Entscheidungsstichwort (Thema)

Rentenversicherung. Befreiung von der Versicherungspflicht eines Bauingenieurs. Arbeitgeberwechsel. Rechtsänderung. Fortgeltung des früheren Formbefreiungsbescheides der BfA. Erfordernis der Aufhebung nach § 48 SGB 10. - siehe dazu anhängiges Verfahren beim BSG: B 5 RE 1/18 R

 

Orientierungssatz

Zur Fortgeltung der Regelungswirkung eines Formbefreiungsbescheides der früheren BfA bei Arbeitgeberwechsel oder Rechtsänderung, der Umfang bzw Dauer der Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nicht in Bezug zu einem -zumindest bestimmbaren, konkreten (Einzel-)Beschäftigungsverhältnis gesetzt hat, sondern vielmehr (allgemeiner) angeordnet hat, dass die Befreiung für die Dauer der Pflichtmitgliedschaft und einer daran anschließenden freiwilligen Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung unter Beibehaltung der Mitgliedschaft in der jeweiligen Berufskammer verbindlich gilt, soweit Versorgungsabgaben in gleicher Höhe geleistet werden, wie ohne die Befreiung Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu zahlen wären und der ausführt, dass ein Ende der Versicherungspflicht erst mit Aufhebung nach § 48 SGB 10 eintritt (Abweichung von BSG vom 22.10.1998 - B 5/4 RA 80/97 R = BSGE 83, 74 = SozR 3-2600 § 56 Nr 12, RdNr 22 und vom 31.10.2012 - B 12 R 5/10 R = SozR 4-2600 § 231 Nr 5, RdNr 37).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 13.12.2018; Aktenzeichen B 5 RE 1/18 R)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 14.10.2015 aufgehoben.

Es wird festgestellt, dass der Kläger aufgrund des Bescheides der Bundes- Versicherungsanstalt für Angestellte vom 26.03.1996 ab dem 14.09.2010 weiterhin von der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist.

2. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Befreiung von der Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) für die Zeit seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 2. ab dem 14.09.2010.

Der 1966 geborene Kläger ist Diplom-Bauingenieur. Er arbeitete vom 01.11.1993 bis Juni 1996 im Ingenieurbüro P. In der Zeit vom 04.12.1995 bis zum 31.05.1997 war er freiwilliges Mitglied der Ingenieurkammer Bau in NRW. Diese Mitgliedschaft endete mit dem 31.05.1997. Für die Zeit vom 04.12.1995 bis zum 31.05.1997 war er Pflichtmitglied im Versorgungswerk der A NRW (Bei- geladene zu 1). Die Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk entstand zum damaligen Zeitpunkt automatisch mit dem Erwerb der Zugehörigkeit zur Ingenieurkammer Bau Nordrhein-Westfalen. Sie knüpfte ausschließlich an die Eintragung in der Kammerliste an und war unabhängig davon, ob eine freiwillige oder pflichtige Mitgliedschaft bei der Ingenieurkammer bestand. Seit dem 01.06.1997 ist der Kläger freiwilliges Mitglied der Beigeladenen zu 1.

Auf Antrag des Klägers vom 01.11.1995, eingegangen am 27.11.1995, befreite die Beklagte mit Bescheid vom 26.03.1996 den Kläger von der Versicherungspflicht zur Rentenversicherung der Angestellten ab dem 04.12.1995 (Beginn der Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung der Architektenkammer). Der Bescheid enthielt den Hinweis, dass die Befreiung grundsätzlich auf die jeweilige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit beschränkt ist und bei Wegfall der Befreiungsvoraussetzungen die Befreiung zu widerrufen ist. Der formularmäßig gehaltene Bescheid lautete wie folgt:

Auf ihren Antrag werden sie von der Versicherungspflicht zur Rentenversicherung der Angestellten befreit.

Beginn der Befreiung: 4. Dezember 1995

Weiter wurde ausgeführt, dass die Befreiung erst “ab Beginn der Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung„ (= angekreuzte Alternative) wirke. Der alsdann folgende Text lautete im Wortlaut wie folgt: “Die Befreiung gilt für die Dauer der Pflichtmitgliedschaft und einer daran anschließenden freiwilligen Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung unter Beibehaltung der Mitgliedschaft in der jeweiligen Berufskammer, soweit Versorgungsabgaben gleicher Höhe geleistet werden, wie ohne die Befreiung Beiträge zur Rentenversicherung der Angestellten zu zahlen wären. Sie ist grundsätzlich auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt. Die Befreiung erstreckt sich auch auf andere versicherungs- pflichtige Beschäftigungen oder Tätigkeiten, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt sind und insoweit satzungsgemäß einkommensbezogene Beiträge zur Versorgungseinrichtung gezahlt werden.„

Nach der alsdann folgenden Rechtsbehelfsbelehrung lautete der Text wie folgt:

“Die BfA hat bei Wegfall der Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI die Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 48 Abs. 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch zu widerrufen. Sie sind daher verpflichtet, der BfA die Umstände anzuzeigen, die zum Wegfall der Voraussetzungen für die Befreiung führen. Dies ist insbesondere de...

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