Entscheidungsstichwort (Thema)

Einstweiliger Rechtsschutz. Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs in Kombination mit Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Rechtsschutzbedürfnis bei Erlass des Widerspruchsbescheides während gerichtlichen Verfahrens. Wegfall Arbeitslosengeld II. Sanktionsbescheid wegen wiederholter Pflichtverletzung. Erfüllung von Pflichten aus der Eingliederungsvereinbarung. Eigenbemühungen. Beschaffung von Informationsmaterial

 

Leitsatz (amtlich)

1. Vorläufiger gerichtlicher Rechtsschutz gegen einen Sanktionsbescheid nach § 31 SGB 2 und der in einem Änderungsbescheid bzw einem Bewilligungsbescheid betreffend Arbeitslosengeld II berücksichtigt worden ist, ist mit einer Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches oder der Klage nach § 86b Abs 1 S 1 Nr 2 SGG in Kombination mit einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs 2 S 2 SGG zu gewähren.

2. Zum Rechtsschutzbedürfnis für seinen Antrag auf Gewährung vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes, mit dem unter anderem die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches begehrt wird, wenn während des gerichtlichen Verfahrens der Widerspruchsbescheid erlassen wird.

3. Zur Rechtsmäßigkeit einer Regelung in einer Eingliederungsvereinbarung, mit der ein erwerbsfähiger Leistungsberechtigter verpflichtet wird, bestimmte Informationen einzuholen.

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Chemnitz vom 2. Februar 2012 aufgehoben und die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 4. November 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Dezember 2011 angeordnet.

Der Antragsgegner wird verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 121,33 EUR für die Zeit vom 22. Dezember 2011 bis zum 31. Dezember 2011, in Höhe von 410,53 EUR für die Zeit vom 1. Januar 2012 bis zum 31. Januar 2012 und in Höhe von 725,00 EUR für die Zeit vom 1. Februar 2012 bis 29. Februar 2012 zu zahlen.

II. Der Antragsgegner hat ¾ der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers in beiden Rechtszügen zu erstatten.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Verhängung einer Sanktion.

Der 1964 geborene Antragsteller bezieht Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Mit Bescheid vom 29. Juni 2011 bewilligte ihm der Antragsgegner für die Zeit vom 1. Juli 2011 bis zum 31. Dezember 2011 Leistungen in Höhe eines monatlichen Regelbedarfs von 364,00 EUR sowie Kosten der Unterkunft und Heizung von 351,00 EUR, insgesamt 715,00 EUR.

Die Beteiligten schlossen am 9. August 2011 eine Eingliederungsvereinbarung mit einer Laufzeit bis zum 7. März 2012 und dem Ziel der Integration des Antragstellers in den ersten Arbeitsmarkt. Unter Nummer 2 vereinbarten sie Bemühungen des Antragstellers zur Eingliederung in Arbeit. Eine der Bemühungen lautete: "Info zu 'Wegweiser 2012' wird bei Berufsförderungswerk Network e. V. eingeholt bis spätestens 31. August 2011". Des Weiteren erfolgte eine Belehrung über die Folgen eines Verstoßes gegen die vereinbarten Eingliederungsbemühungen, insbesondere die Verhängung von Sanktionen. Bereits zuvor hatte der Antragsgegner mit Bescheiden vom 16. Dezember 2010, 5. Januar 2011 und 10. Januar 2011 wegen verschiedener Verstöße, jeweils im Zusammenhang mit der Vereitelung der Aufnahme einer angebotenen Arbeit, die Leistungen gemindert.

Aus der Zeit danach finden sich in der Verwaltungsakte verschiedene Computervermerke, die das ESF-Projekt "Wegweise 2012" betreffen.

Mit Schreiben vom 16. September 2011 hörte der Antragsgegner den Antragsteller zur beabsichtigten Minderung des Regelbedarfs an. Er warf ihm vor, keine Informationen beim Berufsförderungswerk "Network e. V." eingeholt zu haben, worauf hin der Antragsteller mitteilte, dass er Informationen über "Network e. V." aus dem Internet bezogen habe. Auf Nachfrage des Antragsgegners teilte das Berufsförderungswerk mit, dass es zu der betreffenden Maßnahme keinen Internetauftritt gebe.

Daraufhin stellte der Antragsgegner mit Bescheid vom 4. November 2011 für die Zeit vom 1. Dezember 2011 bis zum 29. Februar 2012 einen vollständigen Wegfall der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts fest, da der Antragsteller aufgrund einer vorangegangenen Pflichtverletzung am 15. November 2010 seinen Pflichten wiederholt nicht nachgekommen sei.

In Folge dieses Sanktionsbescheides erließ der Antragsgegner unter dem 15. Dezember 2011 drei Bescheide. Mit dem ersten änderte er die mit Bescheid vom 29. Juni 2011 gewährten Leistungen für die Zeit vom 1. Dezember 2011 bis zum 31. Dezember 2011 dahingehend, dass dem Antragsteller nur Leistungen in Höhe von 364,00 EUR für die Regelleistung gewährt wurden. Die Kosten der Unterkunft und Heizung wurden mit einem ausgezahlten Betriebskostenguthaben verrechnet. Wegen der Minderung aufgrund der Sanktion setzte ...

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