Entscheidungsstichwort (Thema)

Enkelunterhalt und Höhe des Selbstbehalts. Enkelunterhalt. hier: Höhe des Selbstbehalts der Großeltern

 

Leitsatz (amtlich)

Bei der Geltendmachung von Enkelunterhalt geht der Senat grundsätzlich von einem Selbstbehalt i.H.v. 1.250 Euro aus, berücksichtigt aber konkrete Belastungen wie Kreditraten und erhöhte Wohnkosten großzügig.

 

Normenkette

BGB §§ 1601, 1607 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Linz (Urteil vom 10.02.2004; Aktenzeichen 4 F 120/03)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des AG - FamG - Linz am Rhein vom 10.2.2004 teilweise abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, jeweils zu Händen der gesetzlichen Vertreterin folgende monatliche Unterhaltsbeträge zu zahlen:

an den Kläger zu 1)

  • für Januar und Februar 2003 103,00 Euro
  • für September bis Dezember 2003 208,00 Euro
  • ab Januar 2004 160,00 Euro

an den Kläger zu 2)

  • für Januar und Februar 2003 103,00 Euro
  • für März bis Juni 2003 204,00 Euro
  • für Juli und August 2003 258,00 Euro
  • für September bis Dezember 2003 208,00 Euro
  • ab Januar 2004 160,00 Euro

Die weiter gehende Klage wird abgewiesen.

Die Berufung im Übrigen wird zurückgewiesen.

2. Die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens und die außergerichtlichen Kosten der Beklagten tragen der Kläger zu 1) zu 31 %, der Kläger zu 2) zu 25 %, die Beklagte zu 44 %. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 1) trägt er zu 60 %, die Beklagte zu 40 %. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 2) trägt er zu 52 %, die Beklagte zu 48 %.

Die Gerichtskosten 1. Instanz und die außergerichtlichen Kosten der Beklagten tragen der Kläger zu 1) zu 20 %, der Kläger zu 2) zu 16 %, die Beklagte zu 64 %. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 1) trägt er zu 40 %, die Beklagte zu 60 %. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 2) trägt er zu 32 %, die Beklagte zu 68 %.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Kläger sind die Enkelkinder der Beklagten. Die Ehe ihrer Eltern ist geschieden. Durch Versäumnisurteil des AG - FamG - Bamberg (AG Bamberg, Urt. v. 27.2.2002 - 2 F 1492/01) wurde der Vater, der Sohn der Beklagten, verurteilt, an beide Kinder als Unterhalt jeweils den Regelbetrag zu zahlen. Vollstreckungsversuche aus dem Urteil blieben erfolglos, irgendwelche Unterhaltszahlungen erfolgten nicht. Ein Ermittlungsverfahren wegen Unterhaltspflichtverletzung wurde eingestellt mit der Begründung, der Vater sei nicht leistungsfähig. Die Kläger nahmen daraufhin zunächst die Beklagte und deren Ehemann, ihren Großvater, auf Unterhalt in Höhe der Regelbeträge ab Januar 2003 in Anspruch, der Kläger zu 1) zuletzt mit Ausnahme der Monate März bis einschließlich August 2003, weil er in dieser Zeit Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erhalten hatte. Der Großvater der Kläger verstarb während des laufenden Verfahrens am 7.6.2003. Nunmehr nehmen die Kläger die Beklagte insoweit als Erbin in Anspruch. Die Beklagte und ihr Ehemann verfügten jeweils über Renteneinkommen bzw. Versorgungsbezüge; die Beklagte erhält nunmehr ihre eigenen Renten und zusätzlich Hinterbliebenenbezüge.

Durch das angefochtene Urteil gab das AG der Klage teilweise statt. Es ging dabei von den jeweiligen Rentenbezügen aus, setzte die Raten für einen Pkw-Kredit i.H.v. 153,38 Euro ab, nicht aber sonstige noch geltend gemachte Verbindlichkeiten (im Wesentlichen Versicherungsbeiträge), legte einen angemessenen Selbstbehalt von 1.250 Euro zugrunde, ließ zudem die Hälfte des darüber hinausgehenden Einkommens anrechnungsfrei und gelangte so zu zeitlich unterschiedlichen Unterhaltsbeträgen zwischen 44 Euro und 236 Euro.

Hiergegen wenden sich die Kläger mit ihrer Berufung und machen nach wie vor den Regelbetrag ab Januar 2003, der Kläger zu 1) mit Ausnahme der Monate März bis einschließlich August 2003, geltend. Sie sind der Auffassung, auch die Großeltern seien ihren Enkeln ggü. gesteigert unterhaltspflichtig; jedenfalls sei ein Selbstbehalt von nicht mehr als 1.000 Euro anzusetzen. Der Pkw-Kredit sei nicht absetzbar, zumal die Beklagte unstreitig keine Fahrerlaubnis habe.

Die Beklagte hält die vom AG angewandten Selbstbehaltsätze für zutreffend. Auf den Pkw sei sie angewiesen, damit sie zum Arzt und zum Einkaufen gefahren werden könne. Zudem habe sie für ihre jetzigen Verhältnisse eine überhöhte Miete von - unstreitig - rund 650 Euro zu zahlen, da sie nach wie vor in der zusammen mit ihrem verstorbenen Ehemann angemieteten und damals angemessenen Wohnung lebe.

II. Die Berufung ist zulässig und teilweise begründet.

1. Der Anspruch der Kläger leitet sich aus § 1607 Abs. 2 BGB her. Es kann, nachdem gegen den Vater ein rechtskräftiges Versäumnisurteil vorliegt, das seine Leistungsfähigkeit unterstellt, nicht davon ausgegangen werden, er sei i.S.v. § 1603 Abs. 1 BGB nicht leistungsfähig. Nur dann käme die Eigenhaftung der Großeltern nach § 1607 Abs. 1 BGB in Betracht. Hier liegt vielmehr ein Fall vor, in dem die Rechtsverfolgung im Inland erheblich erschwert ist (§ 1607 Abs...

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