Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirtschaftlichkeitsprüfung. Verordnungsregress. vierjährige Ausschlussfrist. hemmende Wirkung. Arzneimittel. Prüfung nach Durchschnittswerten

 

Orientierungssatz

1. Für Regresse wegen Verordnungen, die der Arzt nicht verordnen durfte, gilt eine vierjährige Ausschlussfrist (vgl BSG vom 5.5.2010 - B 6 KA 5/09 R = SozR 4-2500 § 106 Nr 28). Diese beginnt stets am Ende des geprüften Verordnungszeitraumes, dh in dem (Normal-)Fall, dass die Arzneimittelverordnungen eines Quartals auf ihre Sachgerechtigkeit und Wirtschaftlichkeit überprüft werden, unmittelbar nach Ablauf des Quartals, dem die Verordnung kostenmäßig zugeordnet ist (vgl BSG vom 18.9.2010 - B 6 KA 14/09 R = SozR 4-2500 § 106 Nr 29 mwN).

2. Dem Umstand, dass eine Wirtschaftlichkeitsprüfung aus rechtlichen Gründen - etwa wegen eines Streits zwischen Kassenärztlicher Vereinigung und Krankenkassenverbänden über die Prüfvereinbarung oder die anzuwendende Prüfmethode - nicht durchgeführt werden kann, ist unter bestimmten Voraussetzungen hemmende Wirkung beizumessen (vgl BSG vom 15.8.2012 - B 6 KA 27/11 R = SozR 4-2500 § 106 Nr 37 und BSG vom 15.8.2012 - B 6 KA 45/11 R = SozR 4-2500 § 106 Nr 36).

 

Normenkette

SGB V a.F. § 106 Abs. 2 Nr. 2

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 14.05.2014; Aktenzeichen B 6 KA 13/13 R)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 02.03.2011 geändert. Die Klage wird insgesamt abgewiesen. Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die vom Beklagten angeordnete Heilmittelregresse für die Quartale I/2003 bis IV/2003 in Höhe von 17.085,66 €.

Der Kläger nahm bis zum 30.09.2006 als Allgemeinmediziner an der vertragsärztlichen Versorgung im Bezirk der Beigeladenen zu 1 teil. Im streitgegenständlichen Zeitraum lag ein unterdurchschnittliches Behandlungsscheinaufkommen vor, der Rentneranteil war erhöht. Bei der Verordnung von Heilmitteln stellte sich der statistische Vergleich wie folgt dar:

I/2003

Versicherten-Gruppe

Veranlasste Physikalische Therapie

Arzt

€/Fall

Veranlasste Physikalische Therapie

Fachgruppe

€/Fall

Abweichung

%

Mitglieder

18,67 

 7,54 

+ 148 

Familienversicherte

6,44   

 3,72 

+ 73   

Rentner

46,31 

16,81 

+ 175 

Gesamt

27,71 

9,73   

+ 185 

Nach Gewichtung des Rentneranteils

10,61 

+ 161 

II/2003

Versicherten-Gruppe

Veranlasste Physikalische Therapie

Arzt

€/Fall

Veranlasste Physikalische Therapie

Fachgruppe

€/Fall

Abweichung

%

Mitglieder

15,19 

 7,33 

+ 107 

Familienversicherte

4,71   

 4,25 

+ 11   

Rentner

39,11 

16,18 

+ 142 

Gesamt

23,82 

9,88   

+ 141 

Nach Gewichtung des Rentneranteils

10,62 

+ 124 

III/2003

Versicherten-Gruppe

Veranlasste Physikalische Therapie

Arzt

€/Fall

Veranlasste Physikalische Therapie

Fachgruppe

€/Fall

Abweichung

%

Mitglieder

15,60 

 6,74 

+ 131 

Familienversicherte

5,13   

 3,67 

+  40 

Rentner

31,36 

15,28 

+ 105 

Gesamt

21,52 

9,23   

+ 133 

Nach Gewichtung des Rentneranteils

10,29 

+ 109 

IV/2003

Versicherten-Gruppe

Veranlasste Physikalische Therapie

Arzt

€/Fall

Veranlasste Physikalische Therapie

Fachgruppe

€/Fall

Abweichung

%

Mitglieder

15,60 

 6,85 

+ 128 

Familienversicherte

6,62   

 3,91 

 + 69 

Rentner

39,59 

14,76 

+ 168 

Gesamt

24,36 

 9,07 

+ 169 

Nach Gewichtung des Rentneranteils

 9,74 

+ 150 

Am 18.11.2004 beschlossen die Beigeladenen in einem Koordinierungsgespräch, dem Prüfungsausschuss der Gemeinsamen Prüfungseinrichtungen der Krankenkassen und der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz zu empfehlen, ein Wirtschaftlichkeitsprüfungsverfahren bezüglich der Heilmittelverordnungsweise des Klägers im Abrechnungsquartal I/2003 einzuleiten. Der Prüfungsausschuss kam dieser Empfehlung in seiner Sitzung vom 02.02.2005 nach und informierte den Kläger mit Schreiben vom 03.02.2005 über die Einleitung des Wirtschaftlichkeitsprüfungsverfahrens nach Durchschnittswerten, da die Heilmittelkosten bzw. die Abweichungen gegenüber den Werten der Fachgruppe in einem prüfrelevanten Bereich lägen. Vorrangig und jahresbezogen sei jedoch eine Richtgrößenprüfung durchzuführen, die nur dann eingeleitet werden könne, wenn die richtgrößenrelevanten Verordnungsdaten für das gesamte Jahr 2003 vorlägen. Bis dies im Fall des Klägers feststehe, werde die nunmehr eingeleitete Prüfung nach Durchschnittswerten ausgesetzt. Ungeachtet dessen bleibe es dem Kläger unbenommen, bereits jetzt eine schriftliche Stellungnahme abzugeben bzw. eventuell vorliegende Praxisbesonderheiten geltend zu machen. Mit weiterem Schreiben vom 03.02.2005 wurde der Kläger auch über die Wirtschaftlichkeitsprüfung bezüglich der Quartale 2/2003 bis IV/2003 informiert. Mit Prüfbescheid vom 02.04.2007 ordnete der Prüfungsausschuss einen Heilmittelkostenregress bezüglich der genannten Quartale an, soweit der Fachgruppendurchschnitt nach Gewichtung des Rentneranteils um 80 % überschri...

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