Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Sonderbedarf. Erstausstattung bei Geburt. Höhe des Pauschalbetrages. gerichtliche Überprüfbarkeit. Nachweis des tatsächlichen Bedarfs und einer Unterdeckung. Beweislast

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die richterliche Plausibilitätskontrolle über eine pauschale Geldleistung führt nicht dazu, dass ein Sozialgericht eine für alle Fälle abstrakte höhere Pauschale festsetzen könnte.

2. Das individuelle Bedarfsdeckungsprinzip erfordert eine konkrete Darlegung im Prozess, welche Bedarfe der Erstausstattung bei Geburt mit der erhaltenen Pauschale nicht befriedigt werden konnten.

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Hildesheim vom 21. Januar 2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtlich Kosten sind nicht zu erstatten.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zwecks Durchführung des Beschwerdeverfahrens wird abgelehnt.

 

Gründe

I.

Die am 1. Oktober 2010 geborene Klägerin begehrt eine höhere Säuglingserstausstattung, die bereits vor ihrer Geburt von ihren Eltern, die seit Jahren im laufenden Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) stehen, beantragt wurde. Der Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 10. Juni 2010 einen Pauschalbetrag von 130,00 €. Dagegen legten die Eltern der Klägerin Widerspruch ein, weil die Höhe der bewilligten Pauschale nicht nachvollziehbar sei. Im abschlägigen Widerspruchsbescheid vom 9. September 2010 führte der Beklagte im Einzelnen aus, wie die Pauschale für die Säuglingserstausstattung ermittelt wurde und insbesondere welche Bedarfslagen jeweils zu welchem Wert eingeflossen sind.

Mit der am 29. September 2010 erhobenen Klage hat die Klägerin neben der Aufhebung der ablehnenden Bescheide die Verurteilung des Beklagten begehrt, ihr unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts die beantragten Leistungen ohne Verpflichtung zur Einreichung entsprechender Rechnungen zu gewähren. Sie ist der Auffassung, der Beklagte müsse darlegen, wie sich die Pauschale zusammensetze. Es bestehe ein Anspruch auf Gewährung einer ermessensfehlerfrei ermittelten Pauschale. Dagegen sei sie nicht zur Vorlage von Belegen verpflichtet. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin beantragt, ihr eine um 20,00 € höhere Säuglingserstausstattung zu bewilligen.

Der Beklagte hat erwidert, soweit die Klägerin nicht mit der festgesetzten Pauschale einverstanden sei, müsse sie einen darüber hinausgehenden Bedarf nachweisen, was vorliegend nicht geschehen sei.

Das Sozialgericht (SG) Hildesheim hat mit Urteil vom 21. Januar 2013 die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat sich das SG zunächst die Begründung des Widerspruchsbescheides vom 9. September 2010 zu eigen gemacht. Ergänzend hat das SG ausgeführt, dass nach Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ein ungedeckter Bedarf geltend gemacht werden müsse, weil Leistungen nur für solche Bedarfsgegenstände erbracht werden dürfen, die der Hilfebedürftige konkret benötige. Ohne konkreten Vortrag und Nachweise zur Höhe des unbefriedigten Bedarfs könne die Klägerin mit ihren Einwänden zur Höhe der bewilligten Pauschale nicht durchdringen. Anderenfalls wäre es dem Leistungsempfänger möglich, ohne eigene Beschwer eine abstrakte und vom konkreten Bedarf des Einzelfalles losgelöste Überprüfung der Zweckmäßigkeit der Verwaltungspraxis des Beklagten zu erwirken.

Gegen das am 7. Februar 2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 15. Februar 2013 Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Sie macht (im Konjunktiv) den Zulassungsgrund der Divergenz geltend, weil das SG von der Entscheidung des BSG vom 27. September 2011 - B 4 AS 2002/10 R - abgewichen sei. Während das BSG von einer richterlichen Plausibilitätskontrolle über die festgesetzte Pauschale ausgehe, belaste das SG die Klägerin dafür, dass die Pauschale nicht bedarfsdeckend sei. Da regelmäßig aber bei Vorlage entsprechender Belege der Beklagte dann in dieser Höhe ein Anerkenntnis abgebe, würde die vom SG geforderte Vorlage von Belegen die Möglichkeit der richterlichen Überprüfung der Pauschale vereiteln. Die Klägerin macht ferner (ebenfalls im Konjunktiv) die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend. Denn streitig verbleibe auch weiterhin die Frage, ob die Klägerin im Falle der Bewilligung der Leistungen als Pauschale zur Einreichung von Belegen verpflichtet werden könne.

II.

Die gemäß § 145 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Beschwerde der Klägerin ist unbegründet. Berufungszulassungsgründe im Sinne des § 144 Abs. 2 SGG sind weder dargelegt worden noch ersichtlich.

1).Der Berufungszulassungsgrund der Divergenz (§ 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG) liegt nicht vor.

a) Danach ist die Berufung zuzulassen, wenn das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG), des BSG, des Gemeinsamen Senates der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Erforderlich ist insoweit nach st...

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