3.2.1.1 Grundsätzliches

 

Rz. 298

Da dem Arbeitnehmer das Entgelt zu zahlen ist, das ihm für seine individuelle Arbeitszeit an dem gesetzlichen Feiertag gezahlt worden wäre, ist die Arbeitszeit maßgeblich, die für den Arbeitnehmer gegolten hätte, wenn der betreffende Tag kein Feiertag gewesen wäre (BAG, Urteil v. 8.12.2010, 5 AZR 667/09). Unter Arbeit versteht man jede Tätigkeit, die der Befriedigung eines fremden Bedürfnisses dient (BAG, Urteil v. 5.4.1962, 4 AZR 213/61; BAG, Urteil v. 11.10.2000, 5 AZR 122/99). Arbeitszeit ist die für die Arbeit vorgesehene oder festgelegte Zeitspanne.[1] Dem entspricht auch die arbeitsschutzrechtliche Arbeitszeitdefinition in § 2 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz ArbZG, wonach Arbeitszeit i. S. d. ArbZG die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen ist (BAG, Urteil v. 16.1.2002, 6 AZR 303/00). Wie in § 4 Abs. 1 EFZG richtet sich die individuelle Arbeitszeit zunächst nach dem Arbeitsvertrag des betroffenen Arbeitnehmers, kann sich aber auch aus Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder betrieblicher Übung ergeben. Unproblematisch ist die Ermittlung der Arbeitszeit, wenn sie individual- oder kollektivrechtlich feststeht und gleichbleibend ist.

 

Rz. 30

Wird Teilzeitarbeit mit unterschiedlicher Verteilung auf die Wochentage geleistet (der Arbeitnehmer arbeitet z. B. Montag, Donnerstag und Freitag), hat er einen Anspruch auf Feiertagsvergütung, wenn der gesetzliche Feiertag auf diese Tage fällt. Kein Anspruch besteht dagegen, wenn im genannten Beispiel am Dienstag oder Mittwoch Feiertag ist. Nichts anderes gilt, wenn die infolge des gesetzlichen Feiertags ausgefallene Arbeitszeit nach- oder vorgearbeitet werden muss.[2]

 

Rz. 31

Bei Arbeitsplatzteilung gilt:

 
Praxis-Beispiel

A arbeitet am Montag 8 Stunden, B am Dienstag 8 Stunden. Am Mittwoch arbeitet A am Vormittag 4 Stunden, B am Nachmittag ebenfalls 4 Stunden.

Fällt der gesetzliche Feiertag auf Montag, hat nur A, fällt er auf Dienstag, nur B einen Feiertagsvergütungsanspruch. Fällt der gesetzliche Feiertag auf Mittwoch, hat jeder für 4 Stunden einen Feiertagsvergütungsanspruch. Fällt der Feiertag auf Donnerstag oder Freitag, besteht kein Anspruch.[3]

Wird im Betrieb in Gleitzeit gearbeitet und darüber ein Zeitkonto geführt, ist der Arbeitgeber nicht berechtigt, im Zeitkonto bei feiertagsbedingtem Arbeitsausfall eine Negativbuchung vorzunehmen, um das Zeitguthaben zu kürzen, wenn das Zeitkonto nur in anderer Form den Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers ausdrückt (BAG, Urteil v. 14.8.2002, 5 AZR 417/01).

Schwierigkeiten in der Praxis können bei Freischichten, Überstunden, Schichtarbeit, die nur teilweise in einen gesetzlichen Feiertag fällt, kapazitätsorientierter Arbeitszeit und Kurzarbeit entstehen.

[1] Schmitt/Küfner-Schmitt, EFZG, 8. Aufl. 2018, § 2 EFZG, Rz. 65; HzA, Vossen, Gruppe 2, Rz. 816.
[2] Schmitt/Küfner-Schmitt, EFZG, 8. Aufl. 2018, § 2 EFZG, Rz. 77 f.; ErfK/Reinhard, 21. Aufl. 2021, § 2 EFZG, Rz. 15.
[3] Schmitt/Küfner-Schmitt, EFZG, 8. Aufl. 2018, § 2 EFZG, Rz. 79.

3.2.1.2 Freischichten, rollierendes System

 

Rz. 32

Freischichten gleichen Unterschiede zwischen der individuellen Arbeitszeit und den Betriebsnutzungszeiten aus.

 
Praxis-Beispiel

Bei der X-GmbH gilt eine tarifliche regelmäßige Arbeitszeit von 36 Stunden/Woche. Aufgrund einer tarifvertraglichen Öffnungsklausel regelt eine Betriebsvereinbarung, dass die Arbeitnehmer statt 7,42 Stunden an 5 Arbeitstagen in der Woche jeweils 8 Stunden arbeiten und dafür nach entsprechender Zeit einen freien Tag als Ausgleich erhalten.

Hätte der Arbeitnehmer an einem gesetzlichen Feiertag aufgrund eines solchen Freischichtenmodells ohne die Feiertagsruhe 8 Stunden arbeiten müssen, hat er einen Anspruch auf Feiertagsvergütung für 8 Stunden (BAG, Urteil v. 2.12.1987, 5 AZR 602/86; BAG, Urteil v. 2.12.1987, 5 AZR 652/86[1]).

War allerdings für den wegen des gesetzlichen Feiertags ausgefallenen Arbeitstag eine Freischicht vorgesehen, ist der Feiertag nicht mehr alleinige Ursache für den Arbeitsausfall, weshalb ein Anspruch auf Feiertagsvergütung nicht besteht. Es fehlt die monokausale Verknüpfung zwischen dem Arbeitsausfall und dem gesetzlichen Feiertag (BAG, Urteil v. 24.9.2015, 6 AZR 510/14[2]). Schließlich hätte der Arbeitnehmer an diesem Tag, wenn kein Feiertag gewesen wäre, nicht gearbeitet.

Entsprechend ist bei Arbeit im rollierenden System vorzugehen.

[1] Schmitt/Küfner-Schmitt, EFZG, 8. Aufl. 2018, § 2 EFZG, Rz. 70; Kaiser/Dunkl/Hold/Kleinsorge, § 2 EFZG, Rz. 27; HzA, Vossen, Gruppe 2, Rz. 817; a. A. Buchner, BB 1988 S. 1245.
[2] NZA-RR 2016, 45 ff.; BAG, Urteil v. 27.3.2014, 6 AZR 621/12, NZA-RR 2014, 500 ff.; Schmitt/Küfner-Schmitt, EFZG, 8. Aufl. 2018, § 2 EFZG, Rz. 72 ff.; HzA, Vossen, Gruppe 2, Rz. 817.

3.2.1.3 Überstunden und Mehrarbeit

 

Rz. 33

Überstunden sind bei der Bemessung der Feiertagsvergütung als individuelle Arbeitszeit zu berücksichtigen, wenn sie der Arbeitnehmer ohne den gesetzlichen Feiertag hätte leisten müssen (BAG, Urteil v. 26.3.1985, 3 AZR 239/83[1]). § 4 Abs. 1a EFZG findet keine Anwendung.[2]

Dabei ist die regelmäßige Ableistung von Überstunden in der Verg...

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