Entscheidungsstichwort (Thema)

Einstweiliger Rechtsschutz. Folgenabwägung. Grundsicherung für Arbeitsuchender. Leistungsausschluss für Ausländer bei Aufenthalt zur Arbeitsuche. Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Räumungsklage aufgrund von Mietschulden. Prozesskostenhilfe

 

Orientierungssatz

1. Da die Unwirksamkeit des generalisierenden Leistungsausschlusses gem § 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB 2 gegenüber einem Unionsbürger, der bereits eine Beschäftigung auf dem inländischen Arbeitsmarkt ausgeübt hat und tatsächlich Arbeit sucht, überwiegend wahrscheinlich ist, sind im einstweiligen Rechtsschutzverfahren im Wege der Folgenabwägung dem Unionsbürger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zuzusprechen.

2. Zur Gewährung von Leistungen für Unterkunft und Heizung gem § 22 SGB 2, wenn die vom Vermieter erhobene Räumungsklage mit Mietschulden begründet wurde, die nicht Streitgegenstand des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens sind.

3. Wenn der Hilfebedürftige seine Mittellosigkeit vorgetragen, aber keine eidesstattliche Versicherung abgegeben hat, jedoch im Rahmen der Gesamtwürdigung des Sachverhalts viel für die Möglichkeit des Bestehens der Mittellosigkeit spricht, so darf Prozesskostenhilfe nicht ohne weitere Ermittlungen abgelehnt werden.

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 24.02.2015 geändert. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin vom 02.02.2015 bis zum 30.06.2015, längstens bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von 635,88 EUR monatlich nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller vom 02.02.2015 bis zum 28.02.2015 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von 372,88 EUR monatlich nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen. Dem Antragsgegner wird aufgegeben, bis zum 29.05.2015 dem Vermieter der Antragsteller, der O AG, den sich für die Kosten für Unterkunft und Heizung ergebenden Nachzahlungsbetrag für die Zeit vom 02.02.2015 bis zum 31.05.2015 zu überweisen. Im Übrigen wird die Beschwerde der Antragsteller zurückgewiesen.

Der Antragsgegner hat 2/3 der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragsteller für beide Rechtszüge zu erstatten.

Dem Antragsteller wird unter Abänderung des Beschlusses des Sozialgerichts Düsseldorf vom 24.02.2015 für das erstinstanzliche Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin G, O, beigeordnet. Den Antragstellern wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin G, O, beigeordnet.

 

Gründe

I.

Die Antragsteller sind italienische Staatsangehörige. Die am 00.00.1958 geborene Antragstellerin lebt seit April 2012 in der Bundesrepublik Deutschland. Der am 00.00.1994 geborene Antragsteller ist der Sohn der Antragstellerin. Er lebt seit dem 26.04.2014 in der Bundesrepublik und mit der Antragstellerin in einem gemeinsamen Haushalt. Aktuell leben die Antragsteller in einer Wohnung auf der M-Straße 00 in O. Hierfür fallen monatlich insgesamt 473,76 EUR an Kosten für Unterkunft und Heizung an. Vom 22.04.2012 bis 19.06.2012 war die Antragstellerin bei der Fa. I geringfügig beschäftigt. Jedenfalls von Juli 2012 bis November 2013 arbeitete die Antragstellerin als Reinigungskraft für die X Gebäude-Management GmbH und die B Gebäudeservice GmbH im Rahmen geringfügiger Beschäftigungen.

Die Antragsteller bezogen bis zum 31.12.2014 von dem Antragsgegner Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Am 05.11.2014 beantragten die Antragsteller die Fortzahlung der Leistungen. Diesen Antrag lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 07.01.2015 ab. Ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bestehe nicht, weil sich das Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergebe.

Gegen diesen Bescheid legten die Antragsteller am 14.01.2015 Widerspruch ein. Bis Ende 2013 habe die Antragstellerin gearbeitet. Zurzeit sei sie dazu aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage. Außer Kindergeld in Höhe von 184,00 EUR hätten die Antragsteller keinerlei Einkommen.

Am 02.02.2015 haben die Antragsteller unter Beifügung einer eidesstattlichen Versicherung der Antragstellerin beim Sozialgericht Düsseldorf einstweiligen Rechtsschutz und die Gewährung von Prozesskostenhilfe beantragt. Im Wege der einstweiligen Anordnung sei die Antragsgegnerin zur Zahlung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu verpflichten. Ihnen stünden monatlich 399,00 EUR (Antragstellerin) bzw. monatlich 320,00 EUR (Antragsteller) zu. Des Weiteren hätten sie einen Anspruch die Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von insgesamt 473,76 EUR. Der Leistungsausschluss sei unter Beachtung richtlinienkonformer Auslegung auf sie nicht anwendbar. Außer dem Kind...

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