Entscheidungsstichwort (Thema)

Asylbewerberleistungen. Nothilfe. Erstattungsanspruch eines Krankenhausträgers wegen stationärer Krankenhausbehandlung. Tag der möglichen Kenntnis des Leistungsträgers vom Leistungsfall

 

Orientierungssatz

Im Anwendungsbereich des § 25 SGB 12 ist der Tag, an dem der Sozialhilfeträger Kenntnis von dem Bedarfsfall erlangt oder erlangen könnte, nicht mehr dem Nothelferanspruch zuzuordnen. Dies ist auf den Anspruch nach § 6a AsylbLG zu übertragen.

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten Erstattung von Krankenhausbehandlungskosten in Höhe von 907,74 Euro.

Die Klägerin, eine gGmbH, betreibt das A.. Am 23. Oktober 2015, einem Freitag, um 6:32 Uhr wurde das Kind A.R. (im Folgenden: Patient) per Rettungswagen in die Notaufnahme des U. verbracht und von dort aus Platzgründen an die Klägerin weitergeleitet. Die Eltern des Patienten legten dort ein von der Erstaufnahmeeinrichtung für Asylsuchende in der P. in H. (Z.) ausgestelltes Formular mit der Überschrift „Sicherstellung der medizinischen Versorgung für Personen in der Z., die noch nicht auf ein anderes Bundesland verteilt oder bei der AOK B. angemeldet worden sind“ vor. Dort waren der Name R., der Vorname A. und als Geburtsdatum der ... 2014 eingetragen. Angaben zu Einreisdatum, Einkommen, Vermögen und den Eltern waren nicht ausgefüllt worden. Das Formular war mit einem Stempel der Z. P. und einer - nicht lesbaren - Unterschrift versehen, ein Datum und eine Uhrzeit waren trotz dafür vorgesehenen Feldes nicht angegeben. Das Formular enthielt „Hinweise für die behandelnde Ärztin bzw. den behandelnden Arzt“, in denen u.a. ausgeführt war: „Vor einer Behandlung ist zu prüfen, ob dieses Formular noch gültig ist. Die Gültigkeit dieses Formulars beträgt 24 Stunden ab Ausstellung (s.o. für Datum und Uhrzeit der Ausstellung). Eine Behandlung auf Grundlage dieses Formulars ist nur innerhalb des Gültigkeitszeitraums möglich“.

Der Patient wurde im A. stationär behandelt und noch am 23. Oktober 2015 um 14:06 wieder entlassen.

Bereits am 23. Oktober 2015 sandte die Klägerin ein Schreiben an die Zentrale Erstaufnahme, Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration der Beklagten (BASFI) und meldete den Behandlungsfall und die Kosten an. In dem Schreiben heißt es, man bitte um Übernahme der Kosten für die Behandlung des Patienten. Als „Gründe der Anmeldung“ waren angekreuzt: „reguläre Anmeldung“, „Anmeldung zwecks Fristenwahrung nach § 25 SGB XII“ und „Anmeldung nach § 6a AsylbLG“.

Am 25. November 2015 übersandte die Klägerin der BASFI die Endabrechnung für die Behandlung des Patienten über 907,74 Euro.

Mit Bescheid vom 11. Februar 2016 lehnte die Behörde für Inneres und Sport (BfI) der Beklagten den Kostenübernahmeantrag ab. Zur Begründung führte sie aus, sie sei nicht zuständig. Gemäß § 10a Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) sei die Behörde örtlich zuständig, in deren Bereich der Leistungsberechtigte auf Grund der Entscheidung der vom Bundesministerium bestimmten zentralen Verteilstelle oder von der zuständigen Behörde verwiesen worden ist. Der Patient habe sich am 23. Oktober 2015 bei der Klägerin in stationärer Behandlung befunden. Die Verteilentscheidung sei bereits am 16. Oktober 2015 ergangen. Die Klägerin möge sich zwecks Kostenklärung an die zuständige Aufnahmeeinrichtung in B1 wenden.

Die Klägerin erhob mit Schreiben eines Herrn M. vom 8. März 2016 Widerspruch und trug vor, die Eltern hätten bei Aufnahme des Patienten eine am 23. Oktober 2015 ausgestellte sog. 24-Stundenbescheinigung vorgelegt. Somit sei der Patient in H. gemeldet und die Beklagte für die Kostenübernahme zuständig.

Die Beklagte forderte die Klägerin auf, eine Vollmacht vorzulegen, aus der sich ergebe, dass Herr M. von der Geschäftsführung der Klägerin ermächtigt worden sei, Widerspruch zu erheben. Die Klägerin antwortete hierauf nicht.

Mit Widerspruchsbescheid vom 29. Juni 2016 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie führte aus, der Widerspruch sei bereits unzulässig, da nicht belegt worden sei, dass der Verfasser des Widerspruchs, Herr M., bevollmächtigt und befugt sei, im Namen der Klägerin Rechtsmittel gegen die Entscheidung vom 11. Februar 2016 einzulegen. Jedenfalls aber sei der Widerspruch unbegründet. Es werde Bezug genommen auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung. Ergänzend führte die Beklagte aus, sie sei nur dann zuständig, wenn es um Leistungen an Personen gehe, die in einer Aufnahmeeinrichtung nach § 44 Abs. 1 Asylgesetz untergebracht seien. Eine Person mit dem von der Klägerin angegebenen Namen und Geburtsdatum sei in der Z. nicht registriert gewesen. Es habe aber eine Person mit ähnlichem Namen (A.A.R.) und abweichendem Geburtsdatum (... 2014) ermittelt werden können. Nach Aktenlage sei diese Person am 8. August 2015 zusammen mit den Eltern und Geschwistern ins Bundesgebiet eingereist und habe in H. einen Asylantrag geste...

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