Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Leistungsversagung wegen fehlender Mitwirkung. Auskunftspflicht. Bedarfsgemeinschaft. Vorliegen einer Einstehensgemeinschaft. Beweislast für die Auflösung

 

Orientierungssatz

1. Zu Rechtmäßigkeit der Versagung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende aufgrund Verletzung von Mitwirkungspflichten gem § 66 SGB 1.

2. Zum Vorliegen ausreichender Anhaltspunkte für das Bestehen einer Einstehensgemeinschaft iS des § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst c SGB 2 aF.

3. In Fällen, in denen es nicht um das Bestehen einer Bedarfsgemeinschaft, sondern um die Auflösung der Bedarfsgemeinschaft geht, macht der Grundsicherungsträger nicht einen anspruchshinderlichen Einwand geltend, vielmehr macht der Leistungsempfänger das Nichtmehrbestehen eines bislang vorhandenen Leistungshindernisses geltend, was er nach allgemeinen Regeln nachweisen muss.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 25.02.2013; Aktenzeichen B 14 AS 133/12 B)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts B-Stadt vom 13. August 2009 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 02. Mai 2007 Grundsicherungsleistungen nach dem Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II) wegen fehlender Mitwirkung versagen durfte. In der Sache streiten die Beteiligten hierbei darum, ob der Kläger in der Zeit von April 2007 bis zum 27. Oktober 2008 (ab dem 28. Oktober 2008 wurden dem Kläger Leistungen als Einzelbedarfsgemeinschaft wiederum gewährt) eine Einstehensgemeinschaft mit Frau Sch. bildete oder ob diese (nur noch) die Bewohnerin der Doppelhaushälfte A-Straße neben der Doppelhaushälfte des Klägers A-Straße in A-Stadt gewesen ist.

Der 1949 geborene Kläger ist von Beruf EDV-Operateur, war aber in der ehemaligen DDR vorrangig als Berufsmusiker tätig. Nach der Wiedervereinigung war er unterbrochen durch eine Tätigkeit als Postzusteller und diverse Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und 1-Euro-Jobs im Wesentlichen arbeitslos, wobei er gelegentlich Einnahmen mit Musik erzielte.

Im Jahre 1985 hatte der Kläger mit seiner damaligen Ehefrau und seinen Eltern auf einem 1844 m² großen Grundstück ein Doppelhaus mit einer Gesamtwohnfläche von 204 m² in A-Stadt errichtet. In der einen Hälfte wohnte zunächst der Kläger mit seiner damaligen Ehefrau und seinen Kindern bis zur Trennung der Eheleute im Jahre 1992 (rechte Haushälfte Nr. 19), in der anderen Hälfte wohnten die Eltern des Klägers (linke Haushälfte Nr. 19a). Ein damals existenter Durchbruch zwischen den beiden Haushälften im oberen Geschoss ist später zugemauert worden. Im unteren Geschoss existierte jedenfalls in der hier streitigen Zeit ein Durchgang zwischen beiden Haushälften, wobei zu beiden Seiten eine Tür vorhanden ist. Zwischen den Türen befindet sich oder befand sich ein leerer Raum sowie eine volleingerichtete Werkstatt, die formal zur Haushälfte 19a gehört. Zum Haus gehört des Weiteren ein großer Carport für insgesamt drei Pkw sowie eine rückseitige Terrasse, die jedenfalls seinerzeit nicht räumlich zwischen den beiden Haushälften getrennt war. Der Kläger ist seit seiner Scheidung im Jahre 1999 Alleineigentümer der Haushälfte Nr. 19. Nach dem Tod des Vaters des Klägers im Jahre 1998 lebte die Mutter des Klägers noch bis zu ihrem Umzug ins Altersheim im Jahre 2001 in der Haushälfte 19a. Frau Sch. zog zusammen mit ihrem 1989 geborenen Sohn im Jahre 1998 nach A-Stadt. Die Mutter des Klägers kam 2001 in ein Altersheim, nachdem sie zuvor Frau Sch. ihren Anteil an der Doppelhaushälfte 19a übertragen hatte. Im Mai 2006 verstarb die Mutter des Klägers.

Der Kläger, der zuletzt Arbeitslosenhilfe bezogen hatte, beantragte im September 2004 erstmals die Gewährung von Grundsicherungsleistungen und reichte im Rahmen dieser Erstantragstellung verschiedene an ihn gerichtete Rechnungen bezüglich Kosten der Unterkunft (KdU) ein, welche sich auf das gesamte Haus bzw. Grundstück bezogen, z. B. einen Bescheid der Stadt D-Stadt über Umlagen für den Gewässerunterhalt, eine Schornsteinfegerrechnung für das gesamte Haus sowie eine Wohngebäudeversicherung bei der Deutschen Herold, welche von Frau Sch. am 01. Januar 2002 für das gesamte Haus abgeschlossen worden war und jedenfalls im streitigen Zeitraum weiterhin bestand.

Der Beklagte bewilligte dem Kläger daraufhin zunächst als Einzelbedarfsgemeinschaft Leistungen für die Zeit von Januar bis März 2005, wobei der Kläger sich wegen seines Erachtens höherer KdU mit einem Widerspruch gegen die Leistungsberechnung gewandt hatte. Auf den Fortzahlungsantrag des Klägers vom März 2005 bewilligte der Beklagte sodann weiterhin Leistungen für den Zeitraum von April bis September 2005. Mit Widerspruchsbescheid vom 13. Juni 2005 wurde der Widerspruch des Klägers gegen den Erstbewilligungsbescheid vom 02. Dezember 2004 dann zurückgewiesen, wobei es in diesem Widerspr...

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