Entscheidungsstichwort (Thema)

Besetzung des Gerichts im Beschwerdeverfahren gegen einen erstinstanzlich festgesetzten Streitwert

 

Orientierungssatz

1. Ist eine Entscheidung über den Wert der Gerichtsgebühr in der ersten Instanz von einem Einzelrichter oder Rechtspfleger erlassen worden, so entscheidet auch das Beschwerdegericht durch eines seiner Mitglieder und nicht in seiner kollegialen Besetzung. § 68 Abs. 2 S. 6 ist i. V. m. § 66 Abs. 6 S. 1 GKG auch im sozialgerichtlichen Verfahren anwendbar. Bei der letztgenannten Vorschrift handelt es sich um eine Spezialzuweisung.

2. Nach dem gesetzgeberischen Willen soll mit dieser Regelung eine Vereinfachung und Straffung des kostenrechtlichen Verfahrens erfolgen. Hat in erster Instanz ein einzelner Richter die Entscheidung getroffen, soll dies auch im Rechtsmittelzug gelten und nicht zu einem Akzeptanzverlust führen.

 

Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 02.05.2007 geändert. Der Streitwert wird auf 4.786,41 Euro festgesetzt. Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei. Kosten sind nicht zu erstatten (§ 68 Abs 3 GKG).

 

Gründe

Der Senat entscheidet entsprechend seiner bisherigen Rechtsprechung (Beschluss vom 24.02.2006, L 10 B 21/05 KA, Juris, Rn 6 = SGB 2006, 475 f). über die Beschwerde des Klägers gegen die Höhe des erstinstanzlich festgesetzten Streitwerts gem § 68 Abs 1 S 6 i.V.m. § 66 Abs 6 S 2 Gerichtskostengesetz (GKG) in voller Besetzung mit drei Berufsrichtern. Allerdings ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung die Frage umstrittenen, ob gem. § 68 Abs 1 S 6 iVm. § 66 Abs 6 S 1, 2. Hs GKG über eine Beschwerde gegen erstinstanzliche Streitwertfestsetzungen in sozialgerichtlichen Verfahren das Beschwerdegericht in der Besetzung mit drei Berufsrichtern oder durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter entscheidet. Letzteres ist nach Ansicht des Senats der Fall. Insoweit gibt er seine bisherige Rechtsprechung auf (Beschluss vom 24.02.2006,L 10 B 21/05 KA, Juris, Rn 6 = SGB 2006, 475 f, vgl. auch Beschluss des 16. Senat dieses Hauses vom 30.04.2008, L 16 B 5/07 R, Juris, Rn 6).

Nach heutiger Rechtsansicht des Senats ist § 68 Abs 2 S 6 iVm § 66 Abs 6 S 1 GKG auch im sozialgerichtlichen Verfahren anwendbar (ebenso LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.12.2008, L 10 R 5747/08 W-B, Juris, Rn 5; Sächsisches LSG, Beschluss vom 09.06.2008, L 1 B 351/07 KR, Juris, Rn 8; Thüringer LSG, Beschluss vom 16.02.2007, L 6 B 141/06 SF, Juris, Rn 1,2). Soweit dagegen unter Berufung auf die Entstehungsgeschichte des § 66 Abs. 6 GKG und dem Argument, diese Vorschrift sei dem § 568 Zivilprozessordnung (ZPO) nachgebildet, angeführt wird, dass die mit einer Entscheidung durch den Einzelrichter möglichen Beschleunigungseffekte nur bei den Gerichten genutzt werden soll, bei denen eine Entscheidung durch Einzelrichter institutionell auch vorgesehen sei (vgl hierzu BT-Drucks. 15/1971 S 157; so: BGH, Beschluss vom 13.01.2005, V ZR 218/04, Juris, Rn 4; BFH Beschluss vom 28.06.2005, X E 1/05, Juris, Rn 6 und Beschluss vom 29.09.2005, IV E 5/05,Juris, Rn 15; LSG NRW, aa0; Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 19.01.2005, 11 TE 3706/04, Juris, Rn 1,2; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16.09.2008, 13 E 1205/08, Juris, Rn 1,2), greift dieser Gesichtspunkt nicht. Auch steht dem Umstand, dass das Sozialgerichtsgesetz (SGG) eine Übertragung der Entscheidung auf einen Einzelrichter wie in § 6 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und Regelungen wie in § 348 ZPO über den originären Einzelrichter und in § 348a ZPO über den obligatorischen Einzelrichter nicht kennt (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, München 2008, § 155, Rn 3; LSG Baden-Württemberg aa0.) der unmittelbaren Anwendung des § 66 Abs 6 S 1 GKG nicht entgegen.

Nach § 66 Abs. 6 S. 1 i.V.m. § 68 Abs. 1 S. 6 GKG entscheidet das Beschwerdegericht durch eines seiner Mitglieder über die Beschwerde gegen den Beschluss durch den der Wert für die Gerichtsgebühr festgesetzt worden ist, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder Rechtspfleger erlassen wurde. Das GKG normiert unter diesen Voraussetzungen die Entscheidungszuständigkeit für ein einzelnes Mitglied des Beschwerdegerichts, das als Einzelrichter entscheidet. Seinem klaren Wortlaut nach handelt es sich bei § 66 Abs. 6 S. 1 GKG insoweit um eine Spezialzuweisung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25.01.2006, 10 KSt 5/05, Juris, Rn 2 ff.; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.06.2006, 9 S 1148/06, Juris, Rn 1 ff. und Sächsisches LSG, aa0.). Einzelrichter im Sinne des § 66 Abs. 6 S. 1 GKG ist danach jedes einzelne Mitglied des Gerichts, welches über die Erinnerung entscheidet (VGH Baden-Württemberg, aa0.). Für die am unmittelbaren Wortlaut der Regelung orientierte Auslegung des § 66 Abs. 6 S. 1 GKG spricht auch, dass das SGG die Entscheidung durch einen einzelnen Richter in mehreren Fallgestaltungen kennt. § 155 SGG erlaubt ebenfalls Entscheidungen durch ein einzelnes Senatsmitglied, nämlich ...

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