Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfassungsmäßigkeit des Ausschlusses von Leistungen des SGB 2 bzw. des SGB 12 für Ausländer ohne materielles Aufenthaltsrecht

 

Orientierungssatz

1. Die Anhängigkeit eines Verfahrens beim BVerfG oder dem EuGH über die Vereinbarkeit einer Vorschrift des SGB 2 mit höherrangigem Recht verpflichtet den Grundsicherungsträger nicht ohne Weiteres zur vorläufigen Gewährung unterhaltssichernder Leistungen. Ein solches Verfahren ist derzeit nicht anhängig. Im Übrigen stehen der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB 2 und der des § 23 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 SGB 12 nach überwiegender Ansicht mit dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 20 Abs. 1 GG in Einklang (BSG Urteil vom 20. Januar  2016, B 14 AS 35/15 R).

2. Der Leistungsausschluss des § 23 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 SGB 12 erfasst nicht mehr nur diejenigen Ausländer, die einen Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt aus § 23 Abs. 1 S. 1 SGB 12 haben, sondern auch diejenigen Ausländer, die einen Anspruch auf Sozialhilfe im Wege des Ermessens aus § 23 Abs. 1 S. 3 SGB 12 haben.

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerinnen gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 31.01.2018 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Der Antrag der Antragstellerinnen auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerinnen begehren die Verpflichtung des Antragsgegners zur Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II.

Die 1997 geborene Antragstellerin zu 1) besitzt die rumänische Staatsangehörigkeit und ist seit dem 11.11.2013 in der Bundesrepublik gemeldet. Seit dem 01.01.2016 ist sie unter der Anschrift des Herrn P.(P.) gemeldet. Unter dieser Anschrift sind die Antragstellerin zu 1), Herr P. und dessen Eltern gemeldet. Laut Mietbescheinigung wird die Wohnung (Doppelhaushälfte) von vier Erwachsenen und fünf Kindern genutzt.

Die Antragstellerin zu 1) übte in der Zeit vom 01.09.2016 bis zum 03.12.2016 eine Erwerbstätigkeit aus. Am 13.10.2017 gebar sie die Antragstellerin zu 2). In der Geburtsurkunde ist kein Vater eingetragen. Die Antragstellerin zu 1) bezieht für die Antragstellerin zu 2) Elterngeld in Höhe von 300,00 EUR.

Der 1992 geborene Herr P. übte mit Unterbrechungen seit dem 15.07.2014 Erwerbstätigkeiten aus. Zuletzt war er für die Zeit vom 11.08.2017 bis 16.10.2017 sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Auf das Konto der Antragstellerin zu 1) erfolgte am 03.11.2017 eine Gutschrift des Lohnes von Herrn P. i.H.v. 900,00 EUR sowie am 05.12.2017 eine Gutschrift i.H.v.1430,00 EUR.

Am 28.04.2017 beantragte Herr P. die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für sich und die Personen, mit denen er in einer Bedarfsgemeinschaft lebt. Mit Bescheid vom 16.05.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.10.2017 versagte der Antragsgegner der Antragstellerin zu 1) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes wegen fehlender Mitwirkung nach §§ 60, 66 Abs. 1 SGB I. Hiergegen erhob die Antragstellerin zu 1) Klage, S 33 AS 4326/17.

Mit Bescheid vom 06.09.2017 bewilligte der Antragsgegner Herrn P. auf seinen Antrag vom 25.07.2017 für die Zeit vom 01.07.2017 bis zum 31.12.2017 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes i.H.v. 492,00 EUR monatlich. In dem Bescheid wird ausgeführt, dass für die Antragstellerin zu 1) ein Leistungsausschluss bestehe, da diese als Unionsbürgerin keine Erwerbstätigkeit ausübe und sich zum Zwecke der Arbeitssuche noch keine fünf Jahre in Deutschland befinde. Nach Aufnahme einer Erwerbstätigkeit seitens Herrn P. hob der Antragsgegner mit Bescheid vom 26.09.2017 den Bescheid vom 06.09.2017 mit Wirkung zum 01.11.2017 auf.

Am 19.10.2017 beantragte Herr P. für sich und für die mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes. Mit Bescheid vom 14.11.2017 bewilligte der Antragsgegner Herrn P. vorläufig unter Berufung auf § 41 a Abs. 1 SGB II Grundsicherungsleistungen für November 2017 i.H.v. 0,00 EUR sowie für die Zeit vom 01.12.2017 bis zum 30.04.2018 i.H.v. 116,01 EUR monatlich. Im Übrigen lehnte der Antragsgegner den Antrag ab. Mit Änderungsbescheid vom 25.11.2017 erhöhte der Antragsgegner die vorläufigen Leistungen für die Zeit ab dem 01.01.2018 auf 122,15 EUR monatlich.

Mit Schreiben vom 05.12.2017 zeigten die Prozessbevollmächtigten die Vertretung des Herrn P. dem Antragsgegner an und legten gegen den Bescheid vom 14.11.2017 Widerspruch ein. In dem Schreiben heißt es:

"Zur Begründung wird ausgeführt, dass wir an sich beantragt hatten, dass Herr P. mit Frau T J in eine gemeinsame BG kommt. Offensichtlich haben Sie dies allerdings nicht in rechtmäßiger Art und Weise durchgeführt. Darüber hinaus ist es so, dass auch für den Monat November 2017 Leistungen zu erbringen waren; Sie haben die Leistungen von November 2017 auf 0,00 EUR festges...

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