Verfahrensgang

AG Emmendingen (Beschluss vom 12.01.2016; Aktenzeichen 4 F 398/15)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Emmendingen vom 12.01.2016 dahingehend abgeändert, dass dem Antragsteller Verfahrenskostenhilfe für den 1. Rechtszug bewilligt wird, soweit er beantragt, die Jugendamtsurkunde des Kreisjugendamts Emmendingen vom 23.08.1999 (Urk.reg.Nr. 883/1999) dahingehend abzuändern, dass ab dem 01.07.2016 gegenüber dem Antragsgegner kein Unterhalt mehr geschuldet wird.

2. Dem Antragsteller wird Rechtsanwalt K., T., beigeordnet.

3. Der Antragsteller hat ab Aufforderung durch die Landesoberkasse monatliche Raten in Höhe von 55 EUR auf die Verfahrenskosten zu zahlen.

4. Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde des Antragstellers zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Der Antragsteller begehrt Verfahrenskostenhilfe für ein Unterhaltsabänderungsverfahren.

In einer am 23.08.1999 errichteten Jugendamtsurkunde hatte er sich zur Unterhaltszahlung an seinen am ... geborenen Sohn D. verpflichtet.

Der Antragsteller strebt eine Abänderung der Unterhaltsurkunde dahingehend an, dass seine Unterhaltsverpflichtung ab 01.11.2015 entfällt. Zur Begründung trägt er vor, er habe seine bei Errichtung der Urkunde bestehende Arbeitsstelle im Jahr 2004 verloren. Danach sei er sporadisch als Leiharbeitnehmer beschäftigt gewesen, unter anderem in seinem erlernten Beruf als Metzger. Diesen könne er wegen Rückenproblemen nicht mehr ausüben. Als Leiharbeitnehmer verfüge er über ein Stundenlohn von 8,80 EUR brutto. Das sich daraus ergebende Monatsnettoeinkommen von 1.050 EUR liege unterhalb des Selbstbehalts.

Der Antragsgegner ist dem Verfahrenskostenhilfeantrag entgegengetreten. Unter Berücksichtigung seiner gesteigerten Erwerbsobliegenheit sei der Antragsteller zur Zahlung des titulierten Unterhalts weiterhin verpflichtet. Einschränkungen, die einer vollschichtigen Ausübung der erlernten Tätigkeit als Metzger entgegenstünden, seien nicht bekannt.

Mit Beschluss vom 12.01.2016 hat das Amtsgericht - Familiengericht - Emmendingen den Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zurückgewiesen. Der Antragsteller habe nicht ausreichend dargelegt, dass es ihm auch bei ausreichenden Bemühungen nicht möglich sei, den titulierten Kindesunterhalt zu zahlen. Auf den Inhalt des Beschlusses wird Bezug genommen.

Gegen diese ihm am 15.01.2016 zugestellte Entscheidung wendet sich der Antragsteller mit seiner am 01.02.2016 beim Amtsgericht Emmendingen eingegangenen Beschwerde. Darin wendet er ein, er habe als Metzger im Durchschnitt monatlich 949,95 EUR netto verdient. Mehr als 40 Stunden wöchentlich könne er aufgrund seiner eingeschränkten Belastbarkeit nicht arbeiten. Aus seinen erzielbaren Einkünften sei er zur Unterhaltszahlung nicht in der Lage.

Für den Zeitraum ab 01.07.2016 hat das Jugendamt als Beistand des Antragsgegners einen unter Vorbehalt des Widerrufs stehenden Vollstreckungsverzicht aus der Jugendamtsurkunde vom 23.08.1999 erklärt. D. wurde ab diesem Zeitpunkt im Rahmen der Hilfe zur Erziehung nach dem SGB VIII vollstationär untergebracht. Einen vom Antragsteller unterbreiteten Vorschlag, sich dahingehend zu einigen, dass ab 01.07.2016 kein Unterhalt mehr geschuldet werde und auf die Rückstände monatlich 150 EUR gezahlt werden, hat der Antragsgegner abgelehnt.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II. Die gemäß §§ 113 Abs. 1 FamFG, 127 Abs. 2 und 3, 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Antragstellers ist teilweise begründet.

1. Der beabsichtigte Abänderungsantrag ist gemäß § 239 Abs. 1 FamFG zulässig. Der Antragsteller hat mit der Darlegung seiner aktuellen, unter dem notwendigen Selbstbehalt liegenden Einkünfte Tatsachen vorgetragen, die eine Abänderung der bestehenden Jugendamtsurkunde grundsätzlich rechtfertigen.

2. Der Antrag hat jedoch in materiell-rechtlicher Hinsicht erst für die Zeit ab 01.07.2016 hinreichende Aussicht auf Erfolg.

a) Vorliegend richtet sich die Abänderung der Jugendamtsurkunde gemäß § 239 Abs. 2 FamFG i.V.m. § 313 BGB nach den Grundsätzen über die Störung der Geschäftsgrundlage. Dies gilt unabhängig davon, ob der Titulierung eine vorangegangene Einigung zwischen dem Antragsteller und dem Antragsgegner zu Grunde lag oder es sich um eine einseitige Titulierung durch den Antragsteller handelte. Denn im zuletzt genannten Fall hat der Antragsgegner - wie sich aus seiner Forderungsaufstellung ergibt - die Höhe des titulierten Unterhaltsbetrages nie infrage gestellt und damit unzweideutig zu erkennen gegeben, diesen als vertragliche Festlegung des gesamten gesetzlichen Unterhaltsanspruchs akzeptieren zu wollen (BGH FamRZ 2017, 370, juris Rn. 24).

b) Für den Zeitraum vom 01.11.2015 bis 30.06.2016 hat der Antragsteller eine wesentliche Änderung derjenigen Umstände, die der Jugendamtsurkunde zu Grunde lagen, nicht hinreichend dargelegt.

Zwar erreichen die seit Juni 2015 t...

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