Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Krankenversicherung. Vertragsarztrecht. sachlich-rechnerische Richtigstellung für Leistungen an im Auftrag versorgte Sozial- und Jugendhilfeempfänger. Präklusion

 

Orientierungssatz

1. Krankenkassen erbringen die Krankenbehandlung für nicht versicherte Sozialhilfeempfänger im gesetzlichen Auftrag. Krankenkassen haben gegen Sozialhilfeträger Anspruch auf angemessene Vorschüsse für die Übernahme der Krankenbehandlung nicht versicherter Sozialhilfeempfänger (vgl. BSG, Urteil vom 17. Juni 2008, B 1 KR 30/07 R, FEVS 60, 97).

2. Gehören Empfänger von Sozial- und Jugendhilfeleistungen zu den auftragsweise versorgten Personen im Sinne eines Gesamtvertrages, ist für die hierfür geltend gemachten Leistungen des Vertragsarztes auch eine sachlich-rechnerische Richtigstellung durchzuführen.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 23. Mai 2007 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt bezüglich der Quartale IV/99 bis II/00 höheres Honorar für die Behandlung von Patienten, die Leistungen der Sozial- und Jugendhilfe erhalten haben.

Grundlage für die Behandlung von Sozial- und Jugendhilfeempfängern durch Berliner Vertragsärzte war die zwischen der (damaligen) AOK Berlin (heute: AOK Nordost) und dem Land Berlin am 6. März 1992 geschlossene Vereinbarung über “die Durchführung und Abrechnung der ambulanten gesundheitlichen Versorgung„ des folgenden Personenkreises (im Folgenden: Empfänger von Sozialhilfe):

- hilfebedürftige Personen nach dem Bundessozialhilfegesetz,

- PrV-Rentner und ihre zuschlagsberechtigten Angehörigen (ausgenommen Mutterschaftsvorsorge),

- Kriegsbeschädigte und deren Familienangehörige sowie Kriegshinterbliebene, die im Rahmen der Kriegsopferfürsorge betreut werden,

- Empfänger von Unterhaltshilfe nach dem Lastenausgleichsgesetz oder von Beihilfe zum Lebensunterhalt aus dem Härtefond des Lastenausgleiches oder dem Flüchtlingshilfegesetz oder dem Reparationsschädengesetz.

Ebenfalls am 6. März 1992 schlossen dieselben Vertragsparteien eine inhaltlich gleichlautende Vereinbarung über die ambulante gesundheitliche Versorgung von

- hilfebedürftigen Personen nach dem Bundessozialhilfegesetz in Verbindung mit § 30 des Gesetzes zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes,

- Empfänger von Erziehungshilfe nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz in Heimen, Pflegeanstalten, Wohngemeinschaften und Jugendwerkheimen

(im Folgenden: Empfänger von Jugendhilfe).

Für diese Personenkreise erfasste die ambulante gesundheitliche Versorgung u.a. die ärztliche Behandlung nach den für Versicherte der AOK Berlin geltenden Vorschriften und Bestimmungen auf der Grundlage von Krankenscheinen, welche durch die Bezirksämter auszustellen und mit den Symbolen “U„ bzw. “J„ zu versehen waren. Die Vergütung dieser Leistungen sollte sich nach den von der AOK Berlin mit ihren jeweiligen Vertragspartner geschlossenen Verträgen richten (Ziff. 17 bzw. 18 der Vereinbarungen). Behörden des Landes Berlin sollten der AOK Berlin gem. § 264 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) die durch die Durchführung dieser Vereinbarungen entstandenen Kosten einschließlich eines angemessenen Verwaltungskostenanteils erstatten (Ziff. 18 bzw. 19 der Vereinbarungen).

Die Rechtsbeziehungen zwischen der Beklagten und der früheren AOK Berlin bestimmten sich u.a. nach dem Gesamtvertrag vom 9. Dezember 1976, dessen Geltungsbereich die kassenärztliche Versorgung für die Anspruchsberechtigten der AOK umfasste (§ 1 Abs. 1) und dessen Bestimmungen für die auftragsweise versorgten Personen entsprechend galten (§ 1 Abs. 3). Dieser Vertrag sah u.a. vor, dass die Abrechnungsstelle der Beklagten die von den Kassenärzten eingereichten Abrechnungsunterlagen auch darauf überprüft, ob die Honoraranforderung gebührenordnungsmäßig stimmen (§ 12 Abs. 1 lit. c), und dass sie nicht abrechnungsfähige Leistungen zu streichen hat (§ 12 Abs. 2 Satz 1).

Der Kläger nimmt seit August 1994 als Allgemeinmediziner im Berliner Bezirk R an der vertragsärztlichen Versorgung teil. In den Honorarbescheiden für die Quartale IV/99 bis II/00 lehnte die Beklagte die Vergütung diverser vom Kläger geltend gemachter Leistungen nach den Gebührenordnungsnummern (GO-Nrn.) 1, 2, 42, 855, 856, 205 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) ab. Für das Quartal I/00 betraf dies zusätzlich Leistungen nach den GO-Nrn. 10, 5 und 378, für das Quartal II/00 Leistungen nach den GO-Nrn. 15, 376 und 801. Gegen den Honorarbescheid für das Quartal IV/99 legte der Kläger Widerspruch ein und begründete ihn im Wesentlichen wie folgt:

“Mein Widerspruch richtet sich gegen das gesamte Rechnungswerk für das IV. Quartal 1999 u. a. gegen

1) die “Verrechnung„ bzw. Einbehaltung der der Höhe nach nicht gerechtfertigten Forderung der KV aus dem Vorquartal (III. Quartal 1999) in Höhe von DM 12.363,39.

Obwohl gegen diese Forderung Widerspruch im Zusammenhang mit dem Widerspruch...

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