Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit bei einer Operations-Krankenschwester

 

Orientierungssatz

1. Bei der Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit ist von Ersterer auszugehen, wenn die Tätigkeit in einem Arbeitsverhältnis unter einer Weisungsgebundenheit verrichtet wird und eine Eingliederung in einen fremden Betrieb vorliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit durch das eigene Unternehmerrisiko, eine eigene Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet.

2. Ist eine Operations-Krankenschwester in den Betrieb ihres Auftraggebers eingegliedert und an dessen Weisungen gebunden, hat sie hierbei die zeitlichen und inhaltlichen Vorgaben der Ärzte zu beachten, hat sie ein unternehmerisches Risiko nicht zu tragen und erfolgt ihre Vergütung nach einem vereinbarten Stundensatz, so ist von dem Bestehen einer abhängigen Beschäftigung auszugehen.

3. Dem widerspricht nicht, wenn sie berechtigt ist, für weitere Ärzte bzw. Arztpraxen tätig zu werden und wenn sie über eine Gewerbeanmeldung verfügt.

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 28.5.2019 wird zurückgewiesen. Die Antragstellerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 10.980,55 Euro festgesetzt.

 

Gründe

Die Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig. Nach Erlass des Widerspruchsbescheides vom 6.11.2019 richtet sich das Beschwerdebegehren zutreffend auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der beim Sozialgericht (SG) Köln unter dem Az. S 37 BA 266/19 anhängigen Klage und auf die Aufhebung der inzwischen erfolgten Vollziehung des Beitragsbescheides. Trotz erfolgter Zahlung an die beigeladene Einzugsstelle besteht ein Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin, da der bereits gezahlte Betrag im Falle ihres Obsiegens im einstweiligen Rechtsschutzverfahren von der Beigeladenen (vorläufig) zurückzugewähren wäre.

Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Das SG hat zu Recht abgelehnt, die aufschiebende Wirkung der von der Antragstellerin am 9.12.2019 erhobenen Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 15.2.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6.11.2019 anzuordnen bzw. die erfolgte Vollziehung aufzuheben.

Gemäß § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, diese auf Antrag ganz oder teilweise anordnen bzw. gem. § 86b Abs. 1 S. 2 SGG die Aufhebung einer schon erfolgten Vollziehung anordnen. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen eine - wie hier erfolgte - Entscheidung über Beitragspflichten und die Anforderung von Beiträgen sowie der darauf entfallenden Nebenkosten haben gem. § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG keine aufschiebende Wirkung.

Die Entscheidung, ob eine aufschiebende Wirkung ausnahmsweise gem. § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG durch das Gericht angeordnet wird, erfolgt aufgrund einer umfassenden Abwägung des Suspensivinteresses des Antragstellers einerseits und des öffentlichen Interesses an der Vollziehung des Verwaltungsakts andererseits. Im Rahmen dieser Interessenabwägung ist in Anlehnung an § 86a Abs. 3 S. 2 SGG zu berücksichtigen, in welchem Ausmaß Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen (hierzu unter 1.) oder ob die Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (hierzu unter 2.).

1.) Da § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG das Vollzugsrisiko bei Beitragsbescheiden grundsätzlich auf den Adressaten verlagert, können nur solche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides ein überwiegendes Suspensivinteresse begründen, die einen Erfolg des Rechtsbehelfs zumindest überwiegend wahrscheinlich erscheinen lassen. Hierfür reicht es nicht schon aus, dass im Rechtsbehelfsverfahren möglicherweise noch ergänzende Tatsachenfeststellungen zu treffen sind. Maßgebend ist vielmehr, ob nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Eilentscheidung mehr für als gegen die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides spricht (st. Rspr. des Senats, vgl. z.B. Beschl. v. 11.3.2016 - L 8 R 506/14 B ER - juris Rn. 51 m.w.N.).

Nach diesen Maßstäben ist die aufschiebende Wirkung der Klage nicht anzuordnen, da deren Erfolg nicht überwiegend wahrscheinlich ist. Es spricht nicht mehr dafür als dagegen, dass sich der Bescheid vom 15.2.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6.11.2019, mit dem die Antragsgegnerin von der Antragstellerin für den Zeitraum vom 1.1.2014 bis 30.11.2018 Sozialversicherungsbeiträge und Umlagen in Höhe von 43.922,20 Euro für die Beschäftigung von Frau TO (im Folgenden: TO) als OP-Krankenschwester fordert, in der Hauptsache als rechtswi...

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