Entscheidungsstichwort (Thema)

Anrechnung von Kindergeld als Einkommen bei der Prüfung der Hilfebedürftigkeit

 

Orientierungssatz

1. Der volljährige Sohn zählt nach § 20 Abs. 2 S. 1 SGB 2 nicht zur Bedarfsgemeinschaft mit seinem Vater. Verwaltet der Vater die Unterhaltszahlung für den hilfebedürftigen Sohn und zahlt er diesem Taschengeld aus dem bewilligten Kindergeld, so spricht nach der im einstweiligen Rechtsschutz gebotenen summarischen Prüfung mehr dafür, das Kindergeld insgesamt als Einkommen des Vaters anzusehen.

2. Das Gesetz trifft in § 11 Abs. 1 S. 3 SGB 2 eine ausdrückliche Regelung lediglich für minderjährige Kinder. Diese Regelung spricht dafür, für Volljährige gezahltes Kindergeld als Einkommen des Kindergeldberechtigten anzusehen.

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 22.02.2006 abgeändert. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller für die Zeit vom 27.01.2006 bis zum 30.06.2006 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch in Höhe von 95 EUR monatlich zu erbringen. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers in beiden Rechtszügen zu ¼. Dem Antragsteller wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. D, E, bewilligt.

 

Gründe

I. Streitig ist die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Erbringung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Der 1987 geborene Antragsteller besucht derzeit die Zwölfte Klasse eines Gymnasiums und wird dort voraussichtlich im kommenden Jahr die allgemeine Hochschulreife erlangen. Er lebt mit seinem Vater, seiner Stiefmutter und einem 1992 geborenen Stiefbruder, deren Leistungsberechtigung nach dem SGB II ebenfalls streitig ist (Verfahren des Sozialgerichts Düsseldorf S 44 (29) AS 10/06 ER), in einer 105 qm großen Wohnung, deren Eigentümerin eine Tante des Antragstellers ist. Der Großmutter des Antragstellers ist ein notariell beurkundetes Nießbrauchsrecht eingeräumt, seinem Vater eine entgeltliche Wohnberechtigung (Notarvertrag vom 21.09.1993). Ein Mietzins für ein zur Wohnung gehöriges Mansardenzimmer ist gemäß vorgelegter Mietvereinbarung vom 26.10.2005 nicht zu entrichten, seit Juli 2005 im Übrigen aber eine Kaltmiete von 350 EUR bzw. ab November 2005 von 450 EUR. Zuvor zahlte die Familie keine Miete. Angabegemäß wurde darüber hinaus ein monatlicher Betrag von 350 EUR für Nebenkosten gezahlt, ausweislich des Rechtsstreits des Vaters des Antragstellers, seiner Stiefmutter und seines Stiefbruders sollen aber letztlich lediglich 278 EUR monatlich angefallen sein. Bei der vorgelegten Nebenkostenabrechnung werden eine Wohnfläche von 121 m² sowie vier Bewohner zu Grunde gelegt.

Die Mutter des Antragstellers kommt ihrer Unterhaltsverpflichtung durch Zahlung eines Betrages von 250 EUR monatlich an den Vater des Antragstellers nach. Kindergeldzahlungen von 154 EUR monatlich erhält ausweislich einer von diesem vorgelegten eidesstattlichen Versicherung vom 10.01.2006 sowie nachgewiesener Kontoauszüge ebenfalls der Vater des Antragstellers. Der Vater des Antragstellers überweist diesem monatlich Taschengeld in Höhe von 50 EUR.

Der Antragsteller beantragte am 14.12.2006 Leistungen nach dem SGB II. Unter dem 11.01.2006 zeigte sein jetziger Prozessbevollmächtigter seine Bevollmächtigung an. Zu einer für den 16.01.2006 erbetenen Vorsprache erschien der Antragsteller nicht. Am 18.01.2006 kündigte der Antragsteller einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz für den 23.01.2006 an, soweit der Antrag nicht beschieden werde. Es sei unverständlich, warum der Antragsteller zu einer Vorsprache während der Schulzeit aufgefordert worden sei. Ein Schreiben vom 07.02.2006 mit der Bitte um Angaben dazu, wie der Lebensunterhalt bestritten werde, an wen das Kindergeld ausgezahlt werde und wie hoch die Miete für das von ihm bewohnte Zimmer sei, blieb unbeantwortet.

Am 27.01.2006 hat der Antragsteller um einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht (SG) Düsseldorf nachgesucht. Die Antragsgegnerin sei nicht gewillt, den Antrag ordnungsgemäß zu bearbeiten. Er müsse die Unterkunftskosten zu einem Viertel tragen.

Die Antragsgegnerin hat die Auffassung vertreten, der Bedarf des Antragstellers sei durch die Unterhaltszahlungen der Mutter, das Taschengeld und Verpflegungsleistungen seines Vaters gedeckt. Unterkunftskosten seien nicht ersichtlich, da der Antragsteller bei Antragstellung angegeben habe, er wohne mietfrei in der ausgebauten Mansarde.

Mit Beschluss vom 22.02.2006 hat das SG den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Unterkunftskosten habe der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht; der übrige Bedarf von 345 EUR sei durch Unterhaltsleistungen, Taschengeld und Verpflegungsleistungen seines Vaters gedeckt.

Mit Schreiben vom 23.02.2006 hat der Antragsteller vorgetragen, es bestehe ein Bedarf von 445 EUR (Regelsatz zzgl. ¼ der...

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