Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. Verlangen des schriftlichen Nachweises einer Vollmacht. kein Verwaltungsakt. Ermessensentscheidung. Notwendigkeit der Begründung. Heilung des Nachweismangels im Gerichtsverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei dem Verlangen nach § 13 Abs 1 S 3 SGB 10 zum schriftlichen Nachweis einer Vollmacht handelt es sich nicht um einen Verwaltungsakt.

2. Die Entscheidung der Behörde, ob sie ein Verlangen nach § 13 Abs 1 S 3 SGB 10 stellen will, steht in ihrem pflichtgemäßen Ermessen.

3. Zur Frage, ob die Ermessensentscheidung nach § 13 Abs 1 S 3 SGB 10 zu begründen ist.

4. Zur Frage, ob der Mangel des schriftlichen Nachweises einer Vollmacht im Verwaltungsverfahren im Gerichtsverfahren nachgeholt werden kann.

 

Normenkette

SGB X § 13 Abs. 1 S. 3, § 31 S. 1, § 35 Abs. 1 S. 3; SGG § 54 Abs. 2 S. 2, §§ 62, 73 Abs. 6, §§ 73a, 172 Abs. 3 Nrn. 1-2; ZPO § 114

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 14. Juni 2013 abgeändert.

Der Klägerin wird für das Klageverfahren Az. S 31 AS 325/12 ab 24. April 2012 Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt … als Bevollmächtigter beigeordnet.

Derzeit sind weder Raten zu zahlen noch Zahlungen aus dem Vermögen zu leisten.

II. Außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Klägerin wendet sich mit der Beschwerde gegen die Ablehnung ihres Antrages auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein Klageverfahren.

Der Beklagte erließ unter dem 23 Oktober 2011 wegen einer noch offenen Forderung in Höhe von 2.274,77 EUR einen Mahnungsbescheid. Die Mahngebühr betrug 11,65 EUR.

Der Klägerbevollmächtigte zeigte mit Schriftsatz seine Vertretung an, versicherte die Ordnungsmäßigkeit der Bevollmächtigung und legte gegen den Bescheid Widerspruch ein. Mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2011 bat der Beklagte den Klägerbevollmächtigten unter anderem unter Fristsetzung, eine Vertretungsvollmacht vorzulegen. Andernfalls müsse er damit rechnen, als vollmachtloser Vertreter behandelt zu werden. Eine Reaktion des Klägerbevollmächtigten hierauf erfolgte nicht.

Mit dem an die Klägerin adressierten Widerspruchsbescheid vom 20. Februar 2012 verwarf der Beklagte den Widerspruch als unzulässig. Sie selbst habe keinen Widerspruch eingelegt. Der handelnde Rechtsanwalt habe keine Bevollmächtigung nachgewiesen.

Hiergegen hat der Klägerbevollmächtigte am 16. März 2012 Klage zum Sozialgericht Chemnitz (Az. S. 26 AS 197/12) erhoben und zugleich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt. Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 27. April 2012 den Prozesskostenhilfeantrag wegen fehlender Erfolgsaussicht abgelehnt. Sodann hat es sich mit Beschluss vom 7. Juni 2012 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Sozialgericht Dresden verwiesen.

Auf die Beschwerde der Klägerin hin hat der Senat mit Beschluss vom 19. November 2012 (Az. L 3 AL 63/12 B PKH) den Beschluss vom 27. April 2012 wegen der fehlenden Zuständigkeit des Sozialgerichtes Chemnitz aufgehoben.

Das Sozialgericht Dresden hat mit Beschluss vom 14. Juni 2013 (Az. S 31 AL 325/12) den Prozesskostenhilfeantrag ebenfalls wegen fehlender Erfolgsaussicht abgelehnt. Der Klägerbevollmächtigte habe nicht innerhalb der gesetzten Frist eine schriftliche Vollmacht vorgelegt. Wenn die Vollmacht nicht innerhalb einer gesetzten Frist vorgelegt werde, seien die bisherigen Rechtshandlungen unwirksam. Der Mangel der Vollmacht könne nicht durch die Vorlage der Vollmacht im gerichtlichen Verfahren geheilt werden.

Der Klägerbevollmächtigte hat am 19. Juli 2013 Beschwerde eingelegt. Eine anwaltliche Versicherung gegenüber einem Gericht oder einer Behörde reiche zum Nachweis der Vollmacht aus. Die anwaltliche Versicherung sei als Mittel der Glaubhaftmachung anerkannt. Es gebe keinen nachvollziehbaren, sachlichen oder rechtlichen Grund für ein geradezu reflexartiges Vorlageverlangen.

De Staatskasse und der Beklagte hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

II.

1. Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere statthaft.

Gemäß § 172 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) findet gegen Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist. Etwas anderes war zum Zeitpunkt der Beschwerdeeinlegung zum einen in § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG (in der vom 1. April 2008 bis zum 24. Oktober 2013 geltenden Fassung von Artikel 1 Nr. 29 Buchst. c des Gesetzes vom 26. März 2008 [BGBl. I S. 444]) geregelt, wonach die Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe ausgeschlossen war, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneinte. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt, weil der Prozesskostenhilfeantrag wegen der fehlenden Erfolgsaussicht abgelehnt wurde. Zum anderen war gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 1 Halbsatz 1 SGG (in der vom 11. A...

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