Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Ruhen des Anspruchs auf Leistungen bei Beitragsrückstand. Umsetzung der Tatbestandswirkung eines Ruhensbescheids beim Wechsel der Krankenkasse. Anforderungen an den Vortrag iS des § 106a Abs 2 Nr 1 SGG

 

Leitsatz (amtlich)

Hat eine Krankenkasse gegenüber ihrem Versicherten mit bestandskräftigem Bescheid das Ruhen der Leistungsansprüche wegen Beitragsrückständen festgestellt, kommt dem Tatbestandswirkung zu. Bei einem Wechsel der Krankenkasse ist die neue Krankenkasse berechtigt und verpflichtet, einen entsprechenden Bescheid zu erlassen, mit dem die Tatbestandswirkung auf das bei ihr vorliegende Mitgliedschaftsverhältnis umgesetzt wird.

 

Orientierungssatz

Der pauschale Verweis auf einen Zeugen genügt nicht den Anforderungen an den Vortrag iS des § 106a Abs 2 Nr 1 SGG.

 

Normenkette

SGB V § 16 Abs. 3a Sätze 1-2, § 3 S. 3; KSVG § 16 Abs. 2 S. 2; SGG § 106a Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 S. 1 Nr. 1, S. 3; VwGO § 87b; ZPO § 418 Abs. 1, § 296 Abs. 1

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 08.09.2015; Aktenzeichen B 1 KR 16/15 R)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 14.02.2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich im vorliegenden Verfahren gegen das Ruhen des Leistungsanspruchs in der gesetzlichen Krankenversicherung.

Nach dem Ausscheiden aus seinem bisherigen Arbeitsverhältnis war der Kläger bei der BKK Gesundheit (Rechtsvorgängerin der Beigeladenen) ab dem 01.01.2008 nach § 5 Abs 1 Nr 13 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) pflichtversichert. Die BKK Gesundheit erließ darauf am 06.05.2008 einen Beitragsbescheid, wonach die Mitgliedschaft des Klägers auch nach dem 31.12.2007 bestehen bleibe. Die Beiträge für die Mitgliedschaft würden nach den Einnahmen zum Lebensunterhalt bemessen. Danach würden sich folgende Monatsbeiträge ergeben:

Krankenversicherung

115,14 €

Pflegeversicherung

14,08 €

Beitrag insgesamt

129,22 €

In der Zeit vom 01.01.2008 bis 31.03.2008 seien Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung iHv 387,66 € zur Zahlung fällig. Der Beitragsberechnung liege ein Einkommen iHv 828,33 € zugrunde. Zahltag für die Beiträge sei der 15. eines Monats für den Vormonat.

Mit Schreiben vom 19.05.2008 mahnte die BKK Gesundheit rückständige Beiträge, Säumniszuschläge und Mahngebühren iHv insgesamt 538,18 € an. Weiter war ausgeführt, dass der Leistungsanspruch ruhe, wenn für mindestens zwei Monate die fälligen Beiträge nicht entrichtet worden seien. Eine Leistungsgewährung sei dann nicht mehr möglich. Es wurde darum gebeten, den gesamten Rückstand innerhalb einer Woche zu überweisen.

Mit Bescheid vom 03.06.2008 stellte die BKK Gesundheit das Ruhen von Leistungsansprüchen ab dem dritten Tag nach Zugang des Bescheides fest. Der Leistungsanspruch eines Versicherten in der Krankenversicherung ruhe, wenn für mindestens zwei Monate die fälligen Beiträge trotz Hinweises auf die Folgen nicht entrichtet worden sei. Der Bescheid vom 03.06.2008 wurde ausweislich der Postzustellungsurkunde am 05.06.2008 in der zur Wohnung L. Str. ..., ... W. gehörenden, mit dem Namen des Klägers versehenen, Briefkasten eingelegt.

In der Folge erließ die BKK Gesundheit zahlreiche weitere Mahnschreiben an den Kläger.

Ab dem 01.11.2011 wechselte der Kläger als Mitglied zur Beklagten.

Mit Schreiben vom 11.11.2011 teilte ihm die Beklagte mit, dass sie von der BKK Gesundheit hinsichtlich Beitragsrückstände unterrichtet worden sei. Der Leistungsanspruch ruhe nach § 16 Abs 3a SGB V nach Zugang dieses Schreibens. Der Leistungsanspruch ruhe solange, bis alle rückständigen Beiträge gezahlt würden oder Hilfebedürftigkeit im Sinne des Zweiten oder Zwölften Buches bestehe. Für Leistungen zur Behandlung bei akuter Erkrankung und Schmerzzustände sowie bei Schwangerschaft und Mutterschaft könne die beigefügte Bescheinigung zur Vorlage beim Arzt genutzt werden.

Hiergegen legte der Kläger am 24.11.2011 Widerspruch ein. Zur Begründung trägt er vor, dass er keine Mitteilung über Beitragsrückstände und auch keine Mahnung erhalten habe. Ein Brief der Beigeladenen sei bei ihm niemals eingegangen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 17.02.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung ruhe der Anspruch auf Leistung, wenn Versicherte mit einem Betrag iHv Beitragsanteilen für zwei Monaten im Rückstand seien und trotz Mahnung nicht zahlten. Bei einem Wechsel der Krankenkasse habe die aufnehmende Krankenkasse, wenn die abgebende Krankenkasse über Beitragsrückstände informiere, das Ruhen des Anspruchs festzustellen und hierüber einen Verwaltungsakt zu erlassen. Der Anspruch auf Leistung ruhe bei einem Wechsel des Versicherungsverhältnisses weiter.

Hiergegen hat der Kläger am 27.02.2012 Klage zum Sozialgericht (SG) Freiburg erhoben. Zum einen trägt er vor, dass er bis zum heutigen Tag keine Mitteilung der Beklagten über irgendwelche geschuldeten Beiträge erhalten habe. Ein Ruhe...

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