Entscheidungsstichwort (Thema)

Verlust des Kindesunterhaltsanspruchs bei zweimaligem Ausbildungsabbruch. Kindesunterhalt

 

Leitsatz (redaktionell)

Das Kind verliert seinen Unterhaltsanspruch aus § 1610 Abs. 2 BGB, wenn es seine Ausbildung nicht planvoll und zielstrebig durchführt.

 

Normenkette

BGB §§ 242, 1610 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Gronau (Westfalen) (Beschluss vom 10.05.2004; Aktenzeichen 13 F 1/04)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers vom 1.6.2004 gegen den Beschluss des AG - FamG - Gronau vom 10.5.2004 i.d.F. der Nichtabhilfeentscheidung des AG vom 11.6.2004 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Der 1984 geborene Antragsteller hat im Jahr 2000 den Hauptschulabschluss erworben. Anschließend hat er bis Mitte 2002 ohne weiteren qualifizierten Abschluss die Fachoberschule in A. besucht, zunächst bis Mitte 2001 im Rahmen einer an sich auf 2 Jahre angelegten Ausbildung im Fachbereich Metall, anschließend im Rahmen einer gleichfalls auf 2 Jahre angelegten Ausbildung im Fachbereich Holz. Von August 2002 bis März 2003 schloss sich der Besuch des Berufstechnologiezentrums N., einer Einrichtung zur Berufsorientierung, an. Auch diese Maßnahme brach der Antragsteller vorzeitig ab. Seit Mitte 2003 besucht der Antragsteller mit dem Ziel des Erwerbs der mittleren Reife das D. Kolleg in G.

Mit seiner beabsichtigten Klage, für deren Erhebung er die Bewilligung von PKH begehrt, will der Antragsteller die Antragsgegnerin, seine Mutter, auf Kindesunterhalt in Anspruch nehmen.

Das AG hat den Prozesskostenhilfeantrag wegen fehlender Erfolgsaussichten der beabsichtigten Klage zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dem Antragsteller stehe gegen die Antragsgegnerin kein Unterhaltsanspruch mehr zu, da er sich in der Vergangenheit nicht ausreichend zielgerichtet und ohne von ihm zu vertretende Verzögerungen um den Erwerb einer qualifizierten Berufsausbildung bemüht habe.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers, der das AG nicht abgeholfen hat.

Die nach § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das AG hat dem Antragsteller zu Recht und aus zutreffenden Erwägungen die nachgesuchte PKH wegen fehlender Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung versagt, § 114 ZPO. Die Ausführungen der Beschwerde rechtfertigen keine abweichende, dem Antragsteller günstigere Beurteilung.

Gemäß § 1602 Abs. 1 BGB ist unterhaltsberechtigt nur, wer außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. Ein volljähriges Kind - wie der Antragsteller im hier interessierenden Zeitraum ab Oktober 2003 - muss für seinen Lebensbedarf grundsätzlich selbst durch eigene Erwerbstätigkeit aufkommen, sofern nicht nach § 1610 Abs. 2 BGB Ausbildungsunterhalt geschuldet wird. Diesen schuldet die Antragsgegnerin dem Antragsteller indessen nicht.

1. Nach gefestigter Rechtsprechung (vgl. nur BGH v. 4.3.1998 - XII ZR 173/96, MDR 1998, 600 = FamRZ 1998, 671 f.; OLG Naumburg, OLGReport Naumburg 2001, 124) ist der aus § 1610 Abs. 2 BGB folgende Anspruch des Kindes auf Finanzierung eines angemessenen, seinen Begabungen, Neigungen und seinem Leistungswillen entsprechenden Berufsausbildung vom Gegenseitigkeitsprinzip geprägt. Der Verpflichtung des Unterhaltsschuldners, dem Unterhaltsberechtigten eine angemessene, seinen Fähigkeiten und Neigungen entsprechende Berufsausbildung zu ermöglichen, steht auf dessen Seite die Obliegenheit gegenüber, die Ausbildung unverzüglich aufzunehmen und mit Fleiß sowie der gebotenen Zielstrebigkeit in angemessener und üblicher Zeit zu beenden. Unterhaltsleistungen nach § 1610 Abs. 2 BGB sind zweckgebunden und werden nur insoweit geschuldet, als sie für eine angemessene Vorbildung zu einem Beruf erforderlich sind. Zwar muss der Verpflichtete nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) Verzögerungen der Ausbildungszeit hinnehmen, die auf ein vorübergehendes, leichtes Versagen des Unterhaltsberechtigten zurückzuführen sind. Verletzt dieser aber nachhaltig seine Obliegenheit, seine Ausbildung planvoll und zielstrebig aufzunehmen und durchzuführen, büßt er seinen Unterhaltsanspruch ein und muss sich darauf verweisen lassen, seinen Lebensunterhalt durch eigene Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen (BGH v. 4.3.1998 - XII ZR 173/96, MDR 1998, 600 = FamRZ 1998, 671 f., m.w.N.).

2. Dass er seine Schul- und Berufsausbildung in der Vergangenheit den dargelegten Anforderungen entsprechend angemessen engagiert und insb. zielgerichtet betrieben hat, legt der Antragsteller auch mit der Beschwerde nicht dar. Selbst wenn man zu seinen Gunsten davon ausgeht, dass die Antragsgegnerin seine Unentschlossenheit in Bezug auf den weiteren Gang seiner schulischen und beruflichen Ausbildung bis zum Eintritt seiner Volljährigkeit noch toleriert und durch fortdauernde Unterhaltsleistungen mit getragen hat, war von dem Antragsteller doch jedenfalls zu erwarten, dass er die im August 2002 aufgenommene Maßnahme zur beruflichen Orientierung nutzte, um konkrete Vorstellungen über seine berufliche Zukunft zu entwickeln und diese dann auch mit der gebotenen Stringenz zu...

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