Entscheidungsstichwort (Thema)

Antrag auf Vorabentscheidung nach Art 234 EG. gesetzliche Unfallversicherung. deutscher Unternehmer. Zwangsmitliedschaft. Europarechtskonformität. europäisches Wettbewerbsrecht. Dienstleistungsfreiheit

 

Orientierungssatz

1. Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften werden gemäß Art 234 EG folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

a) Handelt es sich bei der beklagten Maschinenbau- und Metall- Berufsgenossenschaft um ein Unternehmen iS der Art 81 und 82 EG?

b) Verstößt die Pflichtmitgliedschaft der Klägerin bei der Beklagten gegen gemeinschaftsrechtliche Vorschriften?

2. Az des EuGH: C-350/07.

 

Tenor

I.

Der Rechtsstreit wird ausgesetzt.

II.

Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften werden gemäß Artikel 234 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

a)

Handelt es sich bei der beklagten Maschinenbau- und Metall-Berufsgenossenschaft um ein Unternehmen im Sinne der Art. 81 und 82 EG?

b)

Verstößt die Pflichtmitgliedschaft der Klägerin bei der Beklagten gegen gemeinschaftsrechtliche Vorschriften?

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Entlassung aus der Mitgliedschaft bei der Beklagten. Bei der Klägerin handelt es sich um eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Alleingesellschafterin ist Frau H. R. mit einer Stammeinlage in Höhe von 25.000 €. Geschäftsführer ist Herr F. K., der als Metallbauer und Feinmechaniker in die Handwerksrolle eingetragen ist.

Das Unternehmen wurde am 13.11.2003 gegründet, der Betrieb wurde zum 01.01.2004 aufgenommen und firmiert unter der Bezeichnung K S GmbH, Stahl-, Treppen- und Balkonbau.

Mit Bescheid vom 27.01.2004 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die Maschinenbau- und Metall-Berufsgenossenschaft der für das Unternehmen zuständige Träger der gesetzlichen Unfallversicherung sei. Das Unternehmen sei daher gemäß § 136 Siebentes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) unter der Mitgliedsnummer 600212360 aufgenommen worden; Metallbauer, Klempner und Schmiede seien zu der Gefahrenklasse 8,8 (Gefahrtarifstelle 2323) zu veranlagen; kaufmännische und verwandte Berufe nach der Gefahrklasse 0,6 (Gefahrtarifstelle 2929).

Mit Bescheid vom 28.12.2004 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass weder Frau H. R. noch Herr F. K. pflichtversichert seien. Für beide gelte, dass sie eine beherrschende Stellung im Unternehmen haben. Es bestehe aber die Möglichkeit, sich freiwillig zu versichern.

Bereits mit Schreiben vom 01.11.2004 hatte die Klägerin die Pflichtmitgliedschaft bei der Beklagten zum Jahresende 2004 gekündigt. Es sei beabsichtigt, sich statt dessen privat gegen die bestehenden Risiken abzusichern.

Mit Bescheid vom 15.11.2004 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass nach den Bestimmungen des SGB VII sie der für das Unternehmen zuständige gesetzliche Unfallversicherungsträger sei. Ein Austritt aus der Versicherung bzw. eine Kündigung einer gesetzlichen Pflichtversicherung sei rechtlich nicht möglich. Eine Entlassung aus der Mitgliedschaft werde daher abgelehnt. Dieser Bescheid wurde mit Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 20.04.2005 und mit Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 21.11.2005 bestätigt.

Mit der Berufung macht die Klägerin geltend, dass ihre Zwangsmitgliedschaft bei der Beklagten gegen Gemeinschaftsrecht verstoße, sie sei in ihrer passiven Dienstleistungsfreiheit beeinträchtigt. Sie legt ein Angebot der Alpha Insurance A-S Amaliegade 12 g, Deka 1256, Kopenhagen, Dänemark des Inhalts vor, dass zu den jeweils gültigen Bedingungen der Beklagten die Klägerin auch bei dieser Gesellschaft nach deutschem Unfallversicherungsrecht gegen das Risiko von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und Wegeunfällen versichert wird. Auch die Leistungen sollen sich streng nach dem Leistungskatalog der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung richten.

Die Ausschließlichkeitsstellung der Beklagten verstoße gegen Art. 82, 86 EG, die Wettbewerbsbeschränkung sei nicht zu rechtfertigen. Entsprechendes gelte für die hieraus folgende Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs nach Art. 49 ff. EG. Zwingende Gründe des Allgemeininteresses, die eine Monopolstellung der Deutschen Unfallversicherungsträger in ihrem jeweiligen Bereich rechtfertigen könnten, seien nicht ersichtlich.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den umfangreichen Vortrag der Klägerin im Widerspruchs-, Klage- und Berufungsverfahren Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Das Verfahren ist auszusetzen, um gemäß Art. 234 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (in der Fassung des Vertrages von Nizza vom 26.02.2001 - BGBl. II 2000, 1667) einer Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofes zu den gestellten Fragen einzuholen. Der Ausgang des Rechtsstreits hängt von der Auslegung des Gemeinschaftsrechts ab.

Der angefochtene Bescheid entfaltet für die Klägerin, die als Gesellschaft mbH gemäß § 13 Abs. 1 GmbH-Gesetz eine eigene Rechtspersönlichkeit mit Grundrechtsfähigkeit nach Art. 19 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) für die Bundesre...

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