Entscheidungsstichwort (Thema)

Angemessene Alterssicherung i.S.v. § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB 8

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine der Versorgung im Alter dienende private Anlageform stellt sich nur dann als angemessene Alterssicherung im Sinne von § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII dar, wenn die gewählte Anlageform subjektiv zur Altersversorgung bestimmt ist und es dieser auch nicht von vornherein an der objektiven Eignung zur Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung fehlt.

2. Eine private Anlageform ist zu einer Absicherung der Versorgung im Alter objektiv nur geeignet, wenn das im Alter zur Verfügung stehende Vorsorgekapital der Höhe nach zumindest den aufgewendeten und öffentlich geförderten Altersvorsorgebeiträgen entspricht sowie sichergestellt ist, dass das Vorsorgekapital nicht schon vor Eintritt in den Ruhestand anderweitig verwertet werden kann.

3. Eine Fondsgebundene Lebensversicherung und ein Wertpapier-Sparvertrag sind zu einer angemessenen Alterssicherung im Sinne von § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII schon deshalb objektiv ungeeignet, weil diese keine garantierte Versicherungsleistung bzw. keinen garantierten Kapitalertrag beinhalten, sondern die Versicherungsleistung bzw. der Kapitalertrag der Wertentwicklung der jeweiligen Fonds- bzw. Wertpapieranteile unterliegen, und damit das Risiko des (teilweisen) Verlustes des Vorsorgekapitals besteht.

 

Normenkette

GG Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1; VwGO § 124a; BGB § 1578 Abs. 3; SGB II § 12 Abs. 2 Nr. 3; SGB VIII § 23 Abs. 2, §§ 33, 39 Abs. 4 S. 2; BSHG a.F. § 69 Abs. 3 S. 2, § 88 Abs. 3 S. 1; EStG §§ 10a, 82; VVG § 167 S. 1, § 168 Abs. 3 S. 1; 5. VermBG § 2 Abs. 1, § 13; VersAusglG § 2 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3; AltZertG § 1 Abs. 1-2

 

Verfahrensgang

VG des Saarlandes (Urteil vom 20.03.2009; Aktenzeichen 11 K 825/07)

 

Tenor

Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 20.3.2009 – 11 K 825/07 – wird die Klage insgesamt abgewiesen.

Die Klägerin trägt die außergerichtlichen Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die am … 1960 geborene Klägerin begehrt von dem Beklagten die hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung im Sinne von § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII rückwirkend zum 1.10.2005.

Die Klägerin und ihr Ehemann sind personensorgeberechtigt für die … 1997 und …1999 geborenen Pflegekinder V… und N… M… Für beide Pflegekinder gewährt der Beklagte laufende Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege gemäß § 33 SGB VIII. Aufgrund eines besonderen Erziehungsbedarfs wird für das Pflegekind V… M… ein erhöhtes Pflegegeld in Form einer doppelten Pauschale für die Kosten der Erziehung gewährt.

Nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe zum 1.10.2005 teilte der Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 19.4.2006 mit, dass nach entsprechender Gesetzesänderung die laufenden Geldleistungen nach § 39 Abs. 4 SGB VIII nunmehr auch die Erstattung nachgewiesener Aufwendungen für Beiträge zu einer Unfallversicherung sowie die hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung der Pflegeperson umfassten. Zugleich wies der Beklagte darauf hin, dass diese Aufwendungen nur für eine Pflegeperson unabhängig von der Anzahl der Pflegekinder erstattet würden und der Landesjugendhilfeausschuss des Saarlandes als zuständige Behörde mit Beschluss vom 31.1.2006 als erstattungsfähige Aufwendungen zu einer Unfallversicherung einen Betrag in Höhe von 6,60 EUR monatlich sowie zur Alterssicherung einen Betrag in Höhe von 39,00 EUR monatlich als angemessen festgesetzt habe.

Mit Schreiben vom 18.5.2006 beantragte die Klägerin daraufhin, ihre laufenden Aufwendungen zur Unfallversicherung und Altersversorgung gemäß § 39 Abs. 4 SGB VIII rückwirkend zum 1.10.2005 zu erstatten. Ihrem Antrag beigefügt war neben dem Versicherungsschein einer von der Klägerin bei der Vi… Versicherung AG mit einem Jahresbeitrag von 119,15 EUR abgeschlossenen Unfallversicherung ein Versicherungsschein über eine Fondsgebundene Lebensversicherung bei der A… Lebensversicherung AG. Danach beginnt die Versicherung am 1.12.2004 und beträgt der monatliche Beitrag bis zum Ablauf der Beitragszahlung am 1.12.2024 100,– EUR monatlich. Als Bezugsberechtigte für die Beitragssumme in Höhe von 24.000,– EUR ist im Erlebensfall die Klägerin und im Fall ihres vorherigen Todes ihr Ehemann genannt. Außerdem besteht für die Klägerin die Möglichkeit, ab dem Beginn der flexiblen Leistungsphase, der auf den 1.12.2025 festgesetzt ist, ihr Fondsguthaben in eine lebenslange Rente umzuwandeln. Des Weiteren war dem Antragsschreiben der Klägerin ein Zertifikat über einen am 12.1.2005 bei der Bank M… abgeschlossenen Wertpapier-Sparvertrag mit einem Monatsbeitrag von ebenfalls 100,– EUR beigefügt. Der Vertragsbeginn ist darin mit dem 2.12.2004 angegeben; die Laufzeit beträgt 20 Jahre. Die Sparbeiträge werden ausweislich des Zertifikats jeweils hälftig in Ante...

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