Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung. Drittanfechtungsberechtigung einer Berufsausübungsgemeinschaft gegenüber der Zusicherung und der späteren Genehmigung eines Versorgungsauftrags für die Versorgung chronisch niereninsuffizienter Patienten. Auslastung der Praxis. Zulässigkeit eines pauschalen Abzugs beim Fehlen einer Hilfskodierung für Dialyseformen und -verfahren. Rechtmäßigkeit des Bescheides bei Veränderung des Praxisauslastung

 

Orientierungssatz

1. Ein subjektives Recht einer Berufsausübungsgemeinschaft auf Überprüfung der Zusicherung und der späteren Genehmigung eines Versorgungsauftrags für die Versorgung chronisch niereninsuffizienter Patienten für einen Dritten besteht nur, soweit sie selbst betroffen ist. Somit kommt es im Rahmen von Konkurrentenklagen ausschließlich auf die Auslastung des klagenden Konkurrenten an.

2. Für die Beurteilung der Auslastung ist auf die durchgeführten/abgerechneten und nicht nur auf die letztlich von der Kassenärztlichen Vereinigung nach sachlich-rechnerischer Berichtigung vergüteten Leistungen abzustellen.

3. Die Vornahme eines pauschalen Abzugs in Höhe von 6vH der in einem Jahreszeitraum abgerechneten Pauschalen des EBM (juris: EBM-Ä 2008) bei der Ermittlung der Auslastung nach einer nicht erfolgten Einführung einer Hilfskodierung für Dialyseformen und -verfahren im Bereich einer Kassenärztlichen Vereinigung ist nicht zu beanstanden.

4. War die Auslastung einer Praxis zum Zeitpunkt der erstmaligen Zusicherung und Erteilung des Versorgungsauftrags an einen Dritten durch Bescheid nicht gegeben und hat sie sich dann im weiteren Verlauf ergeben, entfällt die Anfechtungsberechtigung. In diesem Fall ist im Anfechtungsverfahren der Verwaltungsakt mit Dauerwirkung ab dem Zeitpunkt, zu dem die Voraussetzungen für seinen Erlass vorgelegen haben, als rechtmäßig anzusehen, so dass eine Aufhebung des Verwaltungsakts ab diesem Zeitpunkt nicht mehr in Betracht kommt.

 

Normenkette

SGG § 54 Abs. 1, § 96 Abs. 1, § 131 Abs. 1 S. 3; SGB X § 34 Abs. 1; GG Art. 19 Abs. 4; BMV-Ä/EKV § 3 Abs. 3 Anl. 9.1, § 7 Abs. 2 Anl. 9.1, § 6 Abs. 1 S. 3 Anl. 9.1; QSV § 5 Abs. 7 Buchst. c) S. 5 Nr. 2; QSV § 5 Ab Sätze 7-8; BedarfsplRL § 24 S. 1 Buchst. e)

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 03.08.2016; Aktenzeichen B 6 KA 20/15 R)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 18.04.2007 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die von der Beklagten erteilte Zusicherung eines Versorgungsauftrages für den Beigeladenen zu 1).

Die Klägerin ist eine Gemeinschaftspraxis (seit dem 01.01.2007: Berufsausübungsgemeinschaft) mit Sitz in S... In dieser GP waren die Dres. D... und H... als Fachärzte für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Nephrologie tätig; Frau M... S... ist praktische Ärztin. Die Klägerin betreibt in S... ein Dialysezentrum und eine diabetologische Schwerpunktpraxis.

1.

Am 25.11.2003 hatten die Beigeladenen zu 2) bis 4) mit dem Beigeladenen zu 1) einen Gemeinschaftspraxisvertrag geschlossen.

Mit Beschluss vom 29.06.2005 erteilte der Zulassungsausschuss für Ärzte dem Beigeladenen zu 1) eine Sonderbedarfszulassung für den Vertragsarztsitz “J...-K... Straße ... ... S...„. Mit weiterem Beschluss vom 29.06.2005 wurde den Beigeladenen zu 1) bis 4) die Genehmigung zur gemeinsamen Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit in Form einer Gemeinschaftspraxis erteilt.

Mit an den Zulassungsausschuss gerichtetem Schreiben vom 30.05.2005 hatte die Beklagte dem Beigeladenen zu 1) die Erteilung eines Versorgungsauftrages nach § 3 Abs. 3d gem. der Anlage 9.1 BMV-Ä/EVK in gemeinschaftlicher Berufsausübung mit der Gemeinschaftspraxis Dres. med. H.../H.../Sch... zugesichert. Begründet wurde dies damit, dass sich unter Berücksichtigung der Patientenzahlen des Jahres 2004 und unter Einbeziehung auch derjenigen Patienten, die aufgrund des über- oder zwischenstaatlichen Krankenversicherungsrechts Anspruch auf Leistungen aus der Krankenversicherung hätten, eine Neubewertung der wirtschaftlichen Auslastung der nephrologischen Praxen der Versorgungsregion, ebenso der diese Versorgungsregion schneidenden Versorgungsregionen ergeben habe, so dass gem. § 6 i.V.m. § 7 Abs. 2 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EVK der Anspruch auf Zusicherung eines Versorgungsauftrages bestehe. Das erforderliche Einvernehmen mit den zuständigen Verbänden der Krankenkassen auf Landesebene sei hergestellt worden.

2.

Mit Beschluss des Zulassungsausschusses für Ärzte vom 29.06.2005 wurde der Beigeladene zu 1) mit Wirkung vom 01.07.2005 als Facharzt für Innere Medizin, Schwerpunkt Nephrologie, zur ausschließlichen Erbringung von Leistungen im Bereich Nephrologie am Vertragsarztsitz “... S..., J...-K...-Straße...„ zugelassen. Mit weiterem Beschluss des Zulassungsausschusses für Ärzte vom 29.06.2005 wurde den Beigeladenen zu 1) - 4) mit Wirkung vom 01.07.2005 die Genehmigung zur gemein...

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