Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Unterkunftskostenzuschuss bei Ausbildungsförderungsbezug. Berechnung der ungedeckten angemessenen Unterkunftskosten. Einkommensberücksichtigung. verfassungskonforme Auslegung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Senat neigt der Auffassung zu, dass zur Berechnung des Zuschusses nach § 22 Abs 7 SGB 2 ein Gesamtbedarf nach dem SGB 2 zu ermitteln ist und diesem das vorhandene, nach Maßstäben des SGB 2 bereinigte Gesamteinkommen gegenüber zu stellen (vgl SG Berlin vom 23.3.2007 - S 37 AS 2804/07 ER und vom 4.5.2007 - S 102 AS 9326/07 ER). Dabei ist nicht lediglich ("isoliert") eine Anrechnung von Einkommen nach § 11 SGB 2 nur auf den zuvor bestimmten verbleibenden Unterkunftsbedarf nach § 22 Abs 7 SGB 2 ohne Berücksichtigung des Bedarfs zur Sicherung des Lebensunterhaltes im übrigen vorzunehmen (entgegen LSG Stuttgart vom 21.2.2008 - L 7 AS 403/08 ER-B und OVG Bremen vom 19.2.2008 - S2 B 538/07 = ZFSH/SGB 2008, 170).

2. Zu den weiteren Einzelheiten der Berechnung.

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 18. März 2008 wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner trägt die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens.

Der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

 

Gründe

I.

Der 1987 geborene, erwerbsfähige Antragsteller hat zum 1. September 2007 eine Ausbildung zum staatlich geprüften Assistenten für Medientechnik mit Fachhochschulreife an der Berufsfachschule für Medientechnik A in B aufgenommen, welche voraussichtlich am 31. August 2010 beendet sein wird. Monatlich zahlt er Schulkosten in Höhe von 306,25 Euro. Die Ausbildung wird nach Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) gefördert. Der monatliche Bedarf nach dem BAföG setzt sich aus einem Grundbedarf in Höhe von 348,- Euro und einem Unterkunftsbedarf von 64,- Euro zusammen. Diesem Gesamtbedarf von 412,- Euro steht ein monatlich anzurechnendes Einkommen des Vaters in Höhe von 13,52 Euro gegenüber, woraus sich der festgesetzte Gesamtbedarf ergibt, von dem nach Aufrechnung mit 16,- Euro monatlich 382,- Euro monatlich ausgezahlt werden (Bescheid des Landkreises Nordvorpommern vom 28. August 2007). Daneben erhält er das für ihn zu gewährende Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz (EStG) in Höhe von 154,- Euro monatlich. Seit dem 1. September 2007 lebt er allein in einer ca. 30 qm großen Ein-Zimmer-Wohnung, für die er eine monatliche Gesamtmiete in Höhe von 246,- Euro (inklusive Vorauszahlung für Betriebskosten, Heizungs- und Warmwasserkosten) zahlt. Am 17. Oktober 2007 beantragte er bei dem Antragsgegner einen Zuschuss zu den ungedeckten Kosten für Unterkunft und Heizung und machte insbesondere die Belastung durch Schulkosten und Fahrkosten in Höhe von 50,- Euro geltend. Der Antragsgegner errechnete einen nicht über Ausbildungsförderung gedeckten Bedarf für Kosten der Unterkunft in Höhe von 130,- Euro. Auf diesen ungedeckten Bedarf sei das Kindergeld in Höhe von 154,- Euro abzüglich einer Pauschale nach § 11 Abs. 2 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) in Höhe von 30,- Euro anzurechnen, so dass sich ein Anspruch auf Zuschuss zu den Unterkunftskosten in Höhe von 6,- Euro (130,- Euro abzüglich 124,- Euro) ergebe (Bescheid vom 7. Januar 2008). Der hiergegen eingelegte Widerspruch ist nach Aktenlage bisher nicht beschieden.

Auf seinen am 27. Februar 2008 gestellten Antrag hin hat das Sozialgericht (SG) Berlin den Antragsgegner mit Beschluss vom 18. März 2008 verpflichtet, dem Antragsteller für die Zeit vom 27. Februar 2008 bis zum Abschluss des Widerspruchverfahrens, längstens jedoch bis zum 31. August 2008, einen Zuschuss zu seinen ungedeckten Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 130,- Euro monatlich (für den 27. bis 29. Februar 2008 anteilig für 3 Tage) zu zahlen. Ein Anordnungsanspruch ergebe sich aus § 22 Abs. 7 Satz 1 SGB II. Die Kosten der Unterkunft des Antragstellers, an deren Angemessenheit keine Zweifel bestünden, seien in Höhe von 130,- Euro nicht gedeckt. Da in dem Grundbedarf gemäß § 12 Abs. 2 BAföG ein Betrag von 52,- Euro für Kosten der Unterkunft enthalten sei und ausweislich des Bewilligungsbescheides vom 28. August 2007 ein zusätzlicher Bedarf für Wohnkosten in Höhe von 64,- Euro anzuerkennen sei (§ 12 Abs. 3 BAföG), ergebe sich, dass in dem ermittelten Gesamtbedarf nach dem BAföG ein Betrag von 116,- Euro für Kosten der Unterkunft enthalten sei. Demnach verbleibe ein unberücksichtigter Bedarf von 130,- Euro monatlich. Dieser Bedarf sei nicht im Wesentlichen durch das dem Antragsteller zur Verfügung stehende Kindergeld in Höhe von 154,- Euro gedeckt. Der Bedarf des Antragstellers, der für den Beruf ausgebildet werde, bemesse sich nicht nach den Bestimmungen des SGB II, sondern vielmehr nach §§ 65 ff. Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III; gemeint ist § 12 BAföG). Dies folge aus dem Wortlaut des § 22 Abs. 7 Satz 1 SGB II sowie aus § 19 Satz 2 SGB II, wonach der Zuschuss nach § 22 Ab...

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