Nachgehend

BSG (Urteil vom 17.12.2013; Aktenzeichen B 1 KR 14/13 R)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 20.6.2012 aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin wegen der am 16.7.2008 vom MDK durchgeführten Abrechnungsprüfung der stationären Behandlung des Versicherten F R eine (weitere) Aufwandspauschale von 100,- € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.4.2011 zu zahlen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die klagende Krankenhausträgerin verlangt von der beklagten Krankenkasse eine zweite Aufwandspauschale, nachdem in einem Behandlungsfall eine zweite Abrechnungsprüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) durchgeführt worden war, die nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrags geführt hatte.

Die Klägerin ist Trägerin des nach § 108 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) zugelassenen W -Klinikums, in dem vom 11. bis 13.2.2008 der bei der Beklagten krankenversicherte F R (Versicherter) stationär behandelt wurde.

Nach Eingang der Rechnung des Krankenhauses bei der Beklagten am 12.3.2008 beauftragte die Beklagte am 28.3.2008 den MDK mit der Prüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung. Der MDK führte eine Einzelfallprüfung mit Begehung des Krankenhauses der Klägerin am 23.4.2008 durch und kam zu dem Ergebnis, dass die Notwendigkeit der stationären Behandlung und die Verweildauer im Krankenhaus medizinisch nachvollziehbar seien. Die Beklagte zahlte die hierauf von der Klägerin in Rechnung gestellte Aufwandspauschale nach § 275 Abs. 1c SGB V in Höhe von 100,- € am 9.6.2008. Am 4.6.2008 beauftragte die Beklagte erneut den MDK mit der Prüfung, ob während des stationären Aufenthalts des Versicherten tatsächlich eine Dialyse durchgeführt worden sei; diese sei im Vorgutachten nicht aufgeführt. Mit Schreiben vom 9.6.2008 zeigte der MDK dem Krankenhaus der Klägerin erneut eine Prüfung nach § 275 Abs. 1c SGB V an und führte am 16.7.2008 dort eine Begehung durch. In seinem Gutachten vom 16.7.2008 stellte der MDK fest, dass eine Hämodialyse durchgeführt worden sei. Mit Rechnung vom 24.7.2008 forderte die Klägerin von der Beklagten nochmals die Aufwandspauschale nach § 275 Abs. 1c SGB V, deren Bezahlung die Beklagte verweigerte. Die am 12.4.2011 erhobene Klage auf Zahlung der zweiten Aufwandspauschale hat das Sozialgericht Speyer mit Urteil vom 20.6.2012 abgewiesen und die Berufung zugelassen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der sich aus § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V ergebende Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf die Aufwandspauschale sei durch die Zahlung der Beklagten vom 9.6.2008 gemäß § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V in Verbindung mit § 362 Abs. 1 BGB erloschen. Bei der zweiten Begutachtung durch den MDK habe es sich nicht um eine weitere Prüfung im Sinne des § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V gehandelt. Der dort verwendete Begriff der "Prüfung" sei im umfassenden Sinn als ein auf die Krankenhausbehandlung bezogener, ggf. umfassender Prüfungsvorgang durch den MDK zu verstehen. Dafür spreche der Wortlaut des § 275 Abs. 1c SGB V, der den Begriff der "Prüfung" im Singular verwende. Die Prüftätigkeit umfasse die Erhebung von Sozialdaten beim Krankenhaus durch den Zugriff auf zusätzliche medizinische Unterlagen, insbesondere die Krankenbehandlungsakte oder Teile davon, sowie Angaben des Krankenhauses zur Beurteilung der Ordnungsmäßigkeit einer Abrechnung (Hinweis auf BSG 16.5.2012 - B 3 KR 14/11 R, juris Rn. 22). Der Begriff der Prüfung beziehe sich daher auf die als einheitlichen Vorgang zu verstehende Krankenhausbehandlung des Versicherten im Sinne des § 39 SGB V, nicht aber auf jeden einzelnen Prüfungsvorgang des MDK. Dies werde bestätigt durch die Begründung zum Entwurf des GKV-WSG (BT-Drs. 16/3200, Seite 171), in der es heiße: "Die Aufwandspauschale ist nach Satz 3 für alle diejenigen Krankenhausfälle zu zahlen, in denen die Einzelfallprüfung nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrages durch die Krankenkasse führt". Der mit der Aufwandspauschale verfolgte Zweck, einer ungezielten und übermäßigen Einleitung von Begutachtungen entgegenzuwirken (BT-Drs. 16/3100, Seite 171), rechtfertige keine andere Auslegung. Zwar habe die erneute Begutachtung durch den MDK bei dem Krankenhaus weiteren Aufwand verursacht. Andererseits müsse die Krankenkasse auch bei Sammelprüfungen gleich gelagerter Fälle für jede unbeanstandet gebliebene Abrechnung die Aufwandspauschale zahlen.

Hiergegen hat die Klägerin am 17.7.2012 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, die Beklagte habe die in § 275 Abs. 1c SGB V bestimmte Aufwandspauschale zweimal zu entrichten, da zwei Prüfungen vom MDK angezeigt und auch einschließlich zweier Begehungen im Krankenhaus der Klägerin durchgeführt worden seien. Bei der Klägerin sei durch Erfassung der jeweiligen Prüfaufträge im Controlling, die zweimalige Herbeischaffun...

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