Entscheidungsstichwort (Thema)

Absenkung des Arbeitslosengeld II. Verletzung der Meldepflicht. vorzeitiges Verlassen einer Gruppeninformationsveranstaltung. Bestimmtheit der Meldeaufforderung. Zulässigkeit von Meldezweck und -ort

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Meldeaufforderung zur Vorbereitung von Arbeitsförderungsleistungen kann die Aufforderung zum Erscheinen zu einer Gruppeninformation in den Räumen einer Bildungseinrichtung beinhalten.

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Hamburg vom 29. Januar 2007 aufgehoben. Der Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 4. Januar 2007 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 16. Januar 2007 anzuordnen, wird abgelehnt.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Die Beschwerde der Antragsgegnerin vom 31. Januar 2007 gegen den Beschluss des Sozialgerichts Hamburg (SG) vom 29. Januar 2007, der das SG nicht abgeholfen und die es dem Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt hat, ist statthaft (§ 172 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 173 SGG) und auch sonst zulässig. Sie ist auch begründet. Zu Unrecht hat das SG dem Antragsteller vorläufigen Rechtsschutz gegen die Herabsetzung der ihm von der Antragsgegnerin gewährten Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 20 Sozialgesetzbuch - Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) ab dem 1. Februar 2007 gewährt.

Das Gericht der Hauptsache kann in den Fällen, in denen der Widerspruch - wie hier gemäß § 39 Nr. 1 SGB II der Widerspruch des Antragstellers gegen die befristete Herabsetzung der Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts mit Wirkung vom 1. Februar 2007 - keine aufschiebende Wirkung hat, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen (§ 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG). Dabei kommt es wesentlich auf die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels an. Ist der angefochtene Verwaltungsakt offenbar rechtswidrig und der Betroffene dadurch in seinen subjektiven Rechten verletzt, wird die aufschiebende Wirkung angeordnet, weil dann ein überwiegendes öffentliches Interesse oder Interesse eines Dritten an der Vollziehung nicht erkennbar ist. Ist hingegen das Rechtsmittel aussichtslos, wird die aufschiebende Wirkung nicht angeordnet. Sind die Erfolgsaussichten nicht in dieser Weise abschätzbar, bleibt eine allgemeine Interessenabwägung, wobei die Aussichten des Hauptsacheverfahrens mitberücksichtigt werden können (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 8. Auflage, § 86b Rn. 12c). Bei offenem Ausgang sind die Folgen, die eintreten würden, wenn die Eilentscheidung nicht erginge, der Widerspruch bzw. die Klage aber später Erfolg hätten, gegenüber den Nachteilen abzuwägen, die entstünden, wenn die begehrte Eilentscheidung erlassen würde, dem Rechtsmittel aber der Erfolg zu versagen wäre (vgl. Keller a.a.O., Rn. 12e; Krodel, NZS 2001, S. 449 ff., 456).

Die Anwendung dieser Grundsätze führt zum Erfolg der Beschwerde, zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses des SG und zur Ablehnung des Antrags des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die Bescheide der Antragsgegnerin vom 4. und 16. Januar 2007; denn der Senat hält - anders als das SG - deren Entscheidung bei summarischer Prüfung für rechtmäßig. Zu Recht hat die Antragsgegnerin die Reaktion des Antragstellers auf ihre Einladung vom 29. November 2006, am 8. Dezember 2006 in der Bildungseinrichtung G. N. Hamburg persönlich zu erscheinen, um über sein Bewerberangebot bzw. seine berufliche Situation zu sprechen, zum Anlass genommen, die dem Antragsteller bewilligte Regelleistung ab dem 1. Februar 2007 um 10 v. H. abzusenken. Dadurch dass dieser die von der Antragsgegnerin mitverantwortete Gruppeninformationsveranstaltung in der o. g. Bildungseinrichtung vorzeitig - noch vor dem eigentlichen Beginn - wieder verlassen hat, ohne dafür einen wichtigen Grund nachgewiesen zu haben, ist er trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen der Aufforderung der Antragsgegnerin, sich bei ihr zu melden, nicht nachgekommen (§ 31 Abs. 2 SGB II) .

Entgegen der Auffassung des Antragstellers war diese Aufforderung rechtmäßig; denn sie bezeichnete konkret einen nach § 59 SGB II i. V. m. § 309 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung (SGB III) zulässigen Zweck und bestimmte klar, zu welchem Zeitpunkt der Antragsteller an welchem Ort erscheinen sollte. Damit war dem Erfordernis einer hinreichend bestimmten Aufforderung Rechnung getragen. Der Antragsteller konnte unschwer das ihm abverlangte Verhalten erkennen (vgl. Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, K § 59 Rn. 15; Rixen in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 31 Rn. 26). Zwischen dem mitgeteilten Meldezweck - ein Gespräch über die berufliche Situation bzw. das Bewerberangebot des Antragstellers - und dem tatsächlichen Meldezweck - die Teilnahme an einer sogenannten Gruppeninformationsveranstaltung - bestan...

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