Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Beschwerde gegen Nichtzulassung der Berufung. Verfahrensfehler. Verletzung des rechtlichen Gehörs. Ablehnung eines Terminverlegungsantrags. Anforderungen an einen (hier anwaltlich vertretenen) Beteiligten, sich im Hauptsacheverfahren rechtliches Gehör zu verschaffen

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Beteiligter muss alles unternehmen, um sich bereits im eigentlichen Hauptsacheverfahren und nicht erst im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde rechtliches Gehör zu verschaffen.

 

Tenor

I. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 12. Juli 2019 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtlichen Kosten der Klägerin sind nicht zu erstatten.

III. Der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Bevollmächtigten wird abgelehnt.

 

Gründe

I.

Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 12. Juli 2019. In der Sache steht die Überprüfung der Aufhebung einer Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitssuchenden - (SGB II) und der zugehörigen Erstattungsentscheidung für die Zeit vom 1. Dezember 2014 bis zum 28. Februar 2015 im Streit.

Die 1980 geborene Klägerin bezog im streitbefangenen Zeitraum in Bedarfsgemeinschaft lebend mit ihrem Ehemann und vier gemeinsamen Kindern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Mit Bescheiden vom 12. September 2014 und 15. Dezember 2014 bewilligte der Beklagte den Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft Leistungen für die Zeit vom 1. November 2014 bis zum 30. April 2015.

Nachdem bekannt geworden war, dass die damals 13-jährige Tochter der Klägerin Einkommen erzielt hatte, welches gegenüber dem Beklagten nicht angegeben worden war, erließ der Beklagte nach vorheriger Anhörung am 14. April 2015 einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid und forderte von der Klägerin für die Zeit vom 1. Dezember 2014 bis zum 31. Dezember 2014 Leistungen in Höhe von 16,19 EUR und für die Zeit vom 1. Februar 2015 bis zum 28. Februar 2015 Leistungen in Höhe von 1,76 EUR, insgesamt 17,95 EUR, zurück.

Ein in der Folge beim Sozialgericht Chemnitz geführtes Klageverfahren (Az. S 27 AS 2615/15) blieb ohne Erfolg.

Am 6. Oktober 2016 beantragte die Klägerin die Überprüfung des Bescheides vom 14. April 2015, was der Beklagte mit Beschied vom 6. Februar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. September 2017 ablehnte.

Hiergegen hat die Klägerin am 20. Oktober 2017 Klage erhoben.

Am 19. Juni 2019 hat das Sozialgericht Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 12. Juli 2019 bestimmt. Ein Ladungsschreiben ist an die Klägerin persönlich, ein weiteres an ihren Prozessbevollmächtigten gerichtet gewesen. Dem Klägerbevollmächtigten ist das Schreiben am 20. Juni 2019 zugestellt worden, der am 4. Juli 2019 unter Verweis auf eine Auslandsreise der Klägerin einen Antrag auf Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung gestellt hat. Ihre Anwesenheit sei zur Aufklärung dieses und weiterer terminierter Rechtsstreitigkeiten dringend erforderlich. Am 5. Juli 2019 hat der Kammervorsitzende den Antrag abgelehnt, da das persönliche Erscheinen der Klägerin nicht angeordnet und aus Sicht des Gerichts und dem bisherigen Vorbringen der Klägerin zur Sachaufklärung nicht erforderlich sei. Weiterer, für erforderlich gehaltener Sachvortrag könne bis zur mündlichen Verhandlung schriftlich erfolgen. Es hat zugleich darauf hingewiesen, dass die Kammer auch in der mündlichen Verhandlung über eine Vertagung entscheiden könne, sofern im Rahmen der Verhandlung ersichtlich werde, dass eine weitere Sachaufklärung unter Mitwirkung der Klägerin erforderlich sei. Mit Schriftsatz vom 11. Juli 2019 hat der Klägerbevollmächtigte die Verletzung rechtlichen Gehörs wegen der Ablehnung des Verlegungsantrags gerügt. Mit Schriftsatz vom 12. Juli 2019, das beim Sozialgericht vor dem Sitzungsbeginn eingegangen ist, hat er zur Sache vorgetragen und zugleich mitgeteilt, dass er nicht zum Termin erscheine.

Mit Urteil vom 12. Juli 2019 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Das Überprüfungsbegehren sei unbegründet. Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 14. April 2015 sei rechtmäßig ergangen. Es ist auf die Einwände aus dem Schriftsatz vom 12. Juli 2019 eingegangen.

Gegen das ihr am 25. Juli 2019 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 26. August 2019 durch ihren Prozessbevollmächtigten Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt und zugleich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt. Der Klägerbevollmächtigte ist der Auffassung, dass durch die Ablehnung ihres Antrages auf Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung das rechtliche Gehör der Klägerin verletzt worden sei. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass das Gericht aufgrund der Sachverhaltsermittlung und der persönlichen Befragung der Klägerin zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre...

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