Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewährung von Leistungen für eine Säuglingserstausstattung nach dem SGB 2

 

Orientierungssatz

1. Der anlässlich der Geburt entstehende Bedarf eines Säuglings begründet einen außergewöhnlichen Bedarf, der als Erstausstattung für die Wohnung i. S. von § 23 Abs. 3 Nr. 1 SGB 2 anzusehen ist. Er kann weder von der Kindesmutter, noch vom Kind aus der Regelleistung gedeckt werden.

2. Nach der Geburt steht dem Kind ein eigener Anspruch auf Leistungen zum Lebensunterhalt zu. Diesem kann ein möglicher zivilrechtlicher Unterhaltsanspruch des Kindes gegenüber seinem Vater auf Erstausstattung nicht entgegengehalten werden.

 

Tenor

Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller Leistungen für eine Säuglingserstausstattung in Höhe von 50 Euro zu zahlen.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller die Hälfte seiner außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Leistungen im Zusammenhang mit der Geburt des Antragstellers am 24. Juli 2005.

Die Mutter und gesetzliche Vertreterin des Antragstellers S D (im Folgenden S.D.) stellte am 5. April 2005 einen Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für sich selbst und die am 31. Oktober 1997 geborene Tochter. Mit Schreiben vom 28. April 2005 teilte S.D. mit, dass sie ihr zweites Kind erwarte, voraussichtlicher Geburtstermin des Kindes (des Antragstellers dieses Verfahrens) sei der 20. Juli 2005. Sie beantragte einmalige Leistungen wegen Schwangerschaft; sie benötige Umstandskleidung, Klinikbedarf sowie Babyerstausstattung und größere Gebrauchsgegenstände für das Kind nach der Entbindung.

Mit getrennten Bescheiden vom 22. Juni 2005 bewilligte die Antragsgegnerin für die Erstausstattung für Bekleidung bei Schwangerschaft einen Betrag von 102,- Euro, sowie für die Erstausstattung für Bekleidung bei Geburt einen Betrag von 120,- Euro. Mit weiterem Bescheid vom 23. Juni 2005 bewilligte die Antragsgegnerin der S.D. und ihrer Tochter Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II.

Mit Schreiben vom 4. Juli 2005 wurde Widerspruch gegen die Bescheide vom 22. Juni 2005 eingelegt, mit dem Leistungen zur Anschaffung eines Kinderbetts, einer Wickelkommode nebst Auflage, eines Kinderzimmerschrankes, sowie für Auslegeware und einen Kinderwagen begehrt wurde.

Mit Bescheid vom 1. September 2005 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Es seien Leistungen zur Anschaffung von Schwangerschaftsbekleidung und Babyerstbekleidung bewilligt worden. Weitere Bedarfe seien von der Regelleistung abgedeckt.

S.D. hat hiergegen Klage beim Sozialgericht (SG) Potsdam zum Aktenzeichen S 15 AS 599/05 erhoben, über die noch nicht entschieden ist.

Mit Schreiben vom 28. November 2005 hat sie einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt, mit dem sie Leistungen für einen Kinderzimmer-Schrank, ein Laufgitter, Kopfkissen und Decke, Badewanne, Hochstuhl und Babykocher begehrt. Diese Gegenstände seien als Erstausstattung der Wohnung zu erbringen, zu deren Leistungskatalog auch die Babyerstausstattung gehöre, soweit es sich nicht um Kleidung handele, die als Erstausstattung für Bekleidung zu leisten sei. Die besondere Eilbedürftigkeit ergebe sich daraus, dass das Kind bereits geboren sei. Die in den ersten Wochen genutzten Gegenstände seien geborgt worden und müssten wieder zurückgegeben werden.

Die Antragsgegnerin meint, weitere Kosten für die Babyerstausstattung seien nicht zu übernehmen. Die Ziffer 5.2.4. ihrer Arbeitsanweisung (Nr. 1/2005 für den Fachbereich Soziales, Wohnung und Senioren und der Antragsgegnerin vom 23. August 2005) sehe zwar ab dem 15. September 2005 für die Babyerstausstattung mit größeren Gebrauchsgegenständen nach der Geburt eine einmalige Pauschale i.H.v. 175,- Euro vor. S.D. bzw. der Antragsteller könnten sich auf die geänderte Richtlinie nicht berufen, da diese im Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht gegolten habe. Außerdem habe S.D. vor Inkrafttreten der neuen Arbeitsanweisung am 15. September 2005 die begehrten Gegenstände selbst angeschafft. Im Übrigen sei S.D. auf einen zivilrechtlich geltend zu machenden Unterhaltsanspruch des Antragstellers gegenüber dem Kindesvater zu verweisen.

Bei einem Hausbesuch eines Mitarbeiters der Antragsgegnerin am 14. Dezember 2005 wurde festgestellt, dass zahlreiche Gegenstände angeschafft worden waren, u.a. eine Wickelkommode, ein Kinderbett, ein Kleiderschrank und ein Kinderwagen.

Mit Beschluss vom 29. Dezember 2005 hat das SG Potsdam den Antrag zurückgewiesen. Ein großer Teil der Säuglingsausstattung sei bereits vorhanden. Hinsichtlich der Kostenübernahme für ein Laufgitter, ein Kopfkissen, eine Badewanne einen Hochstuhl und einen Babykocher sei die Hilfebedürftigkeit nicht hinreichend glaubhaft gemacht worden. S.D. habe einen familienrechtlichen Anspruch gegenüber dem Kindsvater auf Erstattung bzw. Finanzierung der von ...

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