Entscheidungsstichwort (Thema)

Altersrente. Hinzuverdienst. Einkünfte eines Kommanditisten ohne tatsächliche Arbeitsleistung. Mitunternehmerstellung. Parallelität zwischen dem Steuer- und dem Sozialversicherungsrecht

 

Orientierungssatz

1. Ein Kommanditist, der nicht aktiv in der Gesellschaft mitarbeitet, erzielt anrechenbares Einkommen iS von § 15 Abs 1 SGB 4, wenn er in einer Mitunternehmerstellung iS von § 15 Abs 1 Nr 2 EStG steht. Bestimmt wird die Mitunternehmerstellung ua durch die Merkmale der Unternehmerinitiative (Mitunternehmerinitiative) sowie des Unternehmerrisikos (Mitunternehmerrisikos) (vgl BSG vom 25.2.2004 - B 5 RJ 56/02 R = SozR 4-2400 § 15 Nr 1).

2. Es besteht eine vom Gesetzgeber ausdrücklich gewollte Identität zwischen dem steuerrechtlichen Gewinn und dem sozialversicherungsrechtlichen Arbeitseinkommen, die sog Parallelität zwischen dem Steuer- und dem Sozialversicherungsrecht. Die Parallelität bezieht sich ausdrücklich auf die Zuordnung einzelner Einkunftsarten zum Arbeitseinkommen sowie auf die Höhe dieser Einkünfte. Der Senat vertritt die vermittelnde Auffassung, dass § 15 SGB 4 zwar eine grundsätzliche Ausrichtung an der Systematik und Bewertung durch das Steuerrecht erblickt, Ausnahmen jedoch dann zulassen will, wenn die steuerrechtlichen Vorschriften keinerlei Entsprechung im Sozialversicherungsrecht finden bzw mit Grundsätzen sozialversicherungsrechtlicher Gesetzgebung im Widerspruch stehen (Anschluss an BSG vom 25.2.2004 - B 5 RJ 56/02 R aaO).

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger wehrt sich gegen die Anrechnung von Einkommen aus seiner Kommanditistenstellung auf die ihm gezahlte Altersrente wegen Arbeitslosigkeit in der Zeit vom 1. September 2004 bis zum 30. September 2006.

Der ... 1941 geborene Kläger war zuletzt als angestellter Geschäftsführer in der R-Gruppe berufstätig. Er besitzt Kommanditisten-Anteile an einem geschlossenen Immobilienfonds der Firma R Immobilienverwaltungs GmbH in den Fonds 1 und 2. Nach den Bescheinigungen der Firma R (vom 26. und 29. April 2004) erzielte der Kläger für das Geschäftsjahr 2003 hieraus Einkünfte in Höhe von ca. 10.000,- € (Fonds 1) und ca. 4.000,- € (Fonds 2), mithin monatliche Einkünfte von ca. 1.150,- €. In den Bescheinigungen "empfiehlt" die Firma R, die Einkommen in der Steuererklärung als "Einkünfte aus Gewerbetrieb in der Anlage GSE zur Einkommensteuererklärung unter der Position Gewinn als Mitunternehmer" anzugeben. Entsprechend ist der Kläger - nach eigenen Angaben - verfahren (sowohl für 2003 als auch für die Folgejahre).

Nachdem der Kläger ab Januar 2002 arbeitslos gewesen war und Arbeitslosengeld (Alg I) gemäß § 428 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) bis zum August 2004 bezogen hatte, stellte er im Mai 2004 den zu diesem Verfahren Anlass gebenden Antrag auf Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit (§ 237 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI -) mit Wirkung ab 1. September 2004 und beantragte die Auszahlung im Wege der Vollrente (ohne Anrechnung von erzieltem Einkommen). Zur Begründung gab er im Näheren an, dass er zwar mit seinen Einnahmen aus dem Immobilienfonds nach steuerrechtlicher Betrachtung Einkünfte aus Gewerbebetrieb erziele, es sich dabei jedoch nicht um Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen nach Sozialversicherungsrecht handele, da eine Tätigkeit mit der Einnahmeerzielung nicht verbunden sei, sondern es sich vielmehr um eine reine Kapitalbeteiligung handele.

Die Beklagte sah die Einkünfte gleichwohl als anrechnungspflichtiges Einkommen an und stellte in ihrem hier angefochtenen Renten-Bewilligungsbescheid vom 6. September 2004 fest, dass die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit (AR) zwar mit Wirkung ab 1. September 2004 dem Grunde nach bewilligt werde, die angegebenen Einkünfte jedoch angerechnet und deshalb nur 2/3 der Vollrente (Zahlbetrag: ca. 1.000,- €) zur Auszahlung gebracht würden.

Der Kläger erhob Widerspruch und machte zur Begründung geltend, dass seine Einkünfte aus dem Immobilienfonds zwar steuerrechtlich als Einkünfte aus Gewerbebetrieb behandelt würden; Aufgrund dieser steuerrechtlichen Behandlung sei damit auch die begriffliche Definition des Arbeitseinkommens in § 15 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) erfüllt und das Einkommen grundsätzlich auf die AR anrechenbar. Allerdings habe das Bundessozialgericht (BSG) bereits im Jahre 1999 entschieden, das § 15 SGB IV im Lichte des Sozialversicherungsrechts auszulegen sei. Danach dürfe von einem Arbeitseinkommen nur dann ausgegangen werden, wenn irgendeine Tätigkeit (für die Beteiligungsgesellschaft) ausgeübt werde. Nicht ausreichend sei die bloße finanzielle Beteiligung und damit Einnahme einer schlichten Gesellschafterstellung. Bei dem R Immobilienfonds handele es sich jedoch um eine reine Kapitalbeteiligung, irgendeine Tätigkeit habe der Kläger für die Firma nicht zu verrichten, so dass eine Anrechenba...

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