Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch des Hilfebedürftigen auf Leistungen zur Beseitigung von Unwetterschäden als Zuschussleistung nach § 22 SGB 2

 

Orientierungssatz

1. Leistungen zur Beseitigung von Unwetterschäden als Zuschussleistung zählen zu den Leistungen des Grundsicherungsträgers für die Unterkunft nach § 22 SGB 2.

2. Hat der Hilfebedürftige zeitgleich einen Antrag auf Darlehensleistungen zur Beseitigung der Unwetterschäden gestellt, so lässt dieser ein rechtlich schützenswertes Interesse des Leistungsberechtigten an Zuschussleistungen nicht entfallen. Die Darlehensleistung stellt ein aliud zu der im SGB 2 üblicherweise erfolgenden Leistungsgewährung mittels verlorenem Zuschuss dar.

3. Ist innerhalb der sechsmonatigen Sperrfrist des § 88 SGG eine rechtswirksame Entscheidung über den gestellten Antrag auf Zuschussleistungen nicht ergangen, so ist die erhobene Untätigkeitsklage zulässig und begründet, wenn ein zureichender Grund für die Nichtbescheidung nicht vorliegt.

 

Tenor

Das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 29. Oktober 2014 wird geändert und der Beklagte verpflichtet, den Antrag der Kläger vom 12. September 2011 auf Übernahme der Kosten zur Beseitigung der Hagelschäden vom 11. September 2011 zu bescheiden.

Der Beklagte hat den Klägern 1/3 der notwendigen außergerichtlichen Kosten für beide Rechtszüge zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II); es geht um Zuschussleistungen für die Kosten der Beseitigung von Unwetterschäden am Einfamilienhaus der Kläger.

Der 1955 geborene Kläger und die 1959 geborene Klägerin sind miteinander verheiratet und beziehen seit mehreren Jahren als Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft von dem Beklagten SGB II-Leistungen. Sie bewohnen ein Eigenheim mit einer Wohnfläche von 97 m² in Z ...

Mit Bescheid vom 14. Juni 2011 bewilligte der Beklagte für den Zeitraum von Juli bis Dezember 2011 monatliche Gesamtleistungen von 777,88 EUR. Neben der Regelleistung (je 328 EUR) berücksichtige er Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) von monatlich insgesamt 121,88 EUR (60,94 EUR pro Person).

Am 23. Juni 2011 beantragten die Kläger die Finanzierung von Erhaltungsaufwendungen am Eigenheim für einen Anstrich der Türen und Tore sowie eine Ausbesserung des straßenseitigen Haussockels und legten Kostenvoranschläge vor. Mit Bescheid vom 20. Juli 2011 bewilligte der Beklagte weitere KdU-Leistungen von 181,12 EUR sowie nach einem Antrag der Kläger auf Gewährung von Leistungen für einen zweiten Anstrich der Türen nochmals 100 EUR.

Beim Hausbesuch anlässlich des Toranstrichs am 11. Juli 2011 stellte ein Mitarbeiter des Landkreises A., Amt für Hochbau, Tiefbau und Gebäudemanagement, fest, die im Sockelbereich und im Mauerwerk des Hauses aufgetretenen Feuchteschäden seien von einer nicht fachgerechten Isolierung des aufsteigenden Mauerwerks (horizontale und vertikale Sperren), einer nicht fachgerechte Ausführung der Verklinkerung, dem Einsatz minderwertiger Steine oder einer falschen Abdeckung des Sockels zum weiterführenden Mauerwerk verursacht. Zur Abhilfe sei eine grundhafte Instandsetzung erforderlich.

Daraufhin beantragten die Kläger die Übernahme von Erhaltungsaufwendungen für die "Trockenlegung des Hofes", weil die unzureichende Entwässerung Ursache für die Auswaschungen im Sockelbereich der Außenfassade und die Feuchtigkeitsschäden im Mauerwerk sei.

Mit Schreiben vom 29. August 2011 wies der Beklagte darauf hin, im Rahmen der KdU könnten auch Instandhaltungsarbeiten am selbst genutzten Eigenheim anerkannt werden, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie in den darauffolgenden 11 Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen seien. Darüber hinausgehende unabweisbare Aufwendungen könnten nur mittels Darlehensleistungen finanziert werden. Für den Zweipersonenhaushalt der Kläger seien eine Wohnfläche 60 m² und kalte Betriebskosten von 336 EUR monatlich angemessen. Bei den Betriebskosten der Kläger von monatlich 55,97 EUR ergebe sich ein möglicher Jahresbetrag von 3.360,36 EUR (12 x 280,03 EUR) für Instandhaltungsmaßnahmen, von dem die Kläger bereits 281,12 EUR in Anspruch genommen hätten. Nach Vorlage der Rechnung der beauftragten Firma für die Hofsanierung (4.832,67 EUR) gewährte der Beklagte am 10. Februar 2012 einen Zuschuss von 3.080 EUR und ein Darlehen über 1.581,31 EUR, das ab März 2012 in (158) monatlichen Raten in von 10 EUR zu tilgen sei.

Am 11. September 2011 traten nach einem Unwetter am Eigenheim der Kläger Hagelschäden auf. Mit Schreiben vom 12. September 2011 beantragten sie beim Beklagten die Übernahme der Kosten für die Beseitigung der Hagelschäden. Ein am 13. September 2011 durchgeführter Hausbesuch ergab: Am Dach des Wohnhauses seien nur geringe Schäden zu verzeichnen. Die Lüftungshaube sei defekt, im Aufgangsbereich gebe es zwei weitere kleine Schäden und die Verdunklungen der vier Dachfenster seien ver...

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