Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch auf Erhöhung des vertragsärztlichen Individualbudgets

 

Orientierungssatz

1. Eine Erhöhung des für die Vertragsarztpraxis maximal abrechenbaren individuellen Punktzahlvolumens kann entweder aus Sicherstellungsgründen oder als Ausnahmeregelung beansprucht werden.

2. Ein Sicherstellungsgrund ist nur dann zu bejahen, wenn durch außerhalb des Verantwortungsbereichs des Vertragsarztes liegende Gründe eine Änderung der Bedarfssituation oder der Versorgungssituation im Umfeld der Arztpraxis eingetreten ist.

3. Im Rahmen einer Ausnahmeregelung ist eine Steigerung des Leistungsbedarfs nur relevant, wenn sie auf einem untypischen und nicht konkret vorhersehbaren Versorgungsbedarf beruht.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 28.10.2009; Aktenzeichen B 6 KA 50/08 B)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 17.05.2006 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Erhöhung des für ihre Praxis maximal abrechenbaren individuellen Punktzahlvolumens (Individualbudget).

Sie ist seit 1992 als Anästhesistin zur vertragsärztlichen Versorgung in L zugelassen. Das ihrer Praxis zuerkannte Individualbudget belief sich 2003 auf 430.161,0 Punkte; 2004 wurde es aufgrund zugestandenen Wachstums auf 481.780,3 Punkte erhöht. Der Punktzahlengrenzwert der Fachgruppe der Anästhesisten liegt durchgängig bei 692.598 Punkten.

Im Oktober 2003 beantragte die Klägerin die Erhöhung des Individualbudgets auf den Fachgruppendurchschnitt. Wegen der Erziehung ihrer Kinder habe sie die Praxis in der Vergangenheit nicht voll betreiben können; sie könne sich der Praxis nunmehr aber voll und ganz widmen. Darüber hinaus seien drei neue Kliniken gegründet worden, für die sie die anästhesiologischen Leistungen erbringen wolle. Hierbei handele es sich um einen äußerlichen Umstand im Sinne des (i.S.d.) Honorarverteilungsmaßstabs (HVM) der Beklagten.

Die Beklagte lehnte den Antrag ab (Bescheid vom 27.01.2004 und Widerspruchsbescheid vom 18.10.2004): Nach § 7 Abs. 9 ihres HVM könne der Vorstand auf Antrag in begründeten Fällen aus Sicherstellungsgründen Zuschläge auf den individuellen Punktzahlengrenzwert bewilligen. Hierzu sei eine nachweisliche Veränderung der Leistungsmenge erforderlich. Diese müsse so erheblich sein, dass der Punktzahlengrenzwert aus dem Bemessungszeitraum nicht mehr angemessen sei. Nach den Abrechnungsunterlagen liege das maximal abrechenbare Punktzahlvolumen der Praxis der Klägerin zwar unter dem Fachgruppendurchschnitt, jedoch sei der Leistungsbedarf im Vergleich zum Bemessungszeitraum rückläufig, so dass kein zusätzlicher Mehrbedarf bestehe. Die tendenziell gleichbleibenden Fallzahlen ließen auch hinsichtlich der 3 neu gegründeten Kliniken keinen zusätzlichen Mehrbedarf erkennen. Der Vorstand habe die von der Klägerin geltend gemachten Gründe für die Änderung des Bemessungszeitraums nach Vorprüfung durch den HVM-Ausschuss deshalb abgelehnt.

Die Klägerin hat am 18.11.2004 Klage erhoben.

Die Beklagte hat ihr auf der Grundlage der §§ 7 und 13 des Honorarverteilungsvertrags (HVV) in der Fassung ab 01.07.2004 (Rheinisches Ärzteblatt 6/2004, S. 76 ff) einen Zuwachs in Höhe von 10% des Fachgruppendurchschnitts zuerkannt; das Individualbudget der Praxis der Klägerin belief sich danach im Jahr 2005 auf 551.040,1 Punkte. Die Klägerin hat das Teilanerkenntnis angenommen.

Zur Begründung ihrer Klage hat sie vorgetragen, dass sie seit dem 01.01.2004 mit den C3-Kliniken in E zusammenarbeite. Die Klinik sei neu gegründet worden und es kämen daher neue Patienten hinzu. Diese Patienten müssten von einem Anästhesisten versorgt werden. Das Gebiet sei gesperrt, so dass jeder Anästhesist sein Budget ausgenutzt habe; andere Anästhesisten hätten die Übernahme der Anästhesien bei den C3-Kliniken abgelehnt. Hierin sei ein äußerlicher Umstand i.S.d. HVM zu sehen; durch die Klinikneugründung sei ein zusätzlicher Bedarf entstanden; dies sei wie eine Praxisschließung in der Nachbarschaft mit einer darauf beruhenden Bedarfssteigerung zu werten.

Der u.a. auf dieses Vorbringen gestützte Antrag der Klägerin, ihr im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Erhöhung ihres Individualbudgets zu bewilligen, ist ohne Erfolg geblieben (Beschluss des Sozialgerichts (SG) Düsseldorf vom 28.04.2005 - S 14 KA 256/04 ER -, Beschluss des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) vom 18.07.2005 - L 10 B 11/05 KA ER -): Es sei weder ersichtlich noch vorgetragen, dass aufgrund externer Umstände z.B. von Praxisaufgaben oder Erlöschen von Ermächtigungen eine Änderung der Bedarfssituation bzw. der Versorgungsstruktur im Umfeld der Praxis der Klägerin eingetreten sei. Die Klägerin führe ihre Praxis in L. Die Neugründung der C3-Klinken in E habe auf die von der Klägerin in dieser Praxis erbrachten Leistungen ersichtlich keinen Einfluss. Auch soweit sie ihre Leistungen nicht in ihrer Praxis sondern in ...

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