Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. keine isolierte Kostenentscheidung. vorläufige Aussetzung der Vollstreckung gem § 199 Abs 2 S 1 SGG

 

Leitsatz (amtlich)

Das Verfahren nach § 199 Abs 2 SGG stellt ein unselbstständiges Zwischen- oder Nebenverfahren im Rahmen eines Hauptsacheverfahrens bzw einer "Streitsache" dar, mit der Folge, dass es einer gesonderten Kostenentscheidung nicht zugänglich ist.

 

Tenor

Der Antrag auf Erstattung außergerichtlicher Kosten des Verfahrens auf Aussetzung der Vollstreckung wird abgelehnt.

 

Gründe

I.

Mit Urteil vom 24. Juli 2008 hat das Sozialgericht Neuruppin den Beklagten unter Abänderung der erlassenen Bescheide verpflichtet bei der Leistungsgewährung des Arbeitslosengeldes II in den Zeiträumen vom 01. Januar 2005 bis 30. Juni 2005 und 01. April 2006 bis 30. September 2007 200,00 € mehr pro Monat an die Kläger zu zahlen. Gleichzeitig mit der dagegen fristgemäß eingelegten Berufung hat der Beklagte gemäß § 199 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beantragt, die Vollstreckung aus dem Urteil vom 24. Juli 2008 durch einstweilige Anordnung auszusetzen. Nachdem die Kläger auf Anfrage des Senates mit Schriftsatz vom 09. September 2008 erklärt hatten, aus dem Urteil vom 24. Juli 2008 vor einer Entscheidung des Senates über die Berufung nicht vollstrecken zu wollen, hat der Beklagte den Antrag mit Schriftsatz vom 25. September 2008 zurückgenommen. Mit Schriftsatz vom 04. November 2008 beantragten die Kläger, dem Beklagten die außergerichtlichen Kosten des Anordnungsverfahrens aufzuerlegen. Sie hätten niemals Anlass gegeben, einen Antrag nach § 199 Abs. 2 SGG zu stellen. Die Kläger hätten von vornherein keine Chance gehabt, Kosten eines Aussetzungsverfahrens zu verhindern. Der Beklagte ist der Auffassung, er habe keine Kosten zu erstatten, da die Kläger den Anspruch auf Aussetzung der Vollstreckung dadurch anerkannt hätten, dass sie mitteilten, keine Vollstreckungsmaßnahmen einzuleiten.

II.

Der Antrag der Kläger ist nicht begründet. Eine Kostenentscheidung bezüglich des Verfahrens über den Antrag des Beklagten, die Vollstreckung aus dem sozialgerichtlichen Urteil durch einstweilige Anordnung auszusetzen, findet nicht statt. Der Senat gibt seine entgegenstehende Rechtsprechung auf.

Die Voraussetzungen einer isolierten Kostenentscheidung sind nicht erfüllt (a.A. Bayerisches LSG, Beschluss vom 16. Juli 1996 - L 1 An 90/95, NZS 1996, 592). Das Verfahren nach § 199 Abs. 2 SGG stellt ein unselbständiges Zwischen- oder Nebenverfahren im Rahmen eines Hauptsacheverfahrens bzw. einer “Streitsache„ dar, mit der Folge, dass es einer gesonderten Kostenentscheidung nicht zugänglich ist (ebenso: Rohwer-Kahlmann, SGG, § 199 Rz. 19; Zeihe, SGG, § 199 Rz. 11c).

Soweit ersichtlich hat sich einzig das Bayerische LSG in dem o.g. Beschluss aus dem Jahre 1996 in der Sache umfassend mit der Frage beschäftigt, ob das Verfahren nach § 199 Abs. 2 SGG einer isolierten Kostenentscheidung zugänglich ist. Die Rechtsprechung - auch die des 20. Senats - ist dem in der Regel gefolgt (so auch das BSG in SozR 3-1500 § 199 Nr 1).

Die Entscheidung des BayLSG knüpfte wiederum an die Rspr. des BSG zu den Grundsätzen einer Kostentscheidung im Rahmen des durch das 6. SGG-Änderungsgesetz vom 17. August 2001 (BGBl. I 2144) aufgehobenen § 97 Abs. 3 SGG an. Das BSG hat in seiner Entscheidung vom 6. September 1993 (NZS 1994, 142ff.) für eine isolierte Kostenentscheidung gefordert, dass der jeweilige Antrag zu einem Verfahren geführt hat, das unabhängig vom Verfahren der Hauptsache eigenständig einen prozessualen Kostenerstattungsanspruch der Beteiligten gegeneinander auszulösen vermag und eine entsprechende Anwendung des § 193 Abs. 1 SGG rechtfertigt. Dies hat das BSG für das Verfahren nach dem aufgehobenen § 97 Abs. 3 Satz 1 SGG bejaht: “Die Verfahren des § 97 Abs. 3 Satz 1 SGG sind nach ihrem sachlichen Gehalt Maßnahmen des vorläufigen Rechtsschutzes und zählen damit zu demselben Regelungsbereich wie die Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in entsprechender Anwendung des § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Sie setzen einen selbständigen Antrag voraus. Beendet werden sie, von Fällen der anderweitigen Erledigung abgesehen, nur und erst mit einer speziell auf ihren Gegenstand (= Anordnung der Vollziehung einer angefochtenen Entscheidung oder Aussetzung einer angeordneten Vollziehung) bezogenen Entscheidung des Gerichts. Ihre hierin begründete verfahrensrechtliche Eigenständigkeit wird durch § 97 Abs. 3 Satz 2 SGG bestätigt, wonach die verfahrensabschließende Entscheidung nur mit der Entscheidung in der Hauptsache angefochten werden kann;…„.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kann von einer Zugänglichkeit zu einer isolierten Kostenentscheidung bei einem Verfahren nach § 199 Abs. 2 SGG nicht gesprochen werden.

Das Verfahren nach § 199 Satz 2 SGG hat zum Ziel, die Vollstreckung aus der mit der Berufung oder Beschwerde angegriffenen erstinstanzlichen Entscheidung vorläufig auszusetzen. Es dient insbes...

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