Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Rentenversicherung. Erstattungsanspruch bei Zusammentreffen von Renten wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit mit Krankengeld

 

Leitsatz (amtlich)

Ist eine Krankenkasse zur Zahlung von Krankengeld verpflichtet, so genügt ihre bloße Kenntnis von zeitgleich gewährter Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht schon, um die Zahlung von Krankengeld zunächst einzubehalten und das Eingreifen der Erfüllungsfiktion des § 107 Abs 1 SGB 10 zu überprüfen. Erforderlich ist vielmehr Kenntnis davon, dass durch die Auskehrung des Krankengeldes eine Überzahlung eintritt, weil der Rentenversicherungsträger die von ihm zu zahlende Rentenhöhe noch nicht an die Hinzuverdienstgrenzen angepasst hat (vgl BSG vom 22.6.2010 - B 1 KR 21/09 R = BSGE 106, 206 = SozR 4-1300 § 103 Nr 3).

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. Oktober 2008 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des gesamten Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Erstattung von Sozialleistungen in Höhe von 2.538,10 Euro für den Zeitraum 17. Juni 2002 bis 26. November 2002, in dem der am 27. April 2011 verstorbene frühere Beigeladene (im Folgenden: der Versicherte) sowohl Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung als auch Krankengeld bezog.

Mit Rentenbescheid vom 7. Februar 2002 bewilligte die Landesversicherungsanstalt Berlin, die Rechtsvorgängerin der Klägerin, dem Versicherten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit mit Wirkung vom 1. August 2001 und einem monatlichen Zahlbetrag in Höhe von zunächst 461,46 Euro. Hiervon unterrichtete sie die Beklagte, bei der der Versicherte krankenversichert war, mit Schreiben vom 7. Februar 2002.

Der Versicherte war bereits in der Zeit vom 27. März 2001 bis zum 3. März 2002 arbeitsunfähig gewesen und hatte von der Beklagten Krankengeld bezogen. Aus der bewilligten Rente und dem dort errechneten Nachzahlungsbetrag leistete die Landesversicherungsanstalt Berlin zugunsten der Beklagten eine Erstattung nach § 50 Abs. 2 SGB V, § 103 SGB X für den Zeitraum 1. August 2001 bis 15. Februar 2002 in Höhe von 2.693,92 Euro. Dieser Zeitraum ist hier nicht streitig.

Vom 4. März 2002 bis einschließlich 26. November 2002 stand der Versicherte wieder in einem vollschichtigen Arbeitsverhältnis, wovon er der Landesversicherungsanstalt Berlin keine Mitteilung machte.

Die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung kam ab 1. März 2002 monatlich vollständig zur Auszahlung. Der Versicherte war ab 6. Mai 2002 erneut arbeitsunfähig. Die Beklagte leistete - parallel zur fortlaufenden Rentenzahlung - Krankengeld für den Zeitraum 17. Juni 2002 bis 26. November 2002 auf der Grundlage eines Bemessungsentgelts von 2.193,35 Euro. Hierüber machte sie der Datenstelle der Rentenversicherungsträger am 20. Januar 2003 Mitteilung.

Am 17. Januar 2005 fiel der Klägerin im Rahmen einer Kontenspiegelklärung erstmals die parallele Zahlung von Rente und Krankengeld an den Versicherten im Zeitraum 17. Juni 2002 bis 26. November 2002 auf. Gegenüber dem Versicherten erließ die Klägerin daraufhin am 15. März 2005 einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid: Für den Zeitraum 4. März 2002 bis 30. April 2005 - darin eingeschlossen der hier streitige Zeitraum vom 17. Juni 2002 bis 26. November 2002 - sei es zu einer Überzahlung von 17.805,21 Euro gekommen; wegen Überschreitung der individuellen Hinzuverdienstgrenzen stehe dem Versicherten ab 4. März 2002 die Rente nicht zu.

Seine hiergegen erhobene Klage (S 13 R 2470/09) hat der Versicherte zurückgenommen. In der Folgezeit hat er der Klägerin einen Betrag in Höhe von 14.797,23 Euro erstattet. Wegen der verbleibenden 2.538,10 Euro (im Zeitraum 17. Juni 2002 bis 26. November 2002 geleistete Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung) forderte die Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom 4. April 2005 zur Erstattung auf. Der Erstattungsanspruch folge aus § 103 SGB X i.V.m. § 96a SGB VI; bei Krankengeldgewährung sei der Beklagten bekannt gewesen, dass der Versicherte von der Klägerin eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bezogen habe. Dem trat die Beklagte mit Hinweis darauf entgegen, dass sie das Krankengeld vollständig an den Versicherten geleistet habe; die Klägerin müsse sich wegen der Überzahlung unmittelbar an diesen halten.

Sodann hat die Klägerin ihre Forderung im Klagewege geltend gemacht. Das aufgrund der nach Rentenbeginn einsetzenden Arbeitsunfähigkeit gewährte Krankengeld habe alle Hinzuverdienstgrenzen überschritten. Damit sei der Rentenanspruch nachträglich entfallen. Aufgrund der Mitteilung vom 7. Februar 2002 habe die Beklagte Kenntnis von der Rentenzahlung gehabt. Sie hätte es nicht unterlassen dürfen, die Auszahlung des Krankengeldes mit der Klägerin abzuklären, denn dieses werde nach § 96a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1a SGB ...

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