Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewilligung von Grundsicherungsleistungen für einen zurückliegenden Zeitraum durch einstweiligen Rechtsschutz

 

Orientierungssatz

1. An der für die Bewilligung von Leistungen des Lebensunterhalts durch einstweiligen Rechtsschutz erforderlichen Eilbedürftigkeit fehlt es regelmäßig, wenn Leistungen für einen bereits zurückliegenden Zeitraum begehrt werden. Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren sollen nur diejenigen Mittel zur Verfügung gestellt werden, die zur Behebung einer aktuellen, d. h. noch gegenwärtigen Notlage erforderlich sind.

2. Nur ausnahmsweise, wenn die Nichtgewährung der begehrten Leistung in der Vergangenheit noch in die Gegenwart fortwirkt und infolgedessen eine aktuelle Notlage besteht, kann von diesem Grundsatz eine Ausnahme gemacht werden.

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen geändert. Der Antragsgegner wird verpflichtet, dem Antragsteller für die Zeit vom 18.10. bis 01.11.2011 einen Regelbedarf in Höhe von 291,00 EUR monatlich vorläufig zu gewähren. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Der Antragsgegner trägt die Hälfte der Kosten des Verfahrens.

Dem Antragsteller wird für das erstinstanzliche Verfahren ratenfrei ab 21.10.2011 Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin T, H, beigeordnet.

 

Gründe

I.

Seit dem 01.01.2005 bezieht der am 00.00.1990 geborene Antragsteller Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Zum 01.04.2011 zog er von der Wohnung, X 00, H, in die Wohnung seiner Mutter, Frau H, in der C-Straße 00, H, bestehend aus 2,5 Zimmern, um. Er ist seit 07.04.2011 unter der Anschrift in der C-Straße 00, H, gemeldet.

Durch Bescheid vom 02.05.2011 bewilligte der Antragsgegner der Bedarfsgemeinschaft, bestehend aus dem Antragsteller und seiner Mutter, Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.04. bis 31.08.2011.

Der Außendienst des Antragsgegners führte am 27.07.2011 und am 21.09.2011 Hausbesuche in der Wohnung der Mutter des Antragstellers durch.

Am 15.08.2011 wurde die Fortzahlung der Leistungen beantragt. Durch Bescheid vom 24.08.2011 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 12.10.2011 bewilligte der Antragsgegner der Mutter des Antragstellers Leistungen nach dem SGB II in Höhe von insgesamt 827,00 EUR (364,00 EUR Regelleistung + 463,00 EUR Kosten für Unterkunft und Heizung).

Am 18.10.2011 legten der Antragsteller und seine Mutter gegen die Höhe der bewilligten Leistungen Widerspruch ein. Durch Widerspruchsbescheid vom 11.11.2011 wies der Antragsgegner den Widerspruch des Antragstellers als unbegründet zurück.

Am 18.10.2011 hat der Antragsteller im Wege des einstweiligen Rechtschutzes beantragt, den Antragsgegner zur Gewährung von Leistungen nach dem SGB II für die Zeit ab dem 01.09.2011 zu verpflichten.

Durch Beschluss vom 31.10.2011 hat das Sozialgericht Gelsenkirchen den Antrag auf Erlass einer Regelungsanordnung und Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Es hat einen Anordnungsgrund als nicht glaubhaft gemacht angesehen.

Hiergegen hat der Antragssteller am 09.11.2011 Beschwerde eingelegt.

Nach Durchführung eines weiteren Hausbesuchs am 15.11.2011 hat der Antragsgegner dem Antragsteller durch Bescheid vom 03.11.2011 eine Regelleistung in Höhe von 291,00 EUR mtl. und Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 231,50 EUR mtl. für die Zeit vom 02.11.2011 bis 28.02.2012 bewilligt.

Der Antragsteller hat das Beschwerdeverfahren für die Zeit ab dem 02.11.2011 für erledigt erklärt.

II.

Die Beschwerde gegen die Ablehnung des Erlasses einer Regelungsanordnung ist teilweise begründet (A).

Die Beschwerde gegen die Ablehnung der Gewährung von Prozesskostenhilfe ist begründet (B).

A.

Der Antragsteller begehrt nach der Beschränkung seines Antrags durch die Erledigungserklärung für die Zeit ab dem 02.11.2011 im Beschwerdeverfahren die Verpflichtung des Antragsgegners zur vorläufigen Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit vom 01.09. bis 01.11.2011.

Die Beschwerde des Antragsstellers ist insoweit begründet, als er die Verpflichtung des Antragsgegners zur vorläufigen Gewährung eines Regelbedarfs nach § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB II für die Zeit vom 18.10 bis 01.011.2011 begehrt. Im Übrigen ist die Beschwerde unbegründet.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruches (d.h. eines materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird) sowie das Vorliegen des Anordnungsgrundes (d.h. der Unzumutbarkeit, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten) voraus. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bzw. die besondere Eilbedürftigkeit sind glaubhaft zu mach...

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