Verfahrensgang

AG Dortmund (Entscheidung vom 19.10.2005; Aktenzeichen 174 F 2531/03)

 

Gründe

I.

Die Kindeseltern schlossen am 16. 12. 1998 die Ehe miteinander, aus der die beiden oben genannten Töchter hervorgegangen sind. Seit etwa Februar 2003 leben die Ehegatten getrennt voneinander; die Kinder leben bei der Mutter.

Beide Ehegatten besaßen ursprünglich die türkische Staatsbürgerschaft; die in Deutschland geborene Kindesmutter wurde einige Zeit nach der Eheschließung eingebürgert. Die danach geborene Tochter T2 besitzt deshalb seit ihrer Geburt die deutsche Staatsbürgerschaft; die ältere Schwester T ist Türkin.

Im Rahmen des vorliegenden Verbundverfahrens hat die Kindesmutter zunächst

- zusammen mit dem Scheidungsantrag - einen Antrag auf Übertragung des alleinigen Aufenthaltsbestimmungsrechts auf sie gestellt; hiermit war der Kindesvater zunächst einverstanden. Später hat sie ergänzend die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge für T beantragt, soweit es um den Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft gehe. Im Termin vom 25. 4. 2005 hat die Kindesmutter die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge auf sie beantragt. In der mündlichen Verhandlung vom 28. 9. 2005 hat sie sich auf ihre anfänglichen Anträge beschränkt und gemeinsam mit dem Kindesvater erklärt, man sei sich über den Kernbereich der elterlichen Sorge völlig einig und streite nur darum, ob T vor der Volljährigkeit bereits die deutsche Staatsangehörigkeit erwerben solle.

Der Kindesvater hat gemeint, es sei für das Kind besser, wenn es bei Eintritt der Volljährigkeit selbst über die Staatsangehörigkeit entscheiden könne. Er hat zudem - ohne den Aufenthalt der Kinder bei der Mutter in Frage zu stellen - Bedenken gegen die Erziehungsfähigkeit der Kindesmutter geäußert, weil ihm die älteste Tochter von Misshandlungen erzählt habe.

Das Jugendamt hat keine Hinweise auf Misshandlungen festgestellt und durchgehend die Auffassung vertreten, eine für die Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge ausreichende Kommunikation zwischen den Eltern sei nicht möglich; es hat sich deshalb für die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge auf die Kindesmutter ausgesprochen.

Das Amtsgericht hat es im Rahmen des Verbundurteils bei der gemeinsamen elterlichen Sorge belassen und zur Begründung ausgeführt, eine Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf die Kindesmutter sei nicht erforderlich, weil man sich über den Lebensmittelpunkt der Kinder einig sei. Eine Regelung zum Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft durch die Tochter T diene nicht dem Kindeswohl. Der Kampf um die Staatsangehörigkeit entspreche weder dem Wohl noch dem Interesse des Kindes.

Mit ihrer hiergegen eingelegten Beschwerde will die Kindesmutter nunmehr die Übertragung des alleinigen Sorgerechts auf sie erreichen. Sie rügt, dass sich das Amtsgericht über die Empfehlung des Jugendamtes hinweg gesetzt habe, und verweist auf wiederholte Misshandlungen, die ihr der Kindesvater zugefügt habe. Dieser könne sein emotionales Verhalten nicht kontrollieren und habe im vorliegenden Verfahren wiederholt wahrheitswidrige Vorwürfe gegen sie erhoben. Noch immer unterstelle er ein strafrechtlich relevantes Verhalten der Kindesmutter; schon deshalb ergebe sich für diese keine Basis mehr, um noch mit ihm zu kommunizieren. Zudem verweigere er aus Geltungsbedürfnis und falsch verstandenem Nationalismus die Einbürgerung der ältesten Tochter. Vereinbarungen zum Umgangsrecht halte er nicht ein, sondern komme oft ohne Absprache, um die älteste Tochter abzuholen, während er mit der jüngeren Tochter sehr viel weniger unternehme. In schulischen Angelegenheiten habe es gleichfalls keine Zusammenarbeit gegeben; an einem Elternsprechtag habe der Kindesvater erstmals im November 2005 teilgenommen.

Der Kindesvater ist mit der Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf die Kindesmutter einverstanden; im Übrigen verteidigt er die angefochtene Entscheidung.

II.

Die Beschwerde der Kindesmutter hat nur teilweise Erfolg.

1.

Das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die gemeinsamen Kinder der Parteien ist gem. § 1671 Abs. 2 Nr. 1 BGB auf die Kindesmutter zu übertragen, denn der Kindesvater hat dem Antrag der Kindesmutter insoweit zugestimmt.

2.

Darüber hinaus hält es der Senat im Interesse des Kindeswohls für geboten, die Befugnis zur Regelung der Staatsangehörigkeit der gemeinsamen Tochter T auf die Kindesmutter zu übertragen, während die Voraussetzungen für eine Übertragung der gesamten elterlichen Sorge auf die Kindesmutter nicht vorliegen.

a)

Ob der Antrag der Kindesmutter, soweit er über die erstinstanzlichen Schlussanträge hinausgeht, im Hinblick auf § 623 Abs. 4 ZPO überhaupt zulässig ist, kann dahinstehen, denn insoweit ist der Antrag jedenfalls unbegründet.

aa)

Gem. § 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB ist dem Antrag eines Elternteils auf Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge stattzugeben, wenn zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge und die Übertragung auf die Kindesmutter dem Kindeswohl am besten entspric...

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