Entscheidungsstichwort (Thema)

Förderung der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit. Gründungszuschuss. Anspruchsvoraussetzungen. Restanspruch auf Arbeitslosengeld. Hauptberuflichkeit. Rechtsanwalt. Nebentätigkeit. Nachweis der Tragfähigkeit der Existenzgründung. zeitnah zur Aufnahme der selbständigen Tätigkeit. Prognoseentscheidung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der tatsächliche Bezug von Arbeitslosengeld für 90 Tage (Restanspruch) schließt regelmäßig einen Gründungszuschuss aus.

2. Zur hauptberuflichen, selbstständigen Tätigkeit.

3. Der Nachweis zur Tragfähigkeit durch eine Stellungnahme der fachkundigen Stelle ist zeitnah zur Aufnahme der hauptberuflich, selbstständigen Tätigkeit durch die Antragsteller zu erbringen, so dass die Agenturen für Arbeit in die Lage versetzt werden, über einen entscheidungsreifen Antrag zu entscheiden.

 

Normenkette

SGB III a.F. § 57 Abs. 1, § 2 S. 1, § 58 Abs. 1, §§ 117-118; SGB III § 324 Ab. 1 S. 1, § 324 Ab. 1 S. 2; BGB § 276; SGB X § 34 Abs. 1 S. 1

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 18. Juni 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um einen Anspruch der Klägerin auf Gewährung eines Gründungszuschusses (Gz) für die Zeit ab dem 30. August 2008.

Die 1977 geborene Klägerin ist seit dem 28. Mai 2008 zur Rechtsanwaltschaft in B zugelassen. Nach Beendigung der Referendarzeit beim Kammergericht hatte sie sich bei der Beklagten am 16. November 2007 mit Wirkung vom 21. November 2007 arbeitslos gemeldet (Arbeitsuchendmeldung am 11. Oktober 2007) und die Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) beantragt, das ihr für 360 Kalendertage, aber erst ab 1. Dezember 2007 gewährt wurde, da ihr noch Arbeitsentgelt bzw. Bezüge bis 30. November 2007 als Rechtsreferendarin zustand/-en (Bescheid der Beklagten vom 14. Dezember 2007). Nachdem der Beklagten bekannt geworden war, dass die Klägerin als Kellnerin seit April 2008 geringfügig beschäftigt war und sie im November 2008 für juristische Recherchearbeiten und ein Gutachten/Konzept zu einem Handbuch der Kunstwirtschaft Einkommen i.H.v. 1.000 Euro erzielt hatte, hob die Beklagte mit bestandskräftigen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 11. August 2009 wegen Anrechnung von Nebeneinkommen die Bewilligung von Alg für den Monat November 2008 ganz auf, so dass die Klägerin noch einen Restanspruch auf Alg von 30 Tagen bis zum 30. Dezember 2008 hatte. Statt einer Erstattung für den Monat November 2008 wurde der Erstattungsbetrag in voller Höhe auf den Anspruch der Klägerin auf Alg für den Monat Dezember 2008 aufgerechnet. Durch Änderungsbescheid vom 11. August 2009 gewährte die Beklagte der Klägerin noch Alg vom 1. bis 31. Dezember 2008, das die Klägerin bezog.

Ausweislich des sich in den Leistungsakten befindlichen Antragsformulars stellte die Klägerin am 28. August 2008 einen Antrag auf Gewährung eines Gz (Vermerk der Agentur für Arbeit mit Handzeichen einer Mitarbeiterin/eines Mitarbeiters) und gab an, ab dem 30. August 2008 eine selbstständige hauptberufliche Tätigkeit als Rechtsanwältin aufzunehmen.

In einem Vermerk zu einem Telefonat einer Mitarbeiterin der Beklagten mit der Klägerin vom 28. August 2008, 17:36, wurde u.a. festgehalten: “Anruf RS, ID geprüft, Kunde möchte Antrag auf Gründungszuschuss stellen. Wurde beim Gespräch mit SC am 260808 missverstanden. RS strebt Selbstständigkeit ab 010908 an, da sie auch nur noch 90 Tage Alg hat. …„.

Ein Vermerk vom 11. März 2009 enthält u.a. folgende Angaben eines Telefonats zwischen der Klägerin und einer/einem Mitarbeiter/-in der Beklagten: Betreff, “Kd ist selbst. als Rechtsanwältin s 010209, über Abm. aus AV informiert„; Text, “arbeitet freiberuflich in einer Anwaltssozietät. Will noch rückwirkend VÄM einreichen, empfohlen direkt über Eingangszone die Unterlagen einzureichen. … Kd. fragt nach Förderung, Antrag dazu hätte vor Eintritt erfolgen müssen. Kd. ist bereits selbstständig tätig.„

Am 17. August 2009 reichte die Klägerin das mit Datum 10. April 2009 ausgefüllte Antragsformular für die Gewährung eines Gz zusammen mit einem Begleitschreiben vom 23. Juni 2009 bei der Beklagten ein. Im Begleitschreiben vom 23. Juni 2009 sowie in einem weiteren Schreiben vom 23. September 2010 gab sie an, sie habe am 28. August 2008 einen Antrag auf Gewährung von Gz gestellt und zu diesem Zeitpunkt auch ihre selbstständige Tätigkeit aufgenommen. Die vollständige Begründung des Antrags habe sie über einen längeren Zeitraum nicht einreichen können, da sie zuvor nicht in der Lage gewesen sei, eine realistische und den tatsächlichen Umständen entsprechende Umsatzprognose zu erstellen. Dies habe vor allem daran gelegen, dass sich die Verhandlungen mit ihrem Kooperationspartner bis Ende Oktober 2008 hingezogen hätten, so dass sie bis dahin keine ordnungsgemäße und den tatsächlichen Umständen entsprechende Schätzung der zu erwartenden Einnahmen, wie sie für die Stell...

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