Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirtschaftliche Tragfähigkeit der geplanten selbständigen Tätigkeit als Tatbestandsvoraussetzung der beantragten Eingliederungsleistung

 

Orientierungssatz

1. Leistungen zur Eingliederung eines erwerbsfähigen Hilfebedürftigen können nach § 16 c Abs. 1 SGB 2 nur gewährt werden, wenn zu erwarten ist, dass die selbständige Tätigkeit wirtschaftlich tragfähig ist und die Hilfebedürftigkeit durch diese innerhalb eines angemessenen Zeitraumes dauerhaft überwunden wird.

2. Hierzu muss das beabsichtigte Vorhaben realisierbar sein. Sind unter Berücksichtigung des vorhandenen Eigenkapitals die Kosten der Existenzgründung mit der begehrten Förderung nicht vollständig abgedeckt und besteht infolgedessen eine Finanzierungslücke, so ist nicht zu erwarten, dass die geplante selbständige Tätigkeit wirtschaftlich tragfähig ist.

3. Bei fehlenden Tatbestandsvoraussetzungen des § 16 c Abs. 1 SGB 2 ist dem Grundsicherungsträger die Möglichkeit für eine Ermessensentscheidung über den Förderantrag nicht eröffnet.

 

Tenor

Die Beschwerden gegen die Beschlüsse des Sozialgerichts Magdeburg vom 26. April 2010 im einstweiligen Rechtsschutz- und im Prozesskostenhilfeverfahren werden zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren L 5 AS 232/10 B ER wird abgelehnt.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller und Beschwerdeführer begehrt im einstweiligen Rechtsschutz die Gewährung eines Zuschusses iHv 1.000 EUR und eines Darlehens iHv 5.000 EUR als Leistung zur Eingliederung von Selbständigen gemäß § 16c Abs. 2 Zweites Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II). Er wendet sich gegen die Ablehnung seiner Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) durch das Sozialgerichts Magdeburg (SG).

Der 1960 geborene Antragsteller bezieht seit dem Ende seines Anspruchs auf Arbeitslosengeld I nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung (SGB III) im Dezember 2009 vom Antragsgegner Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II. Mit Bewilligungsbescheid vom 27. November 2009 wurden ihm u.a. für Januar bis einschließlich April 2010 monatliche Leistungen iHv 671,98 EUR gewährt. Darin enthalten war ein befristeter Zuschlag nach 24 SGB II iHv 160 EUR.

Am 12. November 2009 stellte er sich bei der Arbeitsvermittlung des Antragsgegners vor. Nach dem hierüber erstellten Vermerk konnte der Antragsteller seine langjährige Tätigkeit als Berufskraftfahrer aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen nicht weiter ausüben. Es handele sich um einen "Reha-Fall". Er sei wegen denkbarer Eingliederungsleistungen an den zuständigen Rentenversicherungsträger als Kostenträger verwiesen worden. Mit Bescheid vom 9. Dezember 2009 stellte die Deutsche Rentenversicherung M. (DRV) dem Antragsteller "Leistungen zur Erlangung eines Arbeitsplatzes als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben in Aussicht". Sie sei für bis zum 31. Dezember 2011 vorgelegte Vermittlungsvorschläge grundsätzlich bereit, einen Eingliederungszuschuss an den Arbeitgeber zu leisten. Diese Entscheidung war der Arbeitsvermittlung des Antragsgegners nach dem Aktenvermerk vom 23. Dezember 2009 bekannt.

Am 14. Januar 2010 beantragte der Antragsteller bei der Arbeitsvermittlung des Antragsgegners mündlich Leistungen zur Eingliederung von Selbständigen. Er plane die Selbständigkeit im Fensterbau. Der Antragsgegner gab ein Antragsformular aus und wies darauf hin, dass ein Darlehen oder Zuschuss von bis zu 2.500 EUR erbracht werden könnten, wenn der Antragsteller sich durch Eigenmittel an der Finanzierung beteilige. Zur Entscheidung über den Antrag müssten Geschäftsplan, Kapitalbedarfs- und Finanzierungsübersicht, Kreditabsage der Sparkasse, Tragfähigkeitsbescheinigung, Rentabilitätsvorschau und Gewerbeanmeldung vorgelegt werden.

Unter dem 19. Januar 2010 füllte der Antragsteller das Antragsformular auf Leistungen nach § 16c SGB II aus und beantragte eine Fördersumme von insgesamt 7.942,13 EUR als Zuschuss und Darlehen. Er beabsichtige, ab 1. März 2010 in O ... und Umgebung als Monteur von Bauelementen, Fenster und Türen selbständig hauptberuflich tätig zu sein. Am 16. Februar 2010 gab er die meisten der o.g. Unterlagen ab. Dabei erklärte der Antragsgegner, es könnten ein Darlehen iHv 5.000 EUR und ein Zuschuss iHv 1.000 EUR gewährt werden. Die Zuschussgewährung sei abhängig davon, dass sich der Antragsteller durch Eigenmittel in derselben Höhe an der Finanzierung beteilige. Gewerbeanmeldung und Finanzierungsnachweis müssten noch vorgelegt werden.

Nach einen am 2. März 2010 gefertigten Vermerk wies der Antragsteller den Antragsteller darauf hin, dass er - der Antragsgegner - für eine Leistungsgewährung nicht zuständig sei, da "ein Reha-Fall und in Trägerschaft der gesetzlichen Rentenversicherung" vorliege. Da die DRV Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben bewilligt habe, sei nach § 22 Abs. 2 SGB III die Gewährung von Leistungen nach § 16c SGB II nich...

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