Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewährung von Kosten der Unterkunft durch einstweiligen Rechtsschutz für einen Hilfebedürftigen bei fehlendem Mietvertrag

 

Orientierungssatz

1. Zur Bewilligung von Kosten der Unterkunft durch den Grundsicherungsträger im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes sind ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund glaubhaft zu machen.

2. Läuft der Antragsteller Gefahr, wegen Zahlungsrückständen seine Wohnung zu verlieren, so besteht der zur Bewilligung von Unterkunftskosten im Wege des Eilrechtsschutzes erforderliche Anordnungsgrund. Nur dann, wenn zumindest ein Mitglied einer antragstellenden Bedarfsgemeinschaft Vertragspartner eines Wohnraummietvertrags ist, ist auf das Erfordernis einer bereits vom Vermieter erhobenen Räumungsklage abzustellen. Kann der Hilfebedürftige mangels eines bestehenden Mietvertrags jederzeit seine Wohnung verlieren, so führt eine dauerhafte Unterschreitung des Existenzminimums zu einer konkreten Gefährdung seiner Wohnung. Diese unmittelbare Bedrohung der Wohnsituation rechtfertigt die vorläufige Zuerkennung der Kosten der Unterkunft und Heizung durch einstweiligen Rechtsschutz.

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 19.12.2013 geändert. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller auch Kosten der Unterkunft nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen ab dem 06.03.2014 bis zur Rechtskraft des Bescheides vom 19.09.2013, längstens bis zum 31.05.2014 zu gewähren. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Der Antragsgegner trägt die Hälfte der erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers im Beschwerdeverfahren.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten im Beschwerdeverfahren noch um vorläufige Gewährung von Unterkunftskosten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II).

Der am 00.00.1992 geborene Antragsteller ist bulgarischer Staatsangehöriger. Er lebt nach eigenen Angaben seit 2011 in Deutschland. In der Zeit vom 08.02.2013 bis zum 12.03.2013 war er bei der S GmbH & Co KG und in der Zeit vom 05.06.2013 bis zum 11.07.2013 bei der N GmbH versicherungspflichtig beschäftigt. Das letzte Beschäftigungsverhältnis endete aufgrund fristloser Kündigung der Arbeitgeberin. In der Arbeitsbescheinigung nach § 312 SGB III hatte diese gegenüber der Bundesagentur für Arbeit angegeben, dass es sich um eine personenbedingte Kündigung gehandelt habe. Der Antragsteller sei unentschuldigt von der Arbeit ferngeblieben.

Bis Juni 2013 lebte der Antragsteller in einer gemeinsamen Wohnung mit seinem Vater. Beide bezogen als Bedarfsgemeinschaft Leistungen nach dem SGB II vom Antragsgegner. Im Juni 2013 zog der Vater des Antragstellers aus der gemeinsamen Wohnung aus und lebt seitdem mit seiner Ehefrau und drei weiteren gemeinsamen Kinder in einer 30 m² großen Wohnung in L. Im Zuge dessen zog der Antragsteller in die Wohnung seiner Tante und deren Sohn.

Am 12.08.2013 beantragte der Antragsteller bei dem Antragsgegner (erneut) Leistungen nach dem SGB II und gab dabei an, derzeit nicht bei seinen Eltern wohnen zu können. Er lebe zusammen mit Tante und Cousin in deren Wohnung.

Die Unterkunftskosten für die Mietwohnung betragen ausweislich der vorliegenden Mietbescheinigung vom 29.08.2013 insgesamt 566,83 EUR monatlich. Diese setzen sich aus der Grundmiete i.H.v. 396,83 EUR, Nebenkosten i.H.v. 120,00 EUR und Heizkosten - einschließlich der Kosten für Warmwasser - i.H.v. 50,00 EUR zusammen.

Mit Bescheid vom 19.09.2013 lehnte der Antragsgegner den Antrag des Antragstellers auf Leistungen nach dem SGB II ab. Zur Begründung führte er aus, der Antragsteller habe keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Da sein Beschäftigungsverhältnis zum 11.07.2013 fristlos wegen unentschuldigten Fehlens gekündigt worden sei, habe er keinen Arbeitnehmerstatus mehr. Auch bestehe kein Daueraufenthaltsrecht. Er sei von den Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Dem widersprach der Antragsteller. Er habe die Arbeitnehmereigenschaft nicht verloren, so dass bereits deshalb der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II nicht greife. Unabhängig davon sei diese Bestimmung auch europarechtswidrig.

Am 07.11.2013 hat der Antragsteller einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Sozialgericht Köln (SG) gestellt. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass er bis Juli 2013 in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden habe. Zwar habe er eine fristlose Kündigung erhalten. Es treffe jedoch nicht zu, dass er unentschuldigt der Arbeit ferngeblieben sei. Vielmehr sei er vom 10.07.2013 bis zum 12.07.2013 krank gewesen. Sein Cousin, der bei der gleichen Zeitarbeitsfirma beschäftigt gewesen sei, habe seine Arbeitgeberin darüber rechtzeitig informiert. Auch habe er eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt. Seine Arbeitgeberin habe die Krankmeldung nach nur einem Monat der Beschäftigung allerdings...

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