Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschluss eines Verfahrensfehlers bei verkürzter Urteilsberatung

 

Orientierungssatz

Das Urteil ist nach geheimer Beratung zu verkünden. Die Zeitspanne, welche das Gericht für seine abschließende geheime Beratung vor Urteilsverkündung aufwendet, lässt keinen Rückschluss auf die Urteilsqualität zu und stellt keinen Verfahrensfehler dar. Dies gilt ebenso dann, wenn vor der abschließenden Beratung bereits ein schriftlicher Urteilsentwurf vorgelegen hat.

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 11.12.2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Mit seiner Klage vom 24.11.2006 wendet sich der Kläger inhaltlich gegen einen Bescheid der Beklagten zu 1) vom 22.08.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Beklagten zu 2) vom 20.10.2006, mit welchem die Beklagten die gegenüber dem Kläger erfolgte Bewilligung von Leistungen nach dem 4. Kapitel des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) in Höhe von 100,00 EUR für den Monat Mai 2006 und in Höhe von 533,95 EUR für den Monat Juni 2006 (insgesamt 633,95 EUR) aufgehoben und vom Kläger die Erstattung dieser Leistungen gefordert haben.

Hinsichtlich der Darstellung des Sachverhalts verweist der Senat gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zunächst auf den zutreffenden Tatbestand des angegriffenen Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 11.12.2009.

Das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 11.12.2009 ist dem Kläger am 07.01.2010 zugestellt worden.

Am 05.02.2010 hat der Kläger Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 11.12.2009 eingelegt. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, das Sozialgericht sei bei seiner Entscheidung irrtümlich von einem Streitwert von 633,95 EUR ausgegangen. Tatsächlich belaufe sich der Streitwert auf 100,00 EUR für Mai 2006, 533,85 EUR für Juni 2006 und 533,85 EUR für den Zeitraum 01.05.2006 bis 30.06.2006, d. h. insgesamt auf 1.297,90 EUR. Das Sozialgericht habe die von ihm gemachten Angaben zu seinem Einkommen und Vermögen sowie die diesbezüglich eingereichten Unterlagen und Belege fehlerhaft ausgewertet und falsche Schlüsse daraus gezogen. Es habe ihn "willkürlich mit frei erfundenen verleumderischen Unwahrheiten um seine Rechte gebracht".

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakten der Beklagten, die ebenfalls Gegenstand der Entscheidungsfindung waren, verwiesen.

II.

Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers hat keinen Erfolg.

Diese ist zulässig. Der Wert des Beschwerdegegenstands erreicht vorliegend nicht den Berufungsstreitwert, den § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG seit dem 01.04.2008 mit 750,00 EUR beziffert. Dieser findet auf alle ab dem 01.04.2008 eingelegten Beschwerden Anwendung (Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG NRW), Beschluss vom 04.07.2008 - L 19 AL 31/08 - m.w.N.; LSG NRW, Beschluss vom 14.05.2008 - L 9 B 85/08 AS ER - m.w.N.). Maßgeblich ist vorliegend, der von den Beklagten vom Kläger mit dem streitgegenständlichen Bescheid geforderte Aufhebungs- und Erstattungsbetrag von insgesamt 633,95 EUR für den Zeitraum Mai und Juni 2006. Ausschließlich diesen betrifft der streitgegenständliche Bescheid. Soweit der Kläger demgegenüber darauf hinweist, dass der Streitwertbestimmung ein Betrag von insgesamt 1.297,90 EUR zugrunde zulegen sei, folgt der Senat dem nicht. Der Wert des Beschwerdegegenstands ist grundsätzlich danach zu bestimmen, was das Sozialgericht dem Rechtsmittelkläger versagt hat (Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 9. Auflage 2008, § 144, Rn. 14, m.w.N.; Frehse in: Jansen, Kommentar zum SGG, 3. Auflage 2009, § 144, Rn. 8, m.w.N.; Breitkreuz in: Breitkreuz/Fichte, Kommentar zum SGG, 1. Auflage 2009, § 144, Rn. 18). Zwar erfolgte die streitgegenständliche Rücknahmeentscheidung der Beklagten vor dem Hintergrund dem Kläger im Mai und Juni 2006 zugeflossener Einnahmen. Diese haben die Beklagten bedarfsmindernd bei der Leistungsgewährung berücksichtigt und eine eingetretene Überzahlung mit dem streitgegenständlichen Bescheid rückabgewickelt. Der Wert des Beschwerdegegenstands bestimmt sich jedoch nicht unter Berücksichtigung dieser Forderungen, sondern im Hinblick auf den Wert der Erstattungsforderung der Beklagten gegenüber dem Kläger. Nur gegen diese wendet sich der Kläger mit seiner Klage. Zwar ist bei der Berechnung des Beschwerdewerts grundsätzlich von der Rechtsauffassung des Beschwerdeführers auszugehen. Dieses gilt jedoch dann nicht, wenn offensichtlich ist, dass der Streitwert missbräuchlich auf einen über 750,00 EUR hinausgehenden Betrag gewählt worden ist, um den Wert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zu überschreiten (LSG NRW, Urteil vom 05.03.2003 - L 12 AL 154/02 -; Frehse in: Jansen, a.a.O., § 144, Rn. 8), denn der Wert des Beschwerdegegenstands darf nicht w...

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