Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. staatliche Umwelt- bzw Abwrackprämie. zweckbestimmte Einnahme. Schonvermögen. angemessenes Kraftfahrzeug. Absetzung von Freibeträgen

 

Orientierungssatz

1. Bei der staatlichen Umwelt- bzw Abwrackprämie handelt es sich um eine zweckbestimmte Einnahme iS des § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst a SGB 2, die nicht gem § 11 Abs 1 S 1 SGB 2 als Einkommen zu berücksichtigen ist.

2. Das Neufahrzeug ist gem § 12 SGB 2 nicht als Vermögen zu berücksichtigen, wenn der Wert des Personenkraftwagens die Angemessenheitsgrenze des § 12 Abs 3 S 1 Nr 2 SGB 2 und abzusetzende Freibeträge des § 12 Abs 2 SGB 2 nicht überschreitet.

 

Tenor

Auf die Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 01.04.2010 wird dieser teilweise abgeändert. Den Antragstellern wird für die Durchführung des erstinstanzlichen Eilverfahrens ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt S L, J, beigeordnet.

Die Antragsgegnerin wird im Wege einstweiliger Anordnung abweichend verpflichtet, den Antragstellern vorläufig für die Zeit vom 05.03.2010 bis 31.03.2010 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) ohne Anrechnung eines Einkommens aus der der Antragstellerin zu 1) gewährten staatlichen Umweltprämie zu gewähren.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt 10 % der erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Antragsteller in beiden Rechtszügen des Eilverfahrens.

Den Antragstellern wird für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens gegen die Ablehnung der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes für die Zeit ab Antragstellung am 05.05.2010 ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt S L, J beigeordnet.

 

Gründe

I.

Die Antragsteller begehren die Gewährung höherer Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) ohne bedarfsmindernde Berücksichtigung der der Antragstellerin zu 1) gewährten staatlichen Umweltprämie (sog. "Abwrackprämie") im Sinne der Richtlinie zur Förderung des Absatzes von Personenkraftwagen vom 20.02.2009, geändert mit Richtlinien vom 17.03.2009 und 26.06.2009 (Bundesanzeiger (BAnz) S. 835, 1056, 1144 und 2264) als Einkommen von der Beklagten.

Die Antragsteller zu 2) und 3) sind die minderjährigen Kinder der Antragstellerin zu 1). Gemeinsam als Bedarfsgemeinschaft beziehen diese fortlaufend Leistungen nach dem SGB II von der Antragsgegnerin.

Am 23.09.2009 teilte die Antragstellerin zu 1) der Antragsgegnerin mit, dass sie im September 2009 ein neues Kraftfahrzeug gekauft habe, welches sie durch die staatliche Umweltprämie, Ersparnisse und einen Kredit finanziert habe. Zum Nachweis legte sie eine Rechnung des Autohauses Q GmbH in J vom 18.09.2009 vor, wonach sie einen neuen Pkw, Modell Dacia Sandero, zu einem Gesamtpreis von 8.325,00 EUR inklusive Überführung/Bereitstellung sowie Zulassungsgebühr und Kennzeichen erworben hatte. Diese Rechnung enthielt folgende Zahlungsvereinbarung: "2.500,00 EUR staatliche Umweltprämie, 1.000,00 EUR bar bei Lieferung, 4.825,00 EUR Renault Bank". Darüber hinaus legte sie einen mit der Renault Bank zur Teilfinanzierung des Pkw geschlossenen Darlehensvertrag vor. Danach hat die Antragstellerin zu 1) monatliche Darlehensraten in Höhe von 86,72 EUR an die finanzierende Bank zu entrichten. Der Pkw verbleibt bis zur vollständigen Darlehenstilgung im Sicherungseigentum der Bank. Diese hat bis zu diesem Zeitpunkt zudem Besitz an der Zulassungsbescheinigung Teil II (früher: Kfz-Brief). Des Weiteren legte sie einen Nachweis über eine Kfz-Versicherung bei der E vor, wonach sie monatlich einen Versicherungsbeitrag in Höhe von 21,66 EUR für die Haftpflicht zu leisten hat.

Auf ihren Fortzahlungsantrag vom 27.08.2009 bewilligte die Antragsgegnerin den Antragstellern gemeinsam als Bedarfsgemeinschaft mit Bescheid vom 23.09.2009 addierte monatliche Gesamtleistungen nach dem SGB II für den Zeitraum 01.10.2009 bis 31.03.2010 in Höhe von insgesamt 971,58 EUR. Dabei berücksichtigte sie ein monatliches Einkommen in Höhe von 208,33 EUR entsprechend einem Zwölftel der erhaltenen staatlichen Umweltprämie und nahm diesbezüglich eine Einkommensbereinigung in Höhe von monatlich 51,66 EUR vor.

Mit der Antragsgegnerin am gleichen Tag zugegangenem Schreiben vom 16.10.2009 legten die Antragsteller Widerspruch gegen diesen Bescheid ein. Die Antragstellerin zu 1) habe die staatliche Umweltprämie zum Erwerb eines Pkw in Anspruch genommen, um ihre Erwerbstätigkeit dauerhaft sicherzustellen und damit die Bedürftigkeit ihrer Familie längerfristig zu minimieren. Die staatliche Umweltprämie sei als zweckbestimmte Einnahme zu werten und im Rahmen des Leistungsbezugs nach dem SGB II nicht bedarfsmindernd zu berücksichtigen. Diese könne ausschließlich für die Verschrottung eines neun Jahre alten Pkw bei gleichzeitigem Erwerb eines neuen verwendet werden.

Den Widerspruch wies die Antragsgegnerin mit Wi...

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