Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Krankenkasse. vorläufiger Rechtsschutz. Anordnungsgrund. Wettbewerbsstreitigkeiten

 

Orientierungssatz

1. Bei Wettbewerbsstreitigkeiten zwischen gesetzlichen Krankenkassen ist in Anlehnung an § 25 UWG in der Regel ein Anordnungsgrund für den Erlass einstweiliger Anordnungen gegeben.

2. Zu den Anforderungen an das Wettbewerbshandeln im öffentlich-rechtlichen Wettbewerb.

 

Normenkette

SGG § 86b Abs. 2; UWG §§ 2-3, 25

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 26.03.2002 wird zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

 

Gründe

I.

Die Antragsgegnerin (Ag) ist eine geschlossene Betriebskrankenkasse für Mitarbeiter und Rentner von Trägerunternehmen der I.bank H (IB-H) sowie deren Familienangehörigen, die Antragstellerin (Ast) ist eine bundesweit tätige Ersatzkasse.

Die Ag setzt zur Werbung ein Faltblatt (sogenannter Flyer) ein, in dem sie sich mehrfach als "Nummer 1" bezeichnet. Auf der Frontseite des Flyers befindet sich über dem Bild einer lächelnden Frau unter der Frage "Noch bei irgendeiner Krankenkasse?" die fettgedruckte Überschrift "Jetzt zur Nummer 1 wechseln!". Auf den aufgefalteten Seiten befinden sich in Fettdruck die Überschriften "Wir sind die Nummer 1: Exklusiv für Sie da", "Was uns zur Nummer 1 macht", Was die Mitgliedschaft bei der Nummer 1 kostet" und "Wie Sie zur Nummer 1 kommen". Am unteren Ende der Seiten läuft quer über alle Seiten ein mit einem roten Rahmen versehener Text "Kommen Sie zur Nummer 1 - Profitieren Sie von Ihrer Mitgliedschaft in einer exklusiven Krankenkasse!". Wegen weiterer Einzelheiten des Faltblattes wird auf die Ablichtung Bl. 28/29 GA verwiesen.

Mit Schreiben vom 21.02.2002 rügte die Ast gegenüber der Ag die Werbeaussage, die Ag sei die Nummer 1 und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Dies lehnte die Ag mit Schreiben vom 27.02.2002 ab.

Die Ast hat am 14.03.2002 Klage auf Unterlassung der Behauptung, die Ag sei die Nummer 1, erhoben und zugleich den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt.

Zur Begründung der einstweiligen Anordnung hat sie geltend gemacht, die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes sei erforderlich, da die durch Wettbewerbsverstöße erzielten Vorteile in Form der Begründung neuer Mitgliedschaften durch ein Urteil im Hauptsacheverfahren nicht ausgeglichen werden können. Die beanstandete Werbung sei irreführend und verstoße daher gegen § 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) , da sie den unzutreffenden Eindruck erwecke, die Ag sei die größte und beste Krankenkasse. Diese Deutung dränge sich für den Leser angesichts des Fettdrucks der Äußerungen mit dem Zusatz "Nummer 1" auf. Diese Behauptung sei ersichtlich falsch, denn die Ag sei nicht die größte Krankenkasse. Zwar werde in dem kleingedruckten Text des Faltblattes darauf hingewiesen, die Ag versichere in der IB-H mehr Mitarbeiter als andere Krankenkassen. Daraus ergebe sich jedoch nicht, die Ag rühme sich nur ihrer Stellung als "Größte" innerhalb des Kreises der Trägerunternehmen. Der Hinweis schließe die Irreführung auch deshalb nicht aus, weil die Ag anschließend unter der Überschrift "Was uns zur Nummer 1 macht" verschiedene Punkte aufliste, die die angebliche Begründung ihrer Stellung als Nummer 1 darstellten. Damit werde der Eindruck erweckt, die Position als Nummer 1 beziehe sich nicht allein auf den Marktanteil innerhalb der IB-H. Zudem sei die Auflistung irreführend, denn sie vermittle, dass der Leistungsrahmen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) unterschiedlich und das Leistungsangebot der Ag größer und besser als das anderer Krankenkassen sei. Die Alleinstellungsbehauptung sei insoweit außerdem schon deshalb unzulässig, weil die Ag nicht mehr Wahlmöglichkeiten biete als alle anderen Krankenkassen. Darüber hinaus sei die Behauptung, die Ag kenne ihre Versicherten besser als alle anderen Krankenkassen und könne daher maßgeschneiderte Angebote entwickeln, irreführend, weil große Krankenkassen über ein dichtes Geschäftsstellennetz verfügten und daher nicht zu erkennen sei, warum die Ag ihre Versicherten besser kennen können solle als beispielsweise sie - die Ast - die ihrigen.

Die Ag hat die Eilbedürftigkeit verneint, weil nicht erkennbar sei, welche Nachteile der Ast angesichts der begrenzten Zahl der für einen Wechsel in Betracht kommenden Versicherten drohten. Ferner hat sie eine Irreführung bestritten, weil in dem Faltblatt deutlich gemacht werde, die Bezeichnung der Nummer 1 beziehe sich nur auf den Marktanteil innerhalb der Trägerunternehmen. Soweit sie in dem Abschnitt "Was uns zur Nummer 1 macht" auf eine Reihe von Leistungen verweise, durch die sie sich von anderen Krankenkassen unterscheide, sei dieser Hinweis nicht nur zulässig, sondern auch notwendig, um sich in dem Markt zu positionieren.

Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 26.03.2002 der Ag bei Androhung eines Ordnungsgeldes bis 250.00...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt SGB Office Professional . Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge