahrnehmung) nach pflichtgemäßem Ermessen verfolgt und geahndet. Bei Verstoß gegen die Verpflichtung zur Mitteilung leistungsrelevanter Änderungen sind für den eigenen Geschäftsbereich auch die Zollbehörden zuständig. Die Jobcenter (§ 6d) können das Verfahren jederzeit einstellen, solange es bei ihnen anhängig ist. Dem Betroffenen kann Akteneinsicht gewährt werden, soweit nicht überwiegende schutzwürdige Interessen Dritter entgegenstehen. Bei geringfügigen Ordnungswidrigkeiten kann das Jobcenter den Betroffenen verwarnen und ein Verwarnungsgeld von 5 bis 35 EUR erheben. Es kann aber auch auf ein Verwarnungsgeld verzichten (Verwarnung ohne Verwarnungsgeld). Eine Verwarnung mit Verwarnungsgeld ist nur wirksam, wenn der Betroffene nach Belehrung mit ihr einverstanden ist und das Verwarnungsgeld zahlt. Nach wirksamer Verwarnung kann die Tat nicht mehr unter den tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten verfolgt werden, unter denen die Verwarnung erteilt worden ist. Regelfall der Ahndung ist das Bußgeld. Grundlage für die Zumessung der Geldbuße sind die Bedeutung der Ordnungswidrigkeit und der Vorwurf, der den Täter trifft. Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters werden berücksichtigt, sofern sie ins Gewicht fallen. Die Geldbuße soll den wirtschaftlichen Vorteil, den der Täter aus der Ordnungswidrigkeit gezogen hat, übersteigen. Reicht das gesetzliche Höchstmaß hierzu nicht aus, so kann es überschritten werden. In Fällen der Tateinheit ist eine Geldbuße festzusetzen. Sie richtet sich nach der höchsten Androhung im Gesetz. Bei Tatmehrheiten wird jede Tat gesondert geahndet.

 

Rz. 4

Bußgeldbescheide können innerhalb von 2 Wochen nach Zustellung angefochten werden. Ist der Einspruch zulässig, so prüft die Grundsicherungsstelle, ob sie den Bußgeldbescheid aufrechterhält oder zurücknimmt (§ 69 OWiG). Zu diesem Zweck kann sie weitere Ermittlungen anordnen oder selbst vornehmen und von Behörden und sonstigen Stellen die Abgabe von Erklärungen über dienstliche Wahrnehmungen, Untersuchungen und Erkenntnisse verlangen. Wird der Bußgeldbescheid nicht zurückgenommen, übernimmt die zuständige Staatsanwaltschaft das weitere Verfahren.

 

Rz. 5

Die Zuständigkeiten zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten sind durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende zum 1.1.2007 bzw. zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende zum 1.1.2011 auf zugelassene kommunale Träger und gemeinsame Einrichtungen jeweils für ihren Bereich übertragen worden. Diese Aufgabe wurde zuvor von ca. 450 Beschäftigten der Bundesagentur in den Agentu...

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