Entscheidungsstichwort (Thema)

Elterngeld. Ausschluss nach § 1 Abs 8 S 2 BEEG. zu hohes Einkommen des Ehepartners. Familieneinkommen. keine Berücksichtigung von Einkommen des nicht Kinder betreuenden Ehegatten. Gleichheitsgrundsatz. Absenkung des Elterngelds bei hohem Einkommen. Anwendung des § 2 Abs 2 S 2 BEEG auf laufende Leistungsfälle

 

Orientierungssatz

1. Die Verweisung in § 1 Abs 8 S 2 BEEG auf § 1 Abs 1, 3 oder 4 BEEG ist so zu verstehen, dass eine andere Person, wenn sie mit ihrem Einkommen für einen Anspruchsanschluss herangezogen werden soll, sämtliche Voraussetzungen des § 1 Abs 1, 3 oder 4 BEEG erfüllen muss (hier verneint für einen Ehegatten mit einem Einkommen von über 500.000 Euro, der das Kind nicht selbst betreut).

2. Der allgemeine Gleichheitsgrundsatz des Art 3 Abs 1 GG verlangt keine Ausdehnung des Anwendungsbereichs.

3. Die durch das Haushaltsbegleitgesetz 2011 (juris: HBeglG 2011) eingeführte Bestimmung des § 2 Abs 2 S 2 BEEG gilt auch für laufende Leistungsfälle (vgl LSG Essen vom 9.3.2012 - L 13 EG 52/11).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 26.03.2014; Aktenzeichen B 10 EG 13/13 R)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 04.05.2012 geändert. Der Bescheid des Beklagten vom 30.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Münster vom 08.07.2011 wird aufgehoben, soweit der Beklagte das Elterngeld abweichend von dem Bescheid vom 27.12.2010 festgesetzt und die Erstattung einer Überzahlung in Höhe 4.444,41 EUR geltend gemacht hat. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die endgültige Festsetzung ihres Elterngeldes und die Rückforderung bereits ausgezahlter Leistungen.

Mit Bescheid vom 19.08.2010 gewährte der Beklagte der Klägerin Elterngeld i.H.v. 1.124,05 EUR für den 1., 1.189,05 EUR für den 2. und 1.527,05 EUR für den 3. bis 12. Lebensmonat unter Anrechnung des der Klägerin zustehenden Mutterschaftsgelds zuzüglich eines Geschwisterbonus für ihre am 00.00.2010 geborene Tochter N. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt des Widerrufs für den Fall, dass die Klägerin entgegen ihrer Angaben im Antrag während des Elterngeldbezuges Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielen würde.

Mit Bescheid vom 27.12.2010 hob der Beklagte den Verwaltungsakt vom 19.08.2010 teilweise auf und senkte das Elterngeld der Klägerin für den 7. bis 12. Lebensmonat, also ab dem 10.01.2011, auf 1.481,47 EUR ab, weil durch das Haushaltsbegleitgesetz 2011 (HBeglG 2011) eine wesentliche Änderung der rechtlichen Verhältnisse ab dem 01.01.2011 eingetreten sei und nach dem nunmehr geltenden § 2 Abs. 2 S. 1 Bundselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) das Elterngeld der Klägerin entsprechend abzusenken (65% statt 67%) und neu festzustellen sei.

Die Klägerin widersprach dem Bescheid mit Schreiben vom 06.01.2011.

Mit Bescheid vom 20.01.2011 erklärte der Beklagte unter Verweis auf § 1 Abs. 8 BEEG, dass das mit Bescheid vom 27.12.2010 festgestellte Elterngeld vorläufig gezahlt werde, da das Einkommen noch nicht feststehe und/oder das zu versteuernde Familieneinkommen im Jahr vor der Geburt des Kindes die maßgeblichen Einkommensgrenzen voraussichtlich überschreiten könne.

Mit Widerspruchsbescheid vom 14.03.2011 wies die Bezirksregierung Münster den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 27.12.2010 zurück. Klage erhob die Klägerin dagegen nicht.

Mit Schreiben vom 23.03.2011 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, das Familieneinkommen 2009 habe über der Grenze von 500.000 EUR gelegen. Daraufhin setzte der Beklagte das Elterngeld der Klägerin für den 1. bis 6. Monat mit Bescheid vom 30.03.2011 endgültig in der ursprünglich mit Bescheid vom 19.08.2010 bestimmten Höhe fest und forderte die bereits geleisteten Zahlungen für die Zeit vom 10.01.2011 bis 09.04.2011 i.H.v. 4.444,41 EUR zurück. Ein Anspruch auf Elterngeld für den 7. bis 12. Lebensmonat bestehe aufgrund der Einkommensverhältnisse nicht. Die Pflicht zur Rückzahlung ergebe sich aus § 50 SGB X.

Den am 27.04.2011 eingelegten Widerspruch, mit dem die Klägerin eine Verletzung des grundgesetzlich geschützten Vertrauens rügte, wies die Bezirksregierung Münster mit Widerspruchsbescheid vom 08.07.2011 zurück. Das Elterngeld der Klägerin sei nicht rückwirkend, sondern nur wegen einer Änderung der rechtlichen Verhältnisse im Sinne von § 48 SGB X für die Zukunft geändert worden. Diese Vorschrift rechtfertige auch eine Aufhebung bereits bindender Bescheide mit Dauerwirkung.

Ihre am 08.08.2011 beim Sozialgericht Köln (SG) erhobene Klage hat die Klägerin damit begründet, das HBeglG 2011 enthalte keine Übergangsregelung, der zufolge das neu in Kraft getretene Recht auch auf bereits in der Vergangenheit begründete Sachverhalte anzuwenden sei. Die nunmehr getroffene Regelung verletze ihr rechtsstaatlich geschütztes Vertrauen. Die Regelung des § 8 Abs. 3 S. 2 BEEG greife im Übrigen desha...

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