Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Begriff des Funktionstrainings. Höchstleistungsdauer bzgl. Kostenübernahme

 

Orientierungssatz

1. Zum Begriff des Funktionstrainings.

2. Selbst wenn eine eigenständige Durchführung von Übungen krankheitsbedingt nicht möglich ist, dürfen Heilmittel nach den Heilmittelrichtlinien jeweils nur bis zum Erreichen der im Heilmittelkatalog bestimmten Gesamtordnungsmenge verordnet werden. Wenn schon Heilmittel nur in begrenzter Menge verordnet werden dürfen, sprechen der Zweck der Regelung und die Gesetzessystematik dafür, dass der Anspruch auf Funktionstraining grundsätzlich auf eine dem Zweck des Trainings entsprechende Höchstdauer beschränkt ist.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 17.06.2008; Aktenzeichen B 1 KR 31/07 R)

 

Tenor

1.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 14.12.2006 wird zurückgewiesen.

2.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

3.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten in Höhe von 260,00 € für ärztlich verordnetes Funktionstraining in der Zeit vom 01.04.2005 bis 31.03.2006.

Die 1935 geborene Klägerin ist bei der Beklagten krankenversichert. Auf Grund einer rheumatoiden Arthritis bestehen bei ihr eine schmerzhaft eingeschränkte Beweglichkeit beider Schultern sowie der Fingergelenke mit Schwellneigung und zunehmender Bewegungseinschränkung. Zu Lasten der Beklagten nahm sie seit Juni 1994 an einem von der Deutschen Rheuma Liga veranstalteten Funktionstraining teil, zuletzt durchgehend ab 01.01.2002 auf Grund einer von der Beklagten bis zum 31.03.2005 befristeten Kostenübernahme.

Am 28.01.2005 verordnete die Hausärztin Dr D-C der Klägerin für zwölf Monate erneut Funktionstraining in Form von Wassergymnastik zweimal wöchentlich ab 01.04.2005. Die Beklagte lehnte die Kostenübernahme hierfür mit Bescheid vom 13.05.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.07.2005 ab, weil nach der seit 01.10.2003 gültigen neuen Rahmenvereinbarung über den Rehabilitationssport und das Funktionstraining der Leistungsumfang auch bei schweren Funktionseinschränkungen grundsätzlich maximal vierundzwanzig Monate betrage; eine längere Leistungsdauer sei danach nur möglich, wenn die Motivation zur langfristigen Durchführung des Übungsprogramms in Eigenverantwortung krankheits-/behinderungsbedingt nicht oder noch nicht gegeben ist und eine Bescheinigung von einem Arzt mit Zusatzausbildung in psychosomatischer Grundversorgung, einem Arzt mit der Gebietsbezeichnung Physikalische und Rehabilitative Medizin oder einem Arzt aus dem neurologisch/psychiatrisch/psychotherapeutischen Fachgebiet vorliegt; diese Voraussetzungen lägen bei der Klägerin nicht vor.

Hiergegen hat die Klägerin am 12.08.2005 Klage zum Sozialgericht (SG) Koblenz erhoben und geltend gemacht, ihre behandelnde Ärztin habe die weitere Durchführung des krankengymnastisch kontrollierten Bewegungstrainings für erforderlich gehalten. Dabei sei zu berücksichtigen, dass sie N die Klägerin N auch an einem Schmerz-Syndrom leide, weshalb die Gefahr bestehe, dass sie Übungen schmerzbedingt abbreche oder schmerzbedingt fehlerhafte Bewegungsabläufe einübe. Deshalb sei weiterhin die therapeutische Begleitung der Übung unabdingbar. Zudem sehe die gesetzliche Regelung über das Funktionstraining eine zeitliche Beschränkung nicht vor, so dass trotz der Rahmenvereinbarung eine unbefristete Leistungspflicht der Beklagten bestehe. Zu beachten sei weiter, dass die Durchführung von Wassergymnastik besondere Einrichtungen benötige, die nicht ohne weiteres jedem zur Verfügung stünden. Hinzu komme ihr hohes Lebensalter, auf Grund dessen sie nicht mehr in der Lage sei, jede der angebrachten Übungen fehlerfrei und in ausreichendem Maße eigenständig auszuführen.

Das SG hat von der Ärztin für Allgemeinmedizin Dr D-C einen Befundbericht vom 12.12.2005 nebst Behandlungsunterlagen beigezogen. Durch Urteil vom 14.12.2006 hat es die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Erstattung der für das Funktionstraining über den 31.03.2005 hinaus aufgewandten Kosten gemäß § 13 Abs 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V); die Beklagte habe die Gewährung von Funktionstraining nicht zu Unrecht abgelehnt. Unter Berücksichtigung des Wirtschaftlichkeitsgebotes des § 12 Abs 1 SGB V sei ein Anspruch auf Funktionstraining als ergänzende Leistung zur medizinischen Rehabilitation gemäß § 11 Abs 2 S 1 SGB V iVm § 44 Abs 1 Nr 4 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) nur gegeben, wenn die Leistung ausreichend, zweckmäßig, wirtschaftlich und notwendig sei. Für die Prüfung der Notwendigkeit des Funktionstrainings sei für die vorliegend streitige Zeit ab März 2005 die Rahmenvereinbarung über den Rehabilitationssport und das Funktionstraining vom 01.10.2003 heranzuziehen. Danach betrage der Leistungsumfang auch bei schwerer Beeinträchtigung der Beweglichkeit/Mobilität...

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