Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Verwertbarkeit eines Sachverständigenbeweises. mögliche Verletzung des § 407a Abs 2 ZPO im Sozialverwaltungsverfahren. persönliche Untersuchung durch den Sachverständigen. orthopädisches Fachgebiet. gesetzliche Unfallversicherung. Verletztenrente. MdE in rentenberechtigter Höhe. Anlageleiden. richtungsgebende Verschlimmerung. unfallbedingte Distorsion der Hand. Vorschäden am Mondbein

 

Orientierungssatz

1. Für ein im gerichtlichen Verfahren eingeholtes Gutachten gehört die persönliche Untersuchung des Patienten durch den benannten Sachverständigen nur dann zum unverzichtbaren Kern seiner Aufgaben, wenn es sich um eine psychiatrische Begutachtung handelt, bei der wegen der Besonderheiten dieses Fachgebiets eine persönliche Begegnung mit dem Sachverständigen unter Einschluss eines explorierenden Gesprächs für die Übernahme der verantwortlichen Urteilsbildung als unverzichtbar angesehen wird.

2. Zum Nichtvorliegen eines Anspruchs auf Verletztenrente gem § 62 Abs 1 iVm § 56 Abs 1 S 1 SGB 7 mangels Vorliegens einer Minderung der Erwerbsfähigkeit in rentenberechtigender Höhe.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 07.05.2019; Aktenzeichen B 2 U 26/17 R)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stade vom 23. Oktober 2014 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls einen Anspruch auf Rentenleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung hat.

Mit einer am 7. August 2008 erstatteten Unfallanzeige teilte das Bezirksamt Spandau von Berlin der Beklagten mit, dass die 1954 geborene und dort als amtliche Tierärztin tätige Klägerin am 25. Juni 2008 einen Unfall erlitten habe, als ihr beim Impfen von Schafen ein Kamerunschaf gegen die rechte Hand gesprungen sei. Hierbei sei es zu einer Hyperflexion des rechten Handgelenkes gekommen. Die Klägerin habe eine Discusruptur erlitten.

Mit einer weiteren am 7. August 2008 erstatteten Unfallanzeige teilte der Arbeitgeber der Klägerin mit, dass diese auch bereits am 20. Juni 2008 einen Unfall erlitten habe, als sie auf dem Weg zur Arbeit am Haus auf der Treppe gestürzt sei und sich mit der linken Hand abgestützt habe. Sie habe sich eine Kahnbeinfraktur zugezogen. Der Unfall ist Gegenstand des weiteren beim Senat anhängigen Verfahrens mit dem Aktenzeichen L 14 U 266/14.

In Bezug auf den hier streitgegenständlichen Unfall vom 25. Juni 2008 stellte sich die Klägerin nach ihren Angaben am 26. Juni 2008 in der Praxis I., J., vor. Am 27. Juni 2008 suchte sie sodann die handchirurgische Abteilung des Krankenhauses K., L., auf. Die dort durchgeführte Untersuchung der rechten Hand ergab laut Bericht des Chirurgen Dr. M. vom 8. August 2008 eine Distorsion des rechten Handgelenks. Aufgrund einer Beschwerdeverschlimmerung erfolgte am 2. Juli 2008 eine Kernspintomographie der rechten Hand (vgl. Bericht Dr. N., Radiologe, vom selben Tage). Die Untersuchung ergab u. a. komplexe Diskuseinrisse bei Verdacht auf degenerative/entzündliche Vorschäden, diskrete Weichteileinblutungen, eine Reaktion der Gelenkinnenhaut und einen Ausschluss knöcherner Verletzungen. Den eigenen Untersuchungsbefund der rechten Hand beschrieb Dr. M. dahingehend, es habe ein freier Faustschluss, eine freie Fingerstreckung und Daumenopposition vorgelegen. Die Handgelenksbeweglichkeit sei für Heben/Senken (50-0-60), Auswärts-/Einwärtsdrehen (80-0-70) und die Neigung des Handgelenks nach speichenseits/ellenseits (20-0-30) eingeschränkt gewesen. Über dem Daumensattelgelenk habe ein deutlicher Druckschmerz sowie Mahlschmerz bestanden, an der Ellenseite des Handgelenks ein eher geringer Druckschmerz. Über die Veränderungen an der rechten Hand sei die Klägerin ausführlich beraten worden, insbesondere hinsichtlich der wohl vorbestehenden degenerativen Veränderungen. Für die rechte Hand sei ihr eine Orthese verordnet worden. Seit dem 6. Oktober 2008 war die Klägerin wieder arbeitsfähig (Mitteilung des Orthopäden Dr. I. vom 16. Oktober 2008).

Nachdem die Klägerin über anhaltende Beschwerden geklagt hatte, veranlasste die Beklagte deren Untersuchung im Unfallkrankenhaus L. Der die Klägerin dort untersuchende Chirurg Dr. O. teilte in seinem Bericht vom 12. Dezember 2008 mit, es habe eine intakte Durchblutung, Sensibilität und Motorik der rechten Hand, ein geringgradiger Druckschmerz über den Processus styloideus ulnae und eine gute in etwa seitengleiche Beweglichkeit in allen Bewegungsebenen bestanden.

Eine im Bereich des rechten Handgelenks veranlasste MRT-Untersuchung ergab laut Bericht des Radiologen Dr. P. - Unfallkrankenhaus L. - vom 9. Dezember 2008 ein ulnokarpales Impaktationssyndrom (Anstoßen des Ulnarköpfchens bei relativ zu langer Ulna gegen den triangulären Faser-Knorpel-Komplex) mit degenerativem breiten Riss des discus triangularis (dreieckige Knorpel-Band-Struktur zwischen Elle, Speiche und Handwurzelk...

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