Entscheidungsstichwort (Thema)

Abschnittsweise Bewilligung. Entlassung aus einer Rehabilitationsmaßnahme

 

Orientierungssatz

Die Feststellung von Arbeitsunfähigkeit kann sich nicht nur aus den Feststellungen von behandelnden (an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden) Ärzten ergeben (vgl ua BSG vom 16.12.2014 - B 1 KR 37/14 R = BSGE 118, 52 = SozR 4-2500 § 192 Nr 7 RdNr 13).

 

Normenkette

SGB V § 44 Abs. 1, § 49 Abs. 1 Nr. 5, § 5 Abs. 1 Nr. 1, § 192 Abs. 1 Nr. 2

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 14.08.2018; Aktenzeichen B 3 KR 5/18 B)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 13.05.2016 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers auch im Berufungsverfahren.

 

Tatbestand

Der Kläger verlangt die Zahlung von Krankengeld für den Zeitraum vom 31.03.2015 bis 22.11.2015. Umstritten ist, ob der Kläger während dieses Zeitraums mit Anspruch auf Krankengeld bei der Beklagten versichert war.

Der am 00.00.1988 geborene und bei der Beklagten aufgrund einer versicherungspflichtigen Beschäftigung als Fleischer krankenversicherte Kläger erkrankte am 18.08.2014 arbeitsunfähig (Diagnose M53.1G). Das Arbeitsverhältnis wurde - während fortbestehender Arbeitsunfähigkeit - mit Wirkung zum 30.09.2014 gekündigt. Die Beklagte gewährte Krankengeld aufgrund fortlaufend bescheinigter Arbeitsunfähigkeit bis zum 31.03.2015 mit Ausnahme des Zeitraums vom 05.03.2015 bis 26.03.2015, in dem der Kläger eine Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation in der Abteilung für Orthopädie des Reha- Zentrums Bad E, Klinik Berlin, Bad E, zu Lasten der Deutschen Rentenversicherung Bund absolvierte. Nach dem vom 30.03.2015 datierenden Entlassungsbericht des Chefarztes Dr. L, Reha-Zentrum Bad E, wurde der Kläger am 26.03.2015 als arbeitsunfähig aufgrund "noch vorhandener Restbeschwerden für ca. 3 bis 4 Wochen in die weitere hausärztliche und fachärztliche Betreuung entlassen". Am 27.03.2015 stellte der behandelnde Arzt für Allgemeinmedizin Arbeitsunfähigkeit bis zum 31.03.2015 als Erstbescheinigung fest (Diagnosen M54.15G, M79.19G, R52.2G). Am 01.04.2015 stellte der Facharzt für Orthopädie und Sportmedizin N, C, (zunächst) weiter Arbeitsunfähigkeit bis zum 04.05.2015 fest. Darüber hinaus lag beim Kläger Arbeitsunfähigkeit bis zum 22.11.2015 vor.

Durch Bescheid vom 03.07.2015 entschied die Beklagte, dass der Anspruch des Klägers auf Krankengeld sowie die beitragsfreie Mitgliedschaft am 31.03.2015 endeten: Der Krankengeldanspruch des Klägers habe am 31.03.2015 geendet. Deshalb habe auch die Mitgliedschaft des Klägers (mit Anspruch auf Krankengeld) gemäß § 192 Abs. 1 Nr.2 SGB V nicht über den 31.03.2015 hinaus fortbestanden. Aufgrund der ab 01.04.2015 erneut festgestellten Arbeitsunfähigkeit habe nämlich ein Krankengeldanspruch frühestens ab 02.04.2015 entstehen können.

Dagegen legte der Kläger am 17.07.2015 Widerspruch ein, mit dem er vorbrachte, dass sich das Bestehen von Arbeitsunfähigkeit aus dem Entlassungsbericht der Reha-Klinik Bad E ergebe. Die Beklagte wies den Widerspruch durch den Widerspruchsbescheid vom 10.09.2015 zurück: Der Anspruch gemäß § 44 SGB V auf Krankengeld habe nur bis zum 31.03.2015 bestanden. Am 31.03.2015 habe ebenfalls die durch § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V vermittelte Mitgliedschaft des Klägers geendet, weil wegen der erst am 01.04.2015 bescheinigten weiteren Arbeitsunfähigkeit für diesen Tag ein Anspruch auf Krankengeld nicht mehr bestanden habe. Arbeitsunfähigkeit könne nur durch Vertragsärzte, nicht aber durch den Entlassungsbericht einer Reha-Klinik festgestellt werden.

Dagegen hat der Kläger am 02.10.2015 Klage vor dem Sozialgericht Dortmund erhoben.

Zur Begründung hat der Kläger sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 03.07.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.09.2015 aufzuheben und ihm über den 31.03.2015 hinaus Krankengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu bewilligen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat an der in den angefochtenen Bescheiden geäußerten Rechtsauffassung festgehalten.

Das Sozialgericht hat der Klage durch Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 13.05.2016 ganz überwiegend stattgegeben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 03.07.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.09.2015 verurteilt, dem Kläger Krankengeld ab dem 02.04.2015 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu bewilligen. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.

Gegen das ihr am 21.06.2016 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 04.07.2016 Berufung eingelegt.

Zur Begründung bringt sie vor: Gemäß § 73 Abs. 2 Nr. 9 SGB V sei das Ausstellen von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen Bestandteil der kassenärztlichen Versorgung. Ärztinnen und Ärzte in Einrichtungen der medizinischen Rehabilitation seien erstmalig durch die Arbeitsunfähigkeitsrichtlinien vom 17.12.2015, in Kraft getreten am 17...

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