Leitsatz (amtlich)

Auch soweit die öffentliche Hand Kindesunterhalt nach dem UVG leistet, gehen die Ansprüche des unterhaltsberechtigten Kindes gemäß §§ 1601 ff BGB nur insoweit auf den Träger der öffentlichen Hilfe über, als der Unterhaltspflichtige durch die Erfüllung der Unterhaltspflicht nicht selbst sozialhilfebedürftig wird.

 

Normenkette

BGB § 1601 ff; UVG § 7; BSHG § 91 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Regensburg (Urteil vom 19.06.1998; Aktenzeichen 2 F 395/98)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Endurteil des Amtsgerichts – Familiengericht – Regensburg vom 19.06.1998 abgeändert.

II. Die Klage wird abgewiesen.

III. Die Klägerin trägt die Kosten beider Rechtszüge.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 4.500,00 DM abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

V. Die Revision wird zugelassen.

Beschluß:

Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 16.078,62 DM.

 

Tatbestand

Der Beklagte ist der eheliche Vater der Kinder M., geb. 03.09.1982, L., geb. 09.01.1984, Ma., geb. 10.04.1986 und Mo., geb. 25.04.1988.

Die Kinder leben bei ihrer Mutter. Der Beklagte lebt seit Jahren von seiner Ehefrau getrennt. Die Stadt S. nimmt mit vorliegender Klage den Beklagten aus gemäß § 7 UVG übergegangenem Recht für die Zeit vom 01.08.1995 bis 28.02.1998 in Anspruch. In dieser Zeit konnten lediglich im Jahre 1997 durch Abzweigungen aus einem Umschulungsentgelt 5.345,78 DM realisiert werden. Die Klägerin macht mit ihrer Klage den Kindesunterhalt für das Kind L. bis zur Vollendung des 12. Lebensjahres, also vom 01.08.1995 bis 08.01.1996, sowie den Kindesunterhalt für Ma. und Mo. in der Zeit vom 01.08.1995 bis 28.02.1998 geltend. Sie beziffert die Unterhaltsansprüche jeweils mit dem Mindestunterhalt bei Verrechnung mit dem jeweiligen hälftigen staatlichen Erstkindergeld. Sie errechnet somit folgenden geschuldeten Unterhalt:

01.08.95–31.12.95

=

5 Mon. × 313,00 DM × 3 Kinder

=

4.770,00 DM

01.01.96–08.01.96

=

8/30 von 318,00 DM

=

(L.) 86,40 DM

01.01.96–31.12.96

=

12 Mon. × 324,00 DM × 2 Kinder

=

7.776,00 DM

01.01.97–31.12.97

=

12 Mon. × 314,00 DM × 2 Kinder

=

7.536,00 DM

01.01.98–28.02.98

=

2 Mon. × 314,00 DM × 2 Kinder

=

1.256,00 DM

21.424,40 DM

./. Zahlungen in 1997 (Abzweigungen)

=

5.345,78 DM

16.078,62 DM.

Der Beklagte hat Leistungsunfähigkeit eingewandt. In seinem erlernten Beruf als Schlosser könne er infolge einer unstrittig vorhandenen und durch ärztliches Attest belegten – Handgelenkserkrankung nicht mehr arbeiten. Er habe zwei Umschulungen zum Reiseverkehrskaufmann versucht, diese jedoch in einem Falle wegen Fehlens einer geeigneten Ausbildungsstelle nicht aufgenommen, im anderen Falle wieder abgebrochen. Aus der stattdessen aufgenommenen selbständigen Tätigkeit als Provisionsvertreter bei der Firma V. und später im Bereich der Altkleidersammlung habe er jeweils kaum seinen eigenen notwendigen Bedarf bestreiten können.

Mit Urteil vom 19.06.1998 hat das Amtsgericht – Familiengericht – Regensburg den Beklagten zu folgenden Zahlungen verurteilt:

  1. für die am 09.01.1984 geborene L. E. und den Zeitraum vom 01.08.1995 bis zum 08.01.1996 1.676,40 DM
  2. für den am 10.04.1986 geborenen Ma. E. und den Zeitraum vom 01.08.1995 bis zum 28.02.1998 7.201/11 DM
  3. für den am 25.04.1988 geborenen Mo. E. und die Zeit vom 01.08.1995 bis zum 28.02.1998 7.201,11 DM

Das Amtsgericht erachtete die Bemühungen des Beklagten um Arbeit für unzureichend. Er könne sich deshalb nicht auf unverschuldete Leistungsunfähigkeit berufen.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit dem Rechtsmittel der Berufung.

Er beantragt, das Urteil des Amtsgericht – Familiengericht – Regensburg vom 19.06.1998 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Beklagte wiederholt seinen Sachvortrag zur Leistungsunfähigkeit und stellt die Bemühungen um Arbeit nochmals, teilweise ausführlicher dar. Wegen der Einzelheiten seines Sachvortrags wird auf den Schriftsatz vom 23.09.1998 verwiesen.

Die Klägerin beantragt die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat dem Beklagten aufgegeben, seine Einkünfte in den Zeiten der Selbständigkeit näher darzulegen. Er hat ferner auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 11.03.1998 (NJW 1998, Seite 2219 ff = FamRZ 1998, Seite 818 ff) zu der Frage des Anspruchsübergangs auf den Sozialhilfeträger und eine mögliche Anwendbarkeit der Grundsätze dieser Entscheidung auf den Anspruchsübergang nach § 7 UVG hingewiesen.

In der mündlichen Verhandlung vom 16.11.1998 hat der Beklagte seine Tätigkeiten näher dargelegt und seine Bezüge aus Arbeitslosengeld und -hilfe durch Vorlage von Bezügemitteilungen belegt. Die Klägerin bestreitet die Erklärungen des Beklagten zu seinen Verdiensten und Arbeitsbemühungen, soweit sie nicht durch Unterlagen belegt wurden. Nach ihrer Ansicht sei § 91 Abs. 2 BSHG nicht auf die Vorschriften des UVG übertragbar.

 

Entscheidungsgründe

Auf die zulässige Berufung des Beklagten ist das Endurteil des Amtsgericht – Familiengeri...

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