Leitsatz (amtlich)

Zur Bagatellprüfung beim Grundrentenzuschlag

 

Normenkette

SGB VI §§ 76 g, 97 a, 120 f Abs. 2 Nr. 3; VersAusglG § 18 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Nürnberg (Aktenzeichen 110 F 2649/20)

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde der Deutschen Rentenversicherung Bund wird der Tenor zu 2 des Endbeschlusses des Amtsgerichts Nürnberg - Abteilung für Familiensachen -110 F 2649/20 vom 24.05.2022 abgeändert und nach dem vierten Absatz folgender Absatz eingefügt:

"Ein Ausgleich des Anrechts des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (Vers. Nr. ...) findet bezüglich der von ihm erworbenen Grundrenten- Entgeltpunkte nicht statt."

II. Von einer Erhebung der Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren wird abgesehen. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

III. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Auf den am 08.10.2020 zugestellten Antrag hat das Amtsgericht - Familiengericht - Nürnberg mit Endbeschluss vom 24.05.2022 die am 13.12.2001 begründete Lebenspartnerschaft aufgehoben und den Versorgungsausgleich durchgeführt.

Der Entscheidung des Familiengerichts ist eine Auskunft der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 17.01.2022 (Bl. 47/51 d. Sonderheftes VA) vorausgegangen. An zweiter Stelle dieser Auskunft wird ein Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung des Antragsgegners von 0,0330 Entgeltpunkten angegeben, als Ausgleichswert 0,0165 Entgeltpunkte vorgeschlagen und der korrespondierende Kapitalwert mit 124,45 Euro angegeben.

Das Amtsgericht hat nur einen Teil der Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung des Antragsgegners, die Entgeltpunkte, ausgeglichen. Auf den Zuschlag an Grundrenten-Entgeltpunkten geht der Endbeschluss nicht ein.

Gegen den der Deutschen Rentenversicherung Bund am 07.06.2022 zugestellten Endbeschluss wendet sich die Versorgungsträgerin nach Hinweis auf die Unzulässigkeit ihres zuvor eingelegten Rechtsmittels mit ihrer am 05.07.2022 beim Amtsgericht eingegangenen Beschwerde. Das Familiengericht habe beim Versorgungsausgleich keine Entscheidung über den Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherungen getroffen, obgleich sie in der Auskunft vom 07.01.2022 ausgewiesen worden seien. Der unterbliebene Ausgleich werde weder in der Beschlussformel noch in den Entscheidungsgründen erläutert.

Die übrigen Beteiligten haben Gelegenheit erhalten, zur Beschwerde Stellung zu nehmen. Einwendungen gegen die zuletzt eingelegte Beschwerde sind nicht vorgebracht worden.

Gegen die Absicht des Senats, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden, wurden von den Beteiligten keine Einwände erhoben.

II. 1. Die Beschwerde der Deutschen Rentenversicherung Bund ist statthaft (§ 58 Abs. 1 FamFG) und auch im Übrigen zulässig, da sie - nach Hinweis des Senats - form- und fristgerecht eingelegt wurde (§ 63 Abs. 1, Abs. 3; § 64 Abs. 1, Abs. 2 FamFG) und die Deutsche Rentenversicherung Bund durch die Entscheidung des Amtsgerichts bezüglich des bei ihr bestehenden Anrechts auch beschwert ist, § 59 Abs. 1 FamFG. Die Rechtsstellung eines Versorgungsträgers ist bereits immer dann betroffen, wenn in Bezug auf das bei ihm bestehende Anrecht eine dem Gesetz nicht entsprechende Entscheidung ergangen ist.

Auf den Beschwerdewert kommt es gem. § 228 FamFG nicht an, da es sich um keine Anfechtung einer Kostenentscheidung handelt.

Der Senat hat von einer mündlichen Erörterung abgesehen, da die Beteiligten rechtliches Gehör hatten und der Sachverhalt hinreichend geklärt ist (§ 68 Abs. 3, § 221 Abs. 1 FamFG).

Die Teilanfechtung des Versorgungsausgleichs ist zulässig (BGH FamRZ 2016, 794; 2011, 547). Der Überprüfung durch den Senat unterliegt daher die Entscheidung des Amtsgerichts nur in Bezug auf das von der Beschwerde erwähnte noch auszugleichende Anrecht. Der Grundrentenzuschlag ist dabei ähnlich wie z. B. erworbene Entgeltpunkte (Ost) als eigenständiges Anrecht gesondert auszugleichen. Dementsprechend beschränkt sich die dem Senat angefallene Beschwerde auch auf diesen Ausgleich.

2. Die Beschwerde ist auch begründet. Die Deutsche Rentenversicherung Bund weist zutreffend darauf hin, dass der in ihrer Auskunft mitgeteilte Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung in der Entscheidung des Amtsgerichts unberücksichtigt geblieben ist. Der angefochtene Endbeschluss ist daher um eine Entscheidung über den Ausgleich dieses Anrechts zu ergänzen.

a) Bei den nach §§ 76 g, 307 e SGB VI ermittelten Grundrenten-Entgeltpunkten handelt es sich um eine besondere Entgeltpunkteart gemäß § 120 f Abs. 2 Nr. 3 SGB VI, die nicht mit den übrigen Entgeltpunktearten verrechnet werden darf. Sie basieren auf dem Gesetz zur Einführung der Grundrente für langjährige Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung mit unterdurchschnittlichem Einkommen und für weitere Maßnahmen zur Erhöhung der Alterseinkommen (Grundrentengesetz) vom 12.08.2020. Sofern einem Ehegatten in der Ehezeit Grundrenten-Entgeltpunkte zuzuordnen sind, werden diese in den Auskünften gesondert darges...

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