Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Fortwirkung einer Kostensenkungsaufforderung trotz viermonatiger Unterbrechung des Leistungsbezugs. Einräumung einer erneuten Übergangsfrist von 3 Monaten

 

Leitsatz (amtlich)

Die Warn- und Hinweisfunktion einer Kostensenkungsaufforderung bleibt auch bei einem kurzzeitigen (hier: viermonatigen) Ausscheiden aus dem SGB II-Leistungsbezug weiterhin wirksam, soweit die zur Unangemessenheit der KdUH führenden Umstände im Wesentlichen unverändert geblieben sind. Werden nach einer nennenswerten Unterbrechung des SGB II-Leistungsbezugs entsprechende Leistungen erneut beantragt, ist anhand aller Umstände des Einzelfalls zu prüfen, ob eine neue Frist zur Senkung der Unterkunftskosten einzuräumen ist.

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Hannover vom 27. Juni 2018 geändert.

Der Antragsgegner wird verpflichtet, dem Antragsteller für die Zeit vom 14. Juni bis 31. Juli 2018 weitere 577,30 EUR als Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung (KdUH) zu zahlen. Diese Verpflichtung erfolgt vorbehaltlich des Ausgangs des Hauptsacheverfahrens.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Der Antragsgegner hat dem Antragsteller 2/3 der notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.

Dem Antragsteller wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin F., G., gewährt. Raten sind nicht zu zahlen.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm höhere Leistungen für KdUH zu gewähren. Streitig ist insbesondere, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen eine in einem vorangegangenen Bewilligungszeitraum erfolgte Begrenzung der KdUH-Leistungen auf die Angemessenheitsgrenze nach zwischenzeitlicher Unterbrechung des Leistungsbezugs fortgesetzt werden darf.

Der 1967 geborene Antragsteller bezog nach einer mehrjährigen abhängigen Beschäftigung bis zum 27. April 2017 von der Bundesagentur für Arbeit Arbeitslosengeld (Alg) nach Maßgabe des Sozialgesetzbuches Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III), danach vom Antragsgegner Alg II nach Maßgabe des Sozialgesetzbuches Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Er bewohnt eine Wohnung in der H. in G. mit einer Wohnfläche von 139 qm. Hierfür zahlt er derzeit eine Brutto-Kaltmiete von 750,-- EUR sowie Heizkostenabschläge von 99,-- EUR (Gesamtbetrag seit April 2018: 849,-- EUR pro Monat). Seit die damalige Partnerin des Antragstellers sowie deren Kind im Jahre 2016 aus der Wohnung ausgezogen sind, lebt der Antragsteller dort alleine.

Bei der Berechnung der dem Antragsteller für die Zeit von April bis Ende November 2017 gewährten SGB II-Leistungen wurden zunächst die tatsächlichen Unterkunftskosten in vollem Umfang berücksichtigt (Bewilligungsbescheid vom 24. Mai 2017). Gleichzeitig wies der Antragsgegner den Antragsteller jedoch in zwei am selben Tag versandten Kostensenkungsaufforderungen darauf hin, dass sowohl die Miete als auch die damaligen Heizkostenabschläge (139,-- EUR pro Monat) unangemessen i.S.d. § 22 SGB II seien. Der Antragsgegner forderte den Antragsteller auf, seine Unterkunftskosten zu senken, ggf. durch Umzug. Für die Zeit ab 1. Dezember 2017 könnten Unterkunftskosten nur noch innerhalb der für das Stadtgebiet G. geltenden Mietobergrenze (damals: 372,-- EUR Bruttokaltmiete; mittlerweile: 388,-- EUR Bruttokaltmiete) zuzüglich der max. angemessenen Heizkosten (damals: 76,50 EUR; mittlerweile: 84,50 EUR) übernommen werden.

Diese Deckelung der KdUH-Leistungen auf insgesamt 464,50 EUR (für Bruttokaltmiete und Heizkosten) setzte der Antragsgegner dann für die Zeit von Dezember 2017 bis Mai 2018 mit bestandskräftigen Bewilligungsbescheid vom 16. November 2017 um (in Gestalt des am 25. November 2017 ergangenen Dynamisierungsbescheids).

Zur Senkung seiner Unterkunftskosten vermietete der Antragsteller einer ausländischen Studentin für die Zeit ihres Studienaufenthaltes in G. (1. Dezember 2017 bis 30. April 2018) ein Zimmer seiner Wohnung (Untermietvertrag vom 9. November 2017 - monatliche Pauschalmiete: 350,-- EUR pro Monat). Darüber hinaus nahm der Antragsteller am 1. Dezember 2017 eine unbefristete Beschäftigung auf (32 Stunden pro Woche bei einem Brutto-Monatsgehalt von 2.500,-- EUR). Laut Arbeitsvertrag wurde das Arbeitsentgelt zum Ende eines jeweiligen Monats ausgezahlt und für die ersten sechs Monate eine Probezeit vereinbart.

Daraufhin hob der Antragsgegner die SGB II-Leistungsgewährung wegen Erzielung bedarfsdeckenden Arbeitsentgelts mit Wirkung ab 1. Januar 2018 vollständig auf (bestandskräftiger Aufhebungsbescheid vom 18. Dezember 2017).

Mit Schreiben vom 4. April kündigte der Arbeitgeber das mit dem Antragsteller vereinbarte Beschäftigungsverhältnis zum 30. April 2018, d.h. noch innerhalb der Probezeit. Der Antragsteller stellte daraufhin am 5./8. Mai 2018 den im vorliegenden Verfahren streitbefangenen Leistungsantrag. Ihm war das...

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